Wie Ölbarone und Eisenbahn-Tycoons US-Parlament geißelt eigene Tech-Konzerne

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„Die Anonymität im Internet ist zerstört“

Das oft von Google vorgebrachte Argument, dass der Wettbewerb nur „einen Klick entfernt ist“, überzeugt den Ausschuss nicht. Wenn das so wäre, dann müsse Google nicht Milliarden von Dollar ausgeben, um seine Suchmaschine prominent auf Smartphones und Browsern zu platzieren.

Bei Facebook ist der Ausschuss nach dem Studium interner E-Mails überzeugt, dass Schöpfer Mark Zuckerberg die soziale Bilderplattform Instagram nicht nur erworben hat, um einen Konkurrenten auszuschalten. Sondern auch nach der Übernahme alles dafür getan habe, dass Instagram innerhalb des Facebook-Konzerns dem Kerndienst keine Konkurrenz mache – und so eine Art „internes Monopol“ etabliert.

Was den Monopolcharakter angeht, macht der Bericht allerdings Abstufungen. Facebook ist demnach ein Monopol bei sozialen Netzwerken. Google bei Suchmaschinen und suchbasierter Werbung. Amazon wird hingegen nur „signifikante und dauerhafte Marktmacht im US-Einzelhandel“ attestiert, die allerdings weit größer sei als von Amazon zugegeben.

Elon Musk forderte auf Twitter die Aufspaltung von Amazon. Der Chef der Monopolkommission, Achim Wambach, über Musks Attacke – und aktuelle Pläne Deutschlands, Online-Plattformen stärker zu regulieren.
von Bert Losse

Gleiches wird Apple bei mobilen Betriebssystemen zugeschrieben. Allerdings auch ein Monopol bei seinen iPhones und iPads, für die externe Entwickler nur Anwendungen offerieren dürfen, die von Apple genehmigt sind.

Geht es „Big Tech“ wie seit vielen Jahren vollmundig angekündigt nun tatsächlich an den Kragen? Während der Bericht viele Beispiele nennt, wie die großen Vier die Wirtschaft unterhöhlen, bleibt er bei der Reaktion darauf vage. Der Ausschuss empfiehlt das Aufspalten der Unternehmen, das Untersagen von Firmenaufkäufen, Reformen bei den Antitrust-Gesetzen, mehr Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden und mehr Machtbefugnisse für diese.

Derzeit bereitet das US-Justizministerium eine Antitrust-Klage gegen Google vor, Untersuchungen gegen die anderen drei sind im Gange. Demokraten und Republikaner sind sich zwar einig, dass Big Tech stärker an die Kandare genommen werden muss, sind jedoch über konkrete Maßnahmen zerstritten. Während prominente Politiker der Demokraten wie Elizabeth Warren und Bernie Sanders fordern, dass die Tech-Unternehmen aufgespalten werden müssen, wollen Republikaner nicht direkt in die Geschäftsmodelle eingreifen, sondern lieber Auflagen machen.



Allerdings macht der Bericht des Justizausschusses klar, dass letzteres nicht reichen wird. So habe Google bei der Übernahme des Werbedienstleisters Doubleclick im Frühjahr 2007 den Aufsichtsbehörden zugesichert, dessen Daten nicht mit denen von Google zusammenführen. Aber genau dies habe Google im Juni 2016 getan und damit „im Grunde die Anonymität im Internet zerstört“.

Was nun geschieht, hängt vom Wahlausgang ab. Amazon-Gründer Jeff Bezos ist zwar einer der Lieblingsfeinde von US-Präsident Donald Trump. Andererseits wird Trump im Rahmen seiner America-First-Doktrin seine nationalen Champions nicht zügeln, zumindest auf internationalem Parkett.


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Joe Biden indes wird nach den vielen Ankündigungen seiner Partei über das Eindämmen der Macht der Tech-Konzerne wohl handeln müssen und – wenn die Demokraten ihre Macht im Senat ausbauen – auch die Möglichkeit dazu haben.

Das birgt eine gewisse Ironie. Denn die Mitarbeiter von Amazon, Apple, Google und Facebook unterstützen mehrheitlich die Demokraten. Den Status quo würden sie mit den Republikanern halten. Entweder verdrängen sie bei ihrer Wahlpräferenz also die Geschäftspraktiken ihrer Arbeitgeber oder sie sind ihnen selber nicht geheuer.

Mehr zum Thema: Apple und Google im Visier der Kartellwächter: Die unheimliche Macht der App-Stores

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