Verbraucherportale Springer-Tochter setzt voll auf US-Geschäft

Axel Springer reagiert auf die abnehmende Bedeutung von Zeitungen als Werbemittel und will digitale Verbraucherportale ausbauen. Besonders das mobile Geschäft steht im Fokus. Zunächst in den USA, später in Europa.

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Über seine Tochter Bonial will das Medienhaus verstärkt in Verbraucherportale investieren. Quelle: Reuters

Berlin Die Axel-Springer-Tochter Bonial nimmt verstärkt den US-Markt ins Visier. Derzeit habe man mit dem Verbraucherportal in den USA rund drei Millionen aktive Nutzer, sagte der Chef und Gründer von Bonial, Christian Gaiser, in einem am Dienstag veröffentlichten Reuters-Interview. „In den nächsten Jahren wollen wir das auf zehn Millionen ausbauen.” Das Geschäft in den USA, wo viele andere Unternehmen aggressiv in den Digitalbereich investierten, sei sehr wichtig. „Alle Entwicklungen, die wir hier sehen, kommen in zwei bis drei Jahren auch in den anderen Ländern an.” Vorerst will Bonial aber nicht weiter ins Ausland expandieren und sich auf seine elf Märkte weltweit fokussieren.

In Deutschland tritt Bonial mit den Marken kaufDa und MeinProspekt auf. Auf diesen Verbraucherportalen erhalten Nutzer über das Internet etwa Prospekte und Werbematerial von Einzelhändlern aus ihrer Region. Im Kern sieht das Geschäftsmodell so aus, dass sich Konsumenten im Netz informieren und dann beim Händler um die Ecke einkaufen. Sobald der Kunde klickt, kassiert Bonial. „Wir sind im Prinzip Einkaufsbegleiter für den Nutzer”, sagte Gaiser. Mit 22 Jahren gründete der gebürtiger Schwarzwälder 2008 kaufDa und Bonial und expandierte 2013 unter dem Namen Retale nach USA. Das globale Marktvolumen taxiert der studierte Betriebswirt auf 35 Milliarden Dollar (32,4 Milliarden Euro), allein die Hälfte davon in den USA.

Die Berliner Konzernmutter Springer hat sich für 2016 auf die Fahne geschrieben, vor allem in das Wirtschafts- und Finanznachrichtenportal Business Insider, die Nachrichtenplattform Upday und Bonial zu investieren. Dazu werde man rund 40 Millionen Euro in die Hand nehmen, sagte Springer-Chef Mathias Döpfner kürzlich. Rund ein Drittel davon stecke man in Bonial. Springer stieg 2011 bei Gaisers Start-up ein und hält derzeit 72,5 Prozent. Der Rest liegt bei den Gründern und beim Management um Gaiser. Nach seinen Worten hat Springer bisher insgesamt rund 90 Millionen Dollar in Bonial gesteckt.

Das Deutschland-Geschäft von Bonial ist seit 2011 profitabel. Gaiser lässt sich nicht in die Karten schauen, wann er dies für die USA erreichen will. Insgesamt gelte aber: „Was wir in den Märkten an Marge verdienen, reinvestieren wir in Wachstum.” Deshalb sei es derzeit nicht die „absolute Priorität, Dividende zu erwirtschaften”.

Im Fokus steht vor allem das mobile Geschäft – also der Umsatz mit Kunden, die Bonial etwa über ihr Smartphone nutzen. „Das ist für uns das absolut Wichtigste.” Hier liege der Umsatzanteil in den USA bei 95 Prozent. Viele große US-Händler seien börsennotiert oder gehörten einer Beteiligungsfirma, sagte Gaiser. Deshalb stünden sie unter Druck, ihr mobiles Geschäft zu stärken. Zudem seien in den USA Zeitungen – und damit ein traditionelles Werbemittel – auf dem Rückmarsch. „In Deutschland wird das sicher auch kommen. Das ist nur eine Frage der Zeit.”

Eine Expansion in andere Länder kommt für den Bonial-Chef derzeit nicht infrage. „Man könnte sich theoretisch noch Asien überlegen, aber das birgt für uns zu große Kulturunterschiede.”

Gaiser bastelt derweil an Produkten, um mit dem schnellen technischen Fortschritt mitzuhalten. „Wir wollen in bestimmte Kanäle investieren, die das Potenzial haben, eine ähnlich große Revolution auszulösen wie Smartphones und Apps.” Hierzu gehörten sogenannte Chatbots und Produkte rund um die sogenannte künstliche Wirklichkeit („Virtual Reality”). „Wir wollen diese neuen Wellen frühzeitig erkennen und darum investieren wir da auch frühzeitig.”

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