WeChat, WeWork, WeLive Das „Wir“ als Marke

Alles fing in China mit dem beliebten Netzwerk WeChat an. Seitdem breitet sich der Namenstrend weltweit rasant aus. Es gibt WeWork, WeLive und natürlich WePay. Einige Vorschläge, was noch fehlt.

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Das chinesische Netzwerk startete 2011 einen Namenstrend. Quelle: Reuters

New York Alles fing an mit WeChat, frei übersetzt „Wir quasseln“. 2011 gegründet hat das chinesische Netzwerk mittlerweile knapp eine Milliarde Nutzer. Und die chatten nicht nur, sondern nutzen im Grunde jetzt schon die Zukunft des Internets. Man braucht nur noch eine einzige App, die alles kann, zum Beispiel auch eine Freundin buchen.

Dann breitet sich gerade, besonders in Manhattan, WeWork aus. „Wir malochen“, würde der Ruhrpöttler sagen. Man sitzt zusammen in einem großem Raum oder in abgetrennten Buchten oder Büros. Das Arbeiten fühlt sich nicht mehr so einsam an. Außerdem gibt es Freibier – WeDrink?

Das große Wir scheint sich als Marketing-Instrument durchzusetzen. Nicht mehr der ganz drastische Individualismus ist gefragt, sondern eine Art bindungsloser Gemeinschaft. So ähnlich, wie man früher den typischen Besucher eines Wiener Kaffeehauses beschrieben hat: Er will seine Ruhe haben, dabei aber nicht alleine sein. Heute heißt es: „Wir“ wollen unabhängig bleiben, aber dabei nicht alleine sein.

WeLive gibt es auch. „Wir leben“ wäre nicht die angemessene Übersetzung, eher „Wir wohnen“. Eine Art modularer Kurzzeit-WG, passend zum Airbnb-Zeitalter, wo man allesmögliche teilt, um damit ganze Branchen überflüssig zu machen. Und dann existiert noch diese Firma „WePay“ („Wir blechen“), die irgendwas Kompliziertes mit Zahlungsverkehr entwickelt hat.

Wir werden sehen, wohin das noch führt. WeDate? WeLearn als Online-College? Gibt es sogar schon, stelle ich gerade fest. WeEat als Gemeinschaftsküche? WeSleep als Euphemismus für Obdachlosenunterkümfte?

„We“: Das steht für eine ganze Kultur, die in Manhattan blüht, aber nicht nur dort. Dazu gehören auch die zahlreichen Meet-ups, wo man Leute trifft, mit denen man sonst nichts zu tun hat. Immerhin: Verglichen mit der ganz und gar virtuellen Welt der sozialen Netzwerke findet das „We“ dort wenigstens noch mit richtigen Menschen statt.

Wie wäre es also mit WeThink? Gibt es natürlich auch schon: eine dänische Kommunikations- und Verkaufsplattform. Wieder jemand, der Quasseln mit Denken verwechselt. Oder WeFeel? Ist eine App für „emotionale Fitness“. Dort heißt es: „ Wir haben ein Instrument entwickelt, das dir hilft nachzuhalten, was du fühlst und wann und wo du es fühlst, um besser zu verstehen, wie das zusammenhängt.“ Alles klar soweit? WeBelieve gibt es auch schon: ein Ratgeber zur „katholischen Identität“. Unter „WeLove“ findet sich ein portugiesischer Online-Shop. WeTeach ist eine chinesische Lehrer-Organisation.

So sind wir vom kleinen „i“, wie iPhone, zum großen „We“ gekommen. Was folgt als nächstes? Wie wäre es mit einem echten Wir, so ganz unter uns und ohne jeden Marketing-Hintergedanken? WirTräumennoch.

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