Die Spekulation: Mit diesem Angebot im Rücken kann Tim Cook Verhandlungen mit den anderen Hollywood-Konzernen erzwingen, die laut Bloomberg bislang den Start eines eigenen Internet-Streaming-Dienstes von Apple nach dem Vorbild von Netflix verhindern. Sie verlangen, so Bloombergs Informanten, einfach zu viel Lizenzgebühren. Mit Time Warner im Portfolio könnte Cook schlicht im Tausch anbieten, was die Konkurrenten auch brauchen. Denn TV-Kabelkunden verlangen die Angebote aller Sender, nicht nur die hauseigenen.
Zweifler wie Bob O’Donnell, Gründer von Techanalysis, halten dagegen: „Cook will den TV-Markt revolutionieren, nicht einsteigen“, erinnert er auf Bloomberg TV. Mit anderen Worten: Würde er Time Warner kaufen, um dann das Geschäft der TV-Sender mit teuren Pay-TV-Bündeln zu zerstören, das einen großen Teil des TW-Umsatzes bringt, würde er Milliardenwerte auch bei Apple vernichten.
Außerdem liegt ein Großteil der Kriegskasse von gut 300 Milliarden Dollar im Ausland und müsste versteuert werden, wenn es in den USA für den Kauf aufgewendet werden sollte. Cook müsste mehr Schulden machen oder einen Deal aushandeln, um zum Teil mit Aktien bezahlen zu können. Davon hat er genug, denn er steckt mitten im größten Aktienrückkaufprogramm der Börsengeschichte.
Auf der anderen Seite ist es eine Wiederholung der gescheiterten Time-Warner-Übernahme von 2014. Rupert Murdoch nannte damals den rasanten Verfall der Fox-Aktie als Grund für den Rückzug. Das habe den Deal insgesamt zu teuer gemacht. Die Situation bei Apple ist ähnlich, Apple-Chef Cook blickt auf einen Kurssturz von mehr als sieben Prozent alleine seit Jahresanfang zurück.
Zweifel meldet auch Analyst Marci Ryvicker von Wells Fargo an: Er glaube einfach nicht, dass CEO Jeff Bewkes das Unternehmen, wie berichtet, in einem „geheimen Meeting“ zum Verkauf gestellt habe. Erstens sei das nicht seine Entscheidung, sondern die des Aufsichtsrats, zweitens sei es nach Börsenrecht illegal. Apple will am 26. Januar die Zahlen für das abgelaufene Quartal, das erste des Geschäftsjahres, vorlegen.
Dann wird sich zeigen, wie dringend Tim Cook ein neues „next big thing“ braucht. Gerüchte sprechen von einer abgeschwächten Nachfrage bei iPhones. Hintergrund sind Meldungen von Apple-Zulieferern wie Qorvo oder Cirrus, die ihrerseits die Prognosen für das Weihnachtsquartal zurückgenommen hatten. Allerdings geht aus den Zahlen nicht hervor, auf welche Kunden das zurückzuführen ist. Bleiben die iPhone-Zahlen robust, kann Tim Cook eher auf die Hilfe von Harry Potter verzichten, um dem Kurs neue Magie zu verleihen.