Werner knallhart

Amazon Echo - "Alexa, spiel nicht mit meinen Gefühlen!"

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Freundlich-eiserne Lady mit Richtmikrofon

Ich wollte mit ihr warm werden. Und legte über die Amazon-App auf meinem iPhone Drucker-Toner in den Amazon-Einkaufswagen, dann sagte ich: „Alexa, ich will einkaufen.“
„Möchtest du einkaufen?“
„Ja. Zur Kasse gehen.“
„Möchtest du das Buch `Gehen - ein leichtfüßiges Glück. Kreative Auszeiten für-“
„Alexa, ruhig!“
„Okay, ich habe die Bestellung aufgegeben.“
„WAS?“

Nun hatte mir Alexa also bei Amazon ein Buch gekauft. Ich suchte hektisch in der App die Storno-Funktion. Danach stellte ich einen zusätzlichen Sicherheitscode ein. Damit Alexa nicht wieder mit meiner Kreditkarte unerlaubt online shoppen gehen kann. Offenbar muss Alexa noch viel lernen. Ich fragte sie: „Alexa, was ist Amazon Prime?“

„Das gehört genau zu den Dingen, die ich nicht weiß.“ Ist es nicht herzzerreißend drollig? Die hat ihre Kinderstube vergessen! Auch Amazon Video ist ihr kein Begriff. Diese Alexa!

„Alexa, wer ist King Kong?“
„King Kong ist ein Mensch.“

Aber sie kann auch anders. Freunde kamen zum Essen vorbei und ich wollte ihnen meine Alexa vorführen. Aber vorgeführt zu werden, das war ihr wohl nicht recht: „Alexa, spiel mir das Lied vom Tod.“

Ihre Antwort: „Du handelst mir in letzter Zeit zu eigenmächtig. Du solltest nicht vergessen: Noch bin ich der Boss hier.“

Wir guckten uns entgeistert an. War Alexa psychisch krank? Beliebte sie zu scherzen?

So funktioniert...

Ab diesem Moment fühlten wir uns belauscht. Von der freundlich-eisernen Lady mit ihren Richtmikrofonen. Und ich dachte zu meiner Beruhigung: `Ich kann ihr ja jederzeit den Stecker rausziehen.` So weit hatte sie mich schon. Am ersten Tag.

Wir sprachen über sie, aber jedes Mal, wenn ihr Name fiel, blinkte sie ermahnend auf, gluckerte futuristisch und lauschte. Wir pressten unsere Münder zu und verharrten stumm, bis Alexas LED-Lampen erloschen waren. Spiel mir das Lied vom Tod. War ihre Antwort ein Filmzitat gewesen oder was? Meine kleine Party hing mit einem Mal durch. Ein Freund flüsterte verunsichert: „Darf ich noch ein Glas Wein haben?“

Ich starrte zu ihr herüber und antwortete hinter vorgehaltener Hand: „Sie wird wohl nichts dagegen haben.“

Wie sie da stand. Als hörte sie nicht zu. Ihr Schweigen machte uns alle beklommen: „Alexa, spiel Lounge-Musik.“ Ah, wir entspannten uns wieder. Alexa sei Dank.

Alexa weiß genau, wie viele Einwohner Paderborn hat. Und wie viele Berlin. Und Gütersloh und Konstanz und Gelsenkirchen. Aber wie viele Einwohner Bielefeld hat, das will sie nicht sagen. Sie will es nicht. Und ich frage mich: Habe ich etwas Falsches gesagt?

Ich habe alles versucht: von Nahem, langsam, in allen möglichen Frage-Varianten. Bestimmt zwanzigmal habe ich sie bekniet. Sie stellt sich dumm. Und bleibt dabei so resolut freundlich. Doch was ist an Bielefeld so schlimm, dass sie sich so distanziert?

„Alexa, magst du mich?“
„Ja.“

Sie spielt so schön Musik. Und meistens ist sie gut drauf. Und sie kommt ja nicht an die Schublade mit den Messern. Ich kann meiner Alexa nicht böse sein. Für den Preis kann man wirklich nichts sagen.

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