Twitter in Deutschland Mit Bibi und Fußball weiter wachsen

Twitter wird zehn Jahre alt und verrät erstmals, wie viele Nutzer der Dienst hierzulande hat. Über die großen Probleme des Konzerns spricht Deutschland-Chef Thomas de Buhr dagegen nicht so gerne.

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Zehn Jahre nach dem ersten Tweet hat das Unternehmen erstmals Nutzerzahlen für Deutschland bekanntgegeben. Quelle: dpa

Hamburg Im vierten Stock eines ehemaligen Verwaltungsgebäudes der Deutschen Bahn in Hamburg-Ottensen, das heute Ottenser Bahnhöfe heißt und als Hauptmieter eine private Hochschule beherbergt, sitzt der Deutschland-Ableger des Kurznachrichtendienstes Twitter. Hausherr ist der ehemalige Google-Manager Thomas de Buhr, ein rundlicher, freundlicher Mitvierziger, der seinen Gast in den Konferenzraum bittet, wo man wahlweise auf harten Holzhockern oder einer bunten Polstergruppe Platz nehmen kann. Überhaupt ist bei Twitter die Büroausstattung ziemlich bunt. Insofern ähnelt die Niederlassung des Unternehmens denen der Internet-Riesen Google und Facebook.

Es gibt noch weitere Ähnlichkeiten: Wie die Wettbewerber ist auch Twitter ziemlich verschlossen. Anlässlich des zehnten Jahrestages seines Dienstes hat sich de Buhr aber ein wenig Transparenz verordnet – und das, obwohl es hierzulande erst seit 2011 ein Twitter-Büro gibt. „Monatlich kommen mehr als zwölf Millionen Menschen zu Twitter in Deutschland“, sagt er. Diese Zahl ist allerdings nur mäßig aussagekräftig. In ihr sind alle deutschen Nutzer enthalten, die sich auf dem Portal von Twitter tummeln. Wie viele von ihnen, den Dienst aktiv nutzen und selbst Tweets verschicken, will de Buhr nicht sagen.

Doch dem Deutschland-Chef ist es schon wichtig zu betonen, dass seine Nutzer mehr twittern als noch vor wenigen Jahren. „Zur Fußball-WM 2014, die einen Monat dauerte, wurden in Deutschland 3,3 Millionen Tweets abgesetzt“, sagt er. „Während unseres Wettbewerbs Twitterstar haben wir in nur einer Woche fünf Millionen Tweets gezählt.“ Twitterstar ist ein von dem Unternehmen erfundener Wettstreit, bei dem Teenies den besten Webstar küren. Es gewann die Beauty-Bloggerin Bibi.

Überhaupt seien Live-Ereignisse – ob selbstkreierte wie Twitterstar oder aber Sportevents – sehr wichtig für Twitter, meint de Buhr. Der bekennende Bayern-München-Fan erzählt, wie er sich am Vorabend des Interviews das Achtelfinale der Fußball Champions League ansah, in dem sich seine Lieblingsmannschaft erst nach Verlängerung gegen Juventus Turin für die nächste Runde qualifizierte. Dabei twitterte der Manager nach eigenem Bekunden ohne Unterlass mit anderen Bayern-Aficionados. „Es war keineswegs klar, ob der Fernseher oder mein Tablet der Second Screen war“, sagt er.

Und doch gilt Twitter als Problemfall. An der Konzernspitze wechselt das Führungspersonal in kurzen Abständen. Der Aktienkurs ist volatil. Das Geschäftsmodell gilt als schwierig. Verglichen mit Wettbewerber Facebook sind die Werbeumsätze überschaubar. Doch de Buhr mag als Deutschland-Chef über Probleme auf Konzernebene nicht reden. Die Umsätze des Deutschlandgeschäfts behält er für sich. Und ob das Unternehmen hierzulande profitabel ist, mag er auch nicht verraten. Nur so viel: Deutschland zähle zu den Prioritätsmärkten des Konzerns, von denen es nur eine einstellige Zahl gebe. In Europa seien es lediglich drei – neben Deutschland Großbritannien und Frankreich.

Eine 2014 gestartete Werbeoffensive sei sehr erfolgreich gelaufen. Zu den Werbekunden von Twitter Deutschland zählten jede Menge Markenartikler. De Buhr zählt ein paar von ihnen auf: Vodafone, BMW, Mercedes, Deutsche Telekom, Allianz, Porsche …

Viel verspricht sich de Buhr von einer neuen Kooperation mit dem Außenwerber Ströer, die demnächst startet. Auf den Multimediawänden des künftigen Partners werden dann Tweets von zu sehen sein. Wenn die sich beispielsweise über die Spiele der im Juni beginnenden Fußball-Europameisterschaft austauschten, könnten Ströers Werbeflächen ein echter Hingucker werden, glaubt der Deutschland-Chef.

Von Hasskommentaren ist Twitter in Deutschland nicht so stark betroffen wie Facebook. Gleichwohl habe man das Problem erkannt, meint de Buhr. Allerdings setzt das Unternehmen bei der Eliminierung der Hassbotschaften auf Methoden, die sich bereits beim Wettbewerber Facebook als nur mäßig wirkungsvoll erwiesen haben: Im europäischen Hauptquartier im irischen Dublin prüft ein Team Tweets, die beanstandet wurden. Wie viele deutsche Muttersprachler zu dessen Mitarbeitern zählen, vermag de Buhr nicht zu sagen. Facebook hat mittlerweile die Bertelsmann-Tochter Arvato mit der Prüfung von Hasskommentaren in Deutschland beauftragt. Einen vergleichbaren Schritt plant Twitter nicht.

Zum Jahrestag seines Unternehmens wünscht sich de Buhr noch mehr Wachstum. Er ist zuversichtlich, dass die Zahl der deutschen Twitter-Nutzer bis Ende des Jahres noch um ein paar Millionen steigen wird.

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