Übernahmegerüchte um Time Warner Kommt Apple doch noch ins Fernsehen?

Die Apple-Aktie ist in Schwierigkeiten. Kann Konzernchef Tim Cook die Probleme jetzt mit einem Schlag lösen? Eine Übernahme von Time Warner könnte das Wunder vollbringen – im Fernsehmarkt. Aber Zweifel bleiben.

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Und Zukunft von Apple? Es gibt Spekulationen, dass Tim Cook sich Time Warner schnappt. Quelle: ap

San Francisco Apple, der iPhone-Konzern aus dem kalifornischen Cupertino, ist nach Informationen der „New York Post“ vom Mittwoch ernsthaft an einer Übernahme des Medienkonzerns Time Warner (TW) interessiert. Das könnte Apple-Chef Tim Cook die nötige Schlagkraft verleihen, um den TV-Markt aufzumischen. An dem hatte sich Apple bislang stets die Zähne ausgebissen. Damit könnte er dem Aktienkurs des Unternehmens auf die Sprünge helfen.

Denn der befindet sich auf Talfahrt. Seit Juli hat das Wertpapier rund 20 Prozent verloren, was fast 40 Dollar pro Aktie entspricht. Am Mittwoch gingen Apple-Anteile trotz der Gerüchte an der Wall Street mit einem Minus von 2,6 Prozent mit 97,39 Dollar aus dem Handel. Time Warner und Apple wollten zu den Spekulationen zunächst keine Stellung nehmen.

Time Warner, mit Hauptquartier in New York, ist zwar nicht offiziell zum Verkauf gestellt. Aber die Interessenten umkreisen den angeschlagenen Riesen. Immer wieder wird auch spekuliert, dass neben Apple auch Amazon oder der Telekomriese AT&T Interesse haben. Vor rund 18 Monaten hatte TW-Chef Jeff Bewkes ein Kaufangebot von Rupert Murdochs 21st Century Fox abgebürstet. Verwaltungsrat und Vorstand hätten es schlicht abgelehnt, mit ihm zu reden, so Murdoch, nachdem er im August 2014 schließlich sein Angebot über 80 Milliarden Dollar zurückgezogen hatte.

Seither ist keine Ruhe eingekehrt. Damals notierte Time Warner bei 87 Dollar pro Aktie, jetzt sehen die Aktionäre 70,62 Dollar an der Kurstafel. Sie sind unzufrieden und verlangen von Bewkes, endlich etwas zu unternehmen. Aktionärsaktivisten rechnen vor, dass das Unternehmen in Teilen bis zu 40 Prozent mehr wert sei, als zusammen. Bewkes hätte sich, so die „New York Post“, in der vergangenen Woche mit Großaktionären getroffen. Er habe zwar einen Einzelverkauf des lukrativen Pay-Senders HBO ausgeschlossen, einen Gesamtverkauf aber nicht, berichtet das Blatt unter Berufung auf nicht genannte Quellen.

Und über den Preis für einen Teil des Medienimperiums oder das Gesamtpaket könnte Tim Cook als Chef des reichsten Unternehmens der Welt mit sich reden lassen. Immerhin hat er 205 Milliarden Dollar auf der hohen Kante. Aber ist das sinnvoll? Ja, sagen manche Analysten, wenn die immer mit schöner Regelmäßigkeit wiederkehrenden Gerüchte stimmen. Cook wolle einen TV-Dienst in den USA anbieten, heißt es.

Schon Steve Jobs hatte vor seinem Tod seinem Biographen Walter Isaacson anvertraut, das klassische TV sei überholt und er „habe die Lösung“ gefunden, um es zu ändern. Nur ist bislang nichts passiert. Der TV-Markt wäre das Multi-Milliarden-Dollar-Geschäft, das Cook bräuchte, um das Umsatzwachstum und die Fantasie um Apple wieder anzuheizen. Denn auch wenn Streaming-Anbieter wie Netflix und Amazon Prime den klassischen Sendern Druck machen, sind Serien wie „Game of Thrones“, „The Walking Dead“ und zahlreiche andere wahre Straßenfeger. In den USA wie international.

Time Warner wäre für Cook praktisch der schlüsselfertige Einstieg in den TV-Markt. Im Paket inbegriffen wären TV-Kabelsender wie HBO und CNN, der Serienkanal TNT, dazu Filmproduktionen wie Warner Bros. („Harry Potter“, „Batman“) oder New Line Cinema („Herr der Ringe“) sowie Videospiele. Es geht ginge wohl gleichermaßen um Vertriebskanäle wie um Produktionsmöglichkeiten. Auch für eigene Pläne.


Streaming auch für Apple die Zukunft

Die Spekulation: Mit diesem Angebot im Rücken kann Tim Cook Verhandlungen mit den anderen Hollywood-Konzernen erzwingen, die laut Bloomberg bislang den Start eines eigenen Internet-Streaming-Dienstes von Apple nach dem Vorbild von Netflix verhindern. Sie verlangen, so Bloombergs Informanten, einfach zu viel Lizenzgebühren. Mit Time Warner im Portfolio könnte Cook schlicht im Tausch anbieten, was die Konkurrenten auch brauchen. Denn TV-Kabelkunden verlangen die Angebote aller Sender, nicht nur die hauseigenen.

Zweifler wie Bob O’Donnell, Gründer von Techanalysis, halten dagegen: „Cook will den TV-Markt revolutionieren, nicht einsteigen“, erinnert er auf Bloomberg TV. Mit anderen Worten: Würde er Time Warner kaufen, um dann das Geschäft der TV-Sender mit teuren Pay-TV-Bündeln zu zerstören, das einen großen Teil des TW-Umsatzes bringt, würde er Milliardenwerte auch bei Apple vernichten.

Außerdem liegt ein Großteil der Kriegskasse von gut 300 Milliarden Dollar im Ausland und müsste versteuert werden, wenn es in den USA für den Kauf aufgewendet werden sollte. Cook müsste mehr Schulden machen oder einen Deal aushandeln, um zum Teil mit Aktien bezahlen zu können. Davon hat er genug, denn er steckt mitten im größten Aktienrückkaufprogramm der Börsengeschichte.

Auf der anderen Seite ist es eine Wiederholung der gescheiterten Time-Warner-Übernahme von 2014. Rupert Murdoch nannte damals den rasanten Verfall der Fox-Aktie als Grund für den Rückzug. Das habe den Deal insgesamt zu teuer gemacht. Die Situation bei Apple ist ähnlich, Apple-Chef Cook blickt auf einen Kurssturz von mehr als sieben Prozent alleine seit Jahresanfang zurück.

Zweifel meldet auch Analyst Marci Ryvicker von Wells Fargo an: Er glaube einfach nicht, dass CEO Jeff Bewkes das Unternehmen, wie berichtet, in einem „geheimen Meeting“ zum Verkauf gestellt habe. Erstens sei das nicht seine Entscheidung, sondern die des Aufsichtsrats, zweitens sei es nach Börsenrecht illegal. Apple will am 26. Januar die Zahlen für das abgelaufene Quartal, das erste des Geschäftsjahres, vorlegen.

Dann wird sich zeigen, wie dringend Tim Cook ein neues „next big thing“ braucht. Gerüchte sprechen von einer abgeschwächten Nachfrage bei iPhones. Hintergrund sind Meldungen von Apple-Zulieferern wie Qorvo oder Cirrus, die ihrerseits die Prognosen für das Weihnachtsquartal zurückgenommen hatten. Allerdings geht aus den Zahlen nicht hervor, auf welche Kunden das zurückzuführen ist. Bleiben die iPhone-Zahlen robust, kann Tim Cook eher auf die Hilfe von Harry Potter verzichten, um dem Kurs neue Magie zu verleihen.

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