Der südkoreanische Elektronikriese Samsung Electronics hat am Dienstag einen umfassenden Plan vorgelegt, um den Wert des Unternehmens für seine Aktionäre zu verbessern. Der Konzern verspricht nicht nur, die Dividende massiv zu erhöhen und weitere unabhängige Vorstandsmitglieder zu bestellen. Das Management überprüft zudem die Aufspaltung des Konzerns in eine Holding und eine operative Gesellschaft.
„Wir stehen dazu, den langfristigen Wert für unsere Aktionäre zu erhöhen und ein guter Verwalter des Kapitals zu sein“, sagte Oh-hyun Kwon, Samsungs Vize-Chairman und CEO, zu dem Plan. Doch mittelfristig muss sich noch zeigen, ob er damit die Erwartungen der Aktionäre erfüllen kann. Denn damit hat der Konzern den Forderungen seiner Anteilseigner nur teilweise entsprochen.
Auf dem Höhepunkt des Debakels um explodierende Akkus hatte der US-Investmentfonds Elliott Management dem Vorstand im Oktober in einem Brief eine lange Liste an Forderungen zugestellt. Ein Hauptpunkt war die Aufspaltung des Konzerns, um die komplexen Beteiligungsstrukturen in der Samsung-Gruppe zu vereinfachen und Samsungs Aktien an der New Yorker Börse zu notieren.
Wie sich Samsungs Debakel mit dem Note 7 2016 entwickelte
Samsung stellt das „Phablet“ mit der Bildschirm-Diagonale von 5,7 Zoll vor. Das Vorzeigemodell soll im oberen Preissegment spielen, in dem Apple mit seinen iPhones stark ist. Der Finanzdienst Bloomberg berichtet später, Samsung habe sich beeilt, es deutlich vor dem September-Marktstart des iPhone 7 auf den Markt zu bringen.
Das Galaxy Note 7 kommt in mehreren Ländern in den Handel. Nach und nach gibt es Berichte von Nutzern über brennende oder zumindest überhitzte Telefone. Ein Überblick über das Ausmaß des Problems fehlt zunächst.
An dem Tag, an dem das Note 7 unter anderem auch in Deutschland breit in den Handel kommen sollte, gibt Samsung eine weltweite Rückrufaktion bekannt. Zunächst ist von 35 bestätigten Zwischenfällen die Rede.
Die US-Flugaufsicht FAA und dann auch ihr europäisches Pendant EASA verbieten, Geräte des Modells in Flugzeugen zu nutzen oder aufzuladen. Sie dürfen auch ausgeschaltet nicht ins aufgegebene Gepäck.
In den USA gibt es auch einen offiziellen Rückruf über die Verbraucherschutz-Behörde CPSC. Dabei werden deutlich mehr Fälle bekannt. Allein in dem Land seien demnach 26 Verbrennungen und 55 Fälle von Sachbeschädigung gemeldet worden.
Samsung leitet den Austausch der Geräte in Deutschland ein. Zugleich wird der Verkauf von Beteiligungen an anderen Tech-Unternehmen im Wert von rund einer Billion Won (etwa 800 Mio Euro) bekannt. Die Kosten des Rückrufs für Samsung werden auf mindestens eine Milliarde Dollar (rund 900 Millionen Euro) geschätzt.
Die südkoreanische Behörde für Technologie und Standards (KATS) fordert von Samsung vor der Wiederaufnahme des Verkaufs zusätzliche Sicherheitsprüfungen. Unter anderem solle jede Batterie für das Gerät einem Röntgentest unterzogen werden.
Samsung kündigt an, dass das Note 7 in Europa am 28. Oktober wieder regulär in den Handel kommen soll.
Ein gerade ausgeschaltetes Note 7 gerät in einem Flugzeug, das vor dem Abflug noch am Gate steht, in Brand. Nach Darstellung des Besitzers ist es bereits ein Austauschgerät.
Es werden vier weitere Fälle bekannt, in denen US-Verbraucher von Bränden mit Ersatzgeräten berichten. Zwei davon füllen demnach in der Nacht ein Schlafzimmer mit Rauch. Ein Telefon soll sich in den Händen eines 13-jährigen Mädchens in einer Schule entzündet haben. Die Mobilfunk-Anbieter AT&T, Verizon und T-Mobile US geben an ihre Kunden gar keine Note 7 mehr heraus.
Mehrere Medien berichten, Samsung setzte die Produktion des Geräts erneut aus. Vom Unternehmen heißt es dazu nur, die Produktionsplanung werde „vorläufig angepasst“.
Samsung stoppt den Verkauf des Note 7 erneut. Kunden werden aufgefordert, auch die Ersatzgeräte nicht mehr zu benutzen. Samsung ermutigt sie zudem, ihre Geräte gegen andere Modelle einzutauschen oder sich den Kaufpreis zurückerstatten zu lassen.
Die Holding sollte dazu mit dem Bauunternehmen Samsung C&T fusionieren, das derzeit als die Defacto-Holding der Samsung-Gruppe angesehen wird. Darüber hinaus forderte der Großinvestor unter dem Applaus der Märkte eine Sonderausschüttung und mindestens drei firmenfremde, international erfahrene Vorstandsmitglieder, um die Interessen der Aktionäre besser zu vertreten.
Außerdem forderten die Investoren, dass der Konzern seinen Bargeldanteil am Vermögen durch eine Sonderausschüttung von 30 auf unter 20 Prozent reduziert. Der Konzern hätte damit immer noch 50 Billionen Won (40 Milliarden Euro) an flüssigen Mitteln in der Bilanz, genug um finanziell flexibel zu sein, meinte der US-Investor.
Rekordkurs trotz Akkudebakel
Samsung versprach damals, bis Ende November auf die Forderungen zu antworten. Dass der Konzern die Vorschläge nicht sofort abschmetterte, trieb den Aktienkurs ungeachtet eines teuren Akkudebakels auf Rekordhöhen – Samsung hatte gerade sein Flaggschiff-Smartphone Galaxy Note 7 zurückrufen müssen, weil in zahlreichen Fällen die Batterien überhitzten und in Brand gerieten. Der Grund: Aktionäre wie auch Analysten waren sich einig, dass Samsung wenigstens einen Teil der Forderungen der Aktionäre erfüllen würde.
Und sie behielten recht. Samsung tischte einen klassischen Kompromiss auf. Das Unternehmen erhöht zwar die Dividende um 30 Prozent auf vier Billionen Won und kauft Aktien zurück. Damit will es die Ausschüttung pro Aktie in diesem Jahr um 36 Prozent auf 28.500 Won steigern. Aber dies ist weniger als von Elliott gefordert. Denn das Unternehmen will 70 Billionen Won an baren Mitteln behalten, um genügend Spielraum für Investitionen, Firmenkäufe und anderen Finanzbedarf zu haben.
Und ob sich Samsung letztlich zu einer Reorganisation durchringen wird, steht weiterhin in den Sternen. Die Überprüfung der Konzernstruktur zeige nicht die Intentionen des Managements oder des Vorstands für bestimmte Lösungen an, erklärte Samsung in einem Statement. Vielmehr spielt man dort auf Zeit.
Die Firma habe externe Berater angeheuert, die eine optimale Struktur erarbeiten sollen. Dabei müssten strategische, betriebliche, legale und finanzielle Fragen berücksichtigt werden. „Dieser Prozess wird mindestens sechs Monate in Anspruch nehmen und Samsung Electronics wird erst eine Entscheidung fällen, wenn die Überprüfung komplett ist“, teilte das Unternehmen mit.
Die Aktionäre gaben sich damit vorerst zufrieden. Samsungs Aktie fiel zwar am Dienstagmorgen leicht, erholte sich dann aber wieder und wurde für den Rest des Vormittags nahezu unverändert gehandelt. Damit rückt vorerst wieder die Frage in den Vordergrund, wie der designierte Thronfolger Lee Jae-yong das Akkudebakel bewältigen und Samsungs Unternehmenskultur und Firmenstrategie umbauen wird.