WDR-Manager Loeb "Wir müssen das Internet umarmen"

Michael Loeb, Chef des Rechtehändlers WDR Mediagroup erwartet durch Netflix einen Zuschauerschwund bei den klassischen TV-Sendern und will eigene Online-Plattformen aufbauen.

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Laut Michael Loeb kann das Fernsehen trotz Anbietern wie Netflix überleben Quelle: Presse

WirtschaftsWoche: Herr Loeb, das Bundeskartellamt hat ARD und ZDF den Aufbau der kostenpflichtigen Video-on-Demand-Plattform Germany’s Gold untersagt. Mit dem Deutschland-Start von Netflix bekommt der Markt jetzt aber eine neue Dynamik. Starten Sie einen weiteren Versuch?

Michael Loeb: Germany’s Gold sollte das kollektive Gedächtnis des deutschen Fernsehens der vergangenen 60 Jahre sein. Nach dem Aus haben wir analysiert, welche alternativen Strategien zur kommerziellen Verwertung von Inhalten auf digitalen Plattformen wir verfolgen können.

Und, welche sind das?

Wir lizenzieren jetzt über unser Tochterunternehmen Release Company viele WDR-Sendungen und solche von Anbietern wie dem Filmstudio Bavaria an alle großen Video-Plattformen von iTunes über Watchever bis Amazon Prime.

Zur Person

Die Plattform, die zumindest alle ARD-Inhalte bündelt, haben Sie aufgegeben?

Nein, ich halte solch ein Angebot nach wie vor für extrem wichtig, weil man als Anbieter für Videos auf Abruf nur bestehen kann, wenn man massenweise attraktive Inhalte aggregiert und Partner findet, mit denen man sich die hohen Infrastrukturkosten teilen kann. Nachdem uns aber das Kartellamt einen Strich durch diese Rechnung gemacht hat, treiben wir neue Projekte voran, die sich auf Nischen konzentrieren…

...wie Krimis oder Kinderprogramme?

In der Richtung. Wir wollen in diesen Nischen für unsere öffentlich-rechtlichen Inhalte, wie etwa die Serie „Mord mit Aussicht“ und die „Sendung mit der Maus“, die richtigen Geschäftsmodelle finden und sie in hoher Qualität und möglichst vollständig anbieten. Natürlich würden wir weiterhin gern etwas Größeres machen und sind mit Sendern und Produzenten im Gespräch. Aber es ist sehr, sehr schwer, wenn man nicht mehr den Anspruch haben darf, das gesamte deutsche Fernsehen abzubilden.

von Jürgen Berke, Matthias Hohensee, Peter Steinkirchner, Rüdiger Kiani-Kreß

Haben Sie denn viel mehr Möglichkeiten, als die „Sendung mit der Maus“ und andere Rechte an die Player zu verticken, die jetzt den Markt aufrollen?

Es wird immer schwieriger, ein solches Projekt noch rechtzeitig zu starten. Der Markt für Videos auf Abruf ist recht voll und wird sich mit den Start von Netflix schnell weiterentwickeln. Auch Netflix wird den Markt nicht von heute auf morgen umkrempeln. Aber kein Sender darf den Kopf in den Sand stecken und so tun, als ginge ihn das nichts an. Dafür ist zu viel in Bewegung geraten. Nehmen Sie die USA: Dort haben Videos auf Abruf der linearen TV-Nutzung, bei der ein Programm zu festen Zeiten gesendet wird, schon die Rücklichter gezeigt. Dazu hat Netflix maßgeblich beigetragen. Das hat zwar einige Jahre gedauert, aber dieser Prozess könnte jetzt auch hierzulande beginnen.

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