Youtube Wie Google von der Videoplattform profitiert

Auch zehn Jahre nach der Gründung ist Youtube für Google ein finanzielles Verlustgeschäft. Was das Videonetzwerk dem IT-Riesen trotzdem bringt.

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Warum Google an Youtube festhält - trotz roter Zahlen. Quelle: dpa

Youtube ist zehn Jahre nach seiner Gründung immer noch hoch defizitär. Zwar konnte das Portal im vergangenen Jahr seinen Konzernumsatz von drei auf vier Milliarden Dollar steigern, wie das US-Wirtschaftsmagazin „Wall Street Journal“ unter Berufung auf Insider berichtet - trotzdem bleibt Youtube fürs Erste ein Kostenpunkt in der Google-Bilanz.

Warum liefert Youtube neun Jahre nachdem Google das Unternehmen für 1,65 Milliarden Dollar gekauft hat, keine Gewinne? Die Voraussetzungen, um profitabel zu sein, bringt es mit.

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Die Videoplattform ist mit über einer Milliarde Nutzern weltweit die drittbeliebteste Website nach Google und Facebook. Die Zielgruppe ist sehr attraktiv – die Videoplattform erreicht nicht nur Teenager, die Hälfte der Nutzer ist über 35 und zwei Drittel verfügen über ein mittleres oder hohes Einkommen, ergab eine Ipsos-Studie.

Dazu sind die Kosten für Werbetreibende im Vergleich zur TV-Werbung gering und das Videonetzwerk bringt immer mehr Berühmtheiten hervor, die bei den US-Teenagern mittlerweile beliebter sind, als die Berühmtheiten aus der analogen Welt.

„Mit Youtube ist eine Menge Geld zu verdienen“, sagt Lars Reppesgaard, Autor des Buchs „Das Google-Imperium" und Senior Consultant bei der Unternehmensberatung doubleYUU. „Aber Google hat nicht die Gewohnheit, aus seinen Diensten den letzten Cent herauszupressen.“

Die Betriebskosten

Stattdessen investiert Google stark in das Videonetzwerk, denn der Betrieb ist teuer. Gigantische Serverplattformen werden betrieben, um die 300 Stunden Videomaterial zu sichern, die in jeder Minute hochgeladen werden.

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Dazu kommt der Personalaufwand. Auch wenn Software eingesetzt wird, die automatisch etwa Erotik- oder Terrorvideos ausfindig macht und sperrt – es braucht nach wie vor Menschen, die viel von diesem Material sichten und Nutzerhinweisen nachgehen.

Weiter investiert Google viel Geld in Innovationen, die Youtube entwickelt. Beispielsweise die Content-ID: Wenn ein Nutzer Musik in seine Videos einbindet, so erkennt Youtube das Lied, auch wenn der Nutzer es nicht benannt hat. In allen Ländern, in denen Youtube Verträge mit Verwertungsgesellschaften abgeschlossen hat – Deutschland und die GEMA sind hier eine Ausnahme – wird automatisiert abgerechnet und der Interpret erhält Geld.

 

Der Bedarf an Bewegtbildwerbung im Netz ist groß

Ein weiteres Problem in der Youtube-Bilanz: Werbung auf dem Videonetzwerk bringt dem Konzern deutlich weniger Geld pro 1000 erreichter Konsumenten als TV-Werbung. Obwohl Youtube vielfältigere Möglichkeiten bietet, zielgerichteter ausspielbar und besser messbar ist.

„Es gibt nach wie vor viele Werbeagenturen, die mit der TV-Werbung ein gutes Geschäft machen“, sagt Reppesgaard. Seit langem bestehende Netzwerke sorgten dafür, dass die großen Etats weiter an die TV-Unternehmen gingen.

Werbemöglichkeiten auf Youtube

Reppesgaard erwartet allerdings, dass die Trendwende in den nächsten Jahren kommt. Denn die Zahl der Fernsehzuschauer ist rückläufig und damit auch die Reichweite – gleichzeitig wächst die Zahl der Online-Nutzer.

„In der Werbeindustrie gibt es einen großen Bedarf nach Bewegtbildanzeigen“, sagt Reppesgaard. Die Unternehmen wollen sich bunt und modern präsentieren – wie das etwa Edeka mit seinem „Supergeil“-Werbespot gelungen ist. „Wenn das irgendwo im großen Stil passiert, dann auf Youtube.“

Eine Investition in die Zukunft

Deswegen dürfte Google die Ausgaben für Youtube nicht als Negativposten in der Bilanz sehen, sondern als Investition in die Zukunft. Klicktextanzeigen, wie Nutzer sie etwa bei der Google-Suche finden, bieten für Google kaum noch Wachstumspotenzial – diesen Markt beherrscht der Suchriese schon jetzt fast vollständig. „Deswegen ist es für Google unheimlich wichtig, neue Umsatzkanäle zu erschließen“, sagt Reppesgaard. Etwa in Form von Video-Werbung.

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Zudem ist Youtube für Google ein gigantischer Nutzerdatengenerator – wie die meisten Google-Dienste. „Als soziales Netzwerk ist Youtube mittlerweile so erfolgreich, Google würde es vermutlich auch weiterbetreiben, wenn die Werbeeinnahmen komplett entfielen“, sagt Reppesgaard. Denn im Gegensatz zu Google+ gibt es auf Youtube eine lebendige Kommentarkultur, die Nutzer bauen sich eigene Kanäle auf und verweisen auf andere.

Ob Youtube allerdings wirklich bald profitabel wird, ist fraglich, warten doch mit Facebook, Netflix und Co. immer mehr Konkurrenten, die sich auf den Online-Video-Markt stürzen und versuchen, Youtube Marktanteile strittig zu machen.

Youtubes Konkurrenz

Schon 2011 versuchte Youtube, überzeugte Fernsehschauer für sich zu gewinnen. Hierfür kaufte es Hollywood-Filme ein, die exklusiv auf Youtube liefen und nicht im Kino – wie etwa der Film „Girl walks into a bar“. Doch wer Serien und Filme online sehen will, nutzt die Angebote von Netflix, Amazon oder streamt sie illegal auf den gängigen Plattformen. Als Anbieter für Serien und Filme hat Youtube sich nie etablieren können.

„Google hat nicht primär den Anspruch, eigene Inhalte zu produzieren“, sagt Reppesgaard. „Das Ziel hinter diesen Investitionen war es, Youtube hochwertiger aufzustellen und zu zeigen, welche Möglichkeiten es bietet.“

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Das ist gelungen. In Deutschland gibt es mittlerweile eine professionelle Youtube-Szene, deren Dienste in Youtube-Netzwerken monetarisiert werden.

Was allerdings immer wieder bemängelt wird: Die geringe Verweildauer. Marktforscher hatten 2011 berechnet, dass ein Nutzer in den USA im Schnitt zwei Stunden und 23 Minuten pro Monat auf Youtube verbringt. Die Verweildauer bei Netflix war fünf Mal so hoch.

In der kurzen Verweildauer will Reppesgaard aber kein Manko sehen. „Netflix verkauft Abonnements – sie brauchen eine höhere Verweildauer, sonst zahlt der Nutzer nicht.“ Bei Youtube verhalte es sich anders. „Die kurze Verweildauer schafft mehr Punkte, an denen Werber Interaktion betreiben können.“ Kein Nutzer mag Werbung während eines Videos – Werbung zu Beginn und am Ende des Videos wird dagegen eher toleriert. Doch nicht nur Netflix lauert auf Youtubes Marktanteile.

Auch Facebook greift an

Die Professionalisierung des Videonetzwerks hat eine Lücke geschlagen, in die Facebook dringen will. Anfang Januar gab Mark Zuckerberg nicht nur die Quartalszahlen von Facebook bekannt – er drohte auch Youtube.

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Denn Facebook setzt vermehrt auf Videoinhalte – mittlerweile schauen amerikanische Nutzer schon mehr Videos auf Facebook als auf Youtube. Das liegt vor allem daran, dass die Videos in der Facebook-Timeline automatisch abgespielt werden.

Gleichzeitig kreuzen Youtube-Videos, die in der Timeline landen, nur noch als kleine Bilder auf und sind damit weniger sichtbar.

„Nach Facebook sind Teile des User-Generated-Contents abgewandert“, sagt Reppesgaard. Ob und inwiefern das problematisch für Youtube wird, ist aktuell schwer einzuschätzen. Sicher ist: Mit Facebook-Videos lässt sich für die Filmer aktuell kein Geld verdienen – während sie bei Youtube große Summen generieren können. Der hochwertigere Inhalt dürfte deswegen auf absehbarer Zeit bei Youtube zu finden sein.

Und genau damit wird das große Geld in der Online-Video-Welt zu verdienen sein. „Die Einnahmeseite von Youtube ist noch lange nicht ausgeschöpft“, sagt Reppesgaard. „In den nächsten Jahren wird sich Youtube zu einer unheimlichen Einnahmequelle entwickeln.“

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