Vielleicht machen einige Leute in Cupertino heute eine Flasche Champagner auf – oder irgendwann in den nächsten Tagen. Apple dürfte nach Schätzungen von Analysten bald die magische Marke von einer Milliarde verkaufter iPhones erreichen. Der Erfolg, verbunden mit dem Aufstieg zum wertvollsten Unternehmen der Welt, sucht in der Elektronikbranche seinesgleichen. Trotzdem dürfte in der Zentrale des US-Konzerns nicht allen zum Feiern zumute sein: Die Marke erinnert auch daran, dass der Smartphone-Markt inzwischen gesättigt ist.
Die Rechnung, die beispielsweise die „Financial Times“ aufmacht, geht ungefähr so: Apple hat bisher mindestens 947 Millionen Geräte verkauft – das geht aus den Quartalsberichten seit der Einführung des iPhones im Jahr 2007 hervor. Von April bis Juni sind schätzungsweise weitere 40 Millionen hinzugekommen, die fehlenden 13 Millionen im Laufe des Juli. Vielleicht wird der Konzern bei der Vorlage der Zwischenbilanz am Dienstag die Gelegenheit nutzen, die Zahl werbewirksam zu bestätigen.
Egal, an welchem Tag Apple die magische Marke nun erreicht: Es ist ein Erfolg, der seinesgleichen sucht. Das iPhone ist eines der beliebtesten Technikprodukte der Geschichte. Es hat ein neues Zeitalter begründet. Kann sich noch jemand vorstellen, nicht permanent das Internet in der Tasche zu haben? Es ist ein Produkt, das – gemeinsam mit seinen Konkurrenten – die Gewohnheiten der Menschen prägt. Don’t Pokémon and Drive! Ein Produkt, das ganze Märkte umkrempelt. Erinnert sich noch jemand an Nokia und Motorola?
Doch die Börse schaut nicht auf die Vergangenheit, sondern in die Zukunft. Apple erreicht die Rekordmarke zu einer Zeit, in der der Konzern unter großem Rechtfertigungsdruck steht. Das Geschäft mit dem iPhone lahmt. Wegen makroökonomischer Probleme, sagt das Unternehmen. Wegen der Sättigung des Smartphone-Marktes, fürchten die Anleger. Im abgelaufenen Quartal dürfte der Umsatz jedenfalls gesunken sein, wie der Konzern selbst prognostiziert. Das iPhone trägt zwei Drittel zum Geschäft bei.
Auch wenn Apple mit seinen Produkten iPod, iPhone und iPad eine beeindruckende Erfolgsserie hingelegt hat: Geräte, die ganze Branchen verändern, lassen sich nicht im Drei-Jahres-Rhythmus erfinden. Das ist aber nötig, wenn der iKonzern weiter wachsen will. Das lukrative Geschäft mit Software und Services reicht dafür nicht aus, ebenso wenig die 2015 eingeführte Apple Watch, die immerhin etliche Milliarden Dollar Umsatz einbringen dürfte.
Dass Apple die Serie nicht abreißen lassen will, offenbart ein Blick auf die Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Diese steigen seit einiger Zeit massiv, wie der Analyst Neil Cybart herausgearbeitet hat. Der Konzern nennt zwar wenige Details zu seinen zukünftigen Produkten, Beobachter halten es jedoch für ausgemacht, dass in den geheimen Labors und Werkstätten ein Elektroauto entsteht. Nach jetzigem Stand soll 2021 das erste Fahrzeug vom Band rollen, wie das Portal „The Information“ berichtet.
Das Ziel: Eines Tages soll das Unternehmen nicht mehr allein an seinen iPhone-Zahlen gemessen werden. Angesichts der langen Vorlaufzeit dürfte der Konzern bis dahin aber eine weitere Milliarde Geräte verkaufen. Mindestens.