US-Chipgiganten Showdown im Übernahmekampf zwischen Broadcom und Qualcomm

Am 6. März wird wohl die Entscheidung im milliardenschweren Kampf um Qualcomm fallen. Angreifer Broadcom hat nur noch eine einzige Chance.

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De Chiphersteller will dei Mehrheit der Aufsichtsratssitze beim Rivalen Qualcomm erobern. Quelle: Reuters

San Francisco Die epische Schlacht um die größte Übernahme in der Technologiebranche geht in die nächste Runde. Beim „Games of Thrones“ des Silicon Valleys geht es um bis zu 160 Milliarden Dollar.

Diesen Betrag will Qualcomm-Aufsichtsratschef Paul Jacobs laut „Financial Times“ als Preis für den Marktführer bei Smartphone-Chips und Pionier in der kommenden 5G-Mobilfunktechnik vom Angreifer Broadcom haben. Der wiederum hat bislang „nur“ 143 bis 149 Milliarden Dollar für das Unternehmen und alle seine Schulden geboten.

Die Schulden sind dabei der springende Punkt. In einer klassischen Verteidigungsstrategie hat Jacobs in letzter Minute sein Kaufangebot für den niederländischen Chipherstellers NXP auf 44 Milliarden Dollar deutlich erhöht. Das ist sozusagen die Giftpille, die er geschluckt hat, damit ihn Broadcom aus den Fängen lässt. Denn die Kosten dafür müsste Broadcom ebenfalls aufbringen, was Qualcomm zur uneinnehmbaren Festung machen soll. Qualcomm könnte bis zu 25 Milliarden Dollar neue Schulden anhäufen.

Doch für Jacobs ist das in Zeiten steigender Zinsen auch nicht ohne Risiko. Bricht Broadcom-Chef Hock Tan seinen Angriff ab, leitet Jacobs nicht mehr ein Unternehmen mit prall gefüllten Kassen, sondern mit horrenden Schulden. Ein Scheitern von NXP hätte dann dramatische Auswirkungen auf Qualcomm.

Die beiden Kontrahenten tänzeln um einander herum wie Boxer im Ring und lassen keine Finte aus. Davon sind sie jedenfalls selbst überzeugt. Am Montag ließ Qualcomm per Pressemitteilung wissen, ein Treffen der Beteiligten am Freitag hätte Fortschritte gezeigt, die es möglich machen, jetzt alle Probleme zu lösen, mit Ausnahme des Preises, der nach wie vor zu niedrig sei.

Broadcom feuerte eine Breitseite zurück und beschuldigte den Aufsichtsrat, nur ein „Tätigkeits-Theater“ vorzuspielen. Tatsächlich habe es keinerlei Bewegung gegeben.

Der Knackpunkt: Qualcomm will jetzt eine sogenannte „due dilligence“ einleiten, wie die intensive Buchprüfung durch einen Käufer genannt wird. Broadcom will erst den Preis fixieren, dann die Bücher einsehen. Am Abend kartete Qualcomm zurück: Das Unternehmen forderte von seinem Kontrahenten damit aufzuhören, „unaufrichtige“ Äußerungen zu machen, die „ganz klar bei den Aktionären einen falschen Eindruck über das Maß der Verhandlungsbereitschaft des Managements wecken sollen“.

Denn alle Verteidigungsmaßnahmen und Rufe nach einem höheren Kaufpreis nutzen nichts, wenn sich Broadcom am 6. März über die Aktionärsversammlung eine Hintertüre in das Unternehmen sichern kann. Der Konzern versucht in einem sogenannten „Proxy Fight“ genügend Stimmen von Qualcomm-Aktionären zu gewinnen, um die Mehrheit von sechs der elf Sitze im Aufsichtsrat zu erobern.

Bekäme Broadcom alle sechs Sitze, wäre die Übernahme praktisch nicht mehr zu verhindern. Bereits ein einziger Sitz würde die Verhandlungsposition der Angreifer beträchtlich stärken.

„Werfen Sie alle blauen Abstimmungskarten die Broadcom Ihnen zugesendet hat in den Müll“, fleht das Management in dem Schreiben, dass an alle Qualcomm-Aktionäre gegangen ist. „Wir freuen uns schon darauf, mit einem neugewählten Aufsichtsrat nach dem 6. März mit besten Absichten zu verhandeln“, schreibt Broadcom zurück.

Hat Broadcom Chancen, Sitze zu erobern? Durchaus. Der Smartphonemarkt, Qualcomms Heimat, befindet sich auf seinem Plateau, fürchten viele Marktexperten. Von jetzt an könnte es nur noch abwärts gehen.

Große Aktionäre könnten ein berechtigtes Interesse daran haben, das alte Broadcom-Angebot von 82 Dollar pro Qualcomm-Aktie jetzt anzunehmen und damit auf dem absoluten Kurshöhepunkt zu verkaufen. Sie könnten mit ihren Stimmen die Broadcom-Kandidaten durchwinken, die dann den NXP-Kauf abblasen und Qualcomm ausliefern könnten.

Falls der Abbruch des NXP-Kaufs ohne Strafzahlungen in Milliardenhöhe nicht mehr möglich sein sollte, was Broadcom nicht genau wissen kann, wäre ein sofortiger NXP-Weiterverkauf nach der Übernahme noch eine Option.

Die Fronten sind geklärt, die Truppen aufmarschiert. Am 6. März wird es zum entscheidenden Aufeinandertreffen der Kontrahenten kommen. Dabei wird nicht gekniffen, stellt Qualcomm klar, nachdem Broadcom suggeriert hatte, das Management könnte die Aktionärsversammlung noch kurzfristig verschieben. „Nein“, lautet die knappe Antwort. „Das wird nicht passieren.“

Die Wall Street rechnet derzeit nicht mit einem Sieg der Angreifer. Die Qualcomm-Aktie lag nachbörslich bei 69 Dollar und damit deutlich unter dem aktuellen Angebot von 79 Dollar pro Aktie. Das hatte Tan aus Verärgerung über den höheren NXP-Kaufpreis vergangene Woche noch um drei Dollar gesenkt. Eine Warnung an die Aktionäre.

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