Zenloop-Gründer Schwarzenholz „Der Markt für Kundenfeedback entsteht gerade erst“

Zenloop-Gründer Paul Schwarzenholz, Björn Kolbmüller und Lukasz Lazewski Quelle: PR

Das Start-up Zenloop vertreibt Software, mit der Firmen die Zufriedenheit von Kunden analysieren können. Zenloop-Mitgründer Paul Schwarzenholz über Rücklaufquoten und ob er die WirtschaftsWoche empfehlen würde.

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Paul Schwarzenholz (38) gründete 2016 gemeinsam mit zwei Kollegen in Berlin die Firma Zenloop. Das Start-up beschäftigt mittlerweile 50 Mitarbeiter und kümmert sich um Abfrage und Auswertung von Kundenfeedback. Zu den Zenloop-Kunden zählen Deichmann, Douglas, Peek&Cloppenburg, Thalia und Energie Baden-Württemberg. Zuvor hatte Schwarzenholz sein erstes Unternehmen, die 2010 gegründete Online-Parfümerie Flaconi, an ProSiebenSat.1 verkauft.

Mitte Juni hat Zenloop eine neue Finanzierungsrunde abgeschlossen in Höhe von 6,1 Millionen Euro. Die Hauptanteilseigner Nauta Capital aus Spanien und der britische Investor Piton Capital erhöhten ihre Investitionen; neu hinzugekommen ist zudem Signals VC, die Investmentfirma der Signal-Iduna-Versicherung. Die drei Gründer halten nach wie vor mehr als 50 Prozent der Firmenanteile. Der Zenloop-Umsatz liegt im einstelligen Millionenbereich.

WirtschaftsWoche: Herr Schwarzenholz, Ihr erstes Start-up war eine Online-Parfümerie. Wie kamen Sie auf die Idee, für Unternehmen Kundenmeinungen einzuholen und zu analysieren?
Paul Schwarzenholz: Das, was wir mit Zenloop gebaut haben, ist genau die Software, die wir damals bei Flaconi gerne gehabt hätten. Damals war das Shopping-Erlebnis für uns das wichtigste Thema: Was können wir für unsere Kunden verbessern? Nach jeder einzelnen Transaktion haben wir uns diese Frage gestellt. Und etwas später haben wir diese Frage auch unseren Kunden gestellt. Das lief zunächst sehr hemdsärmelig: Wir haben täglich mehrere Tausend Kommentare bekommen, und diese haben wir wirklich einzeln ausgewertet, mithilfe einer langen Excel-Liste. Irgendwann war das nicht mehr skalierbar. Dafür gab es aber keine Software. Also haben wir zunächst eine interne Lösung entwickelt. Als feststand, dass wir uns von Flaconi trennen, war relativ schnell klar, was wir als Nächstes machen.

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von Stephan Knieps

Im Zentrum der Kundenzufriedenheitsmessung steht der sogenannte NPS, der „Net Promoter Score“. Der Wert misst die Bereitschaft von Kunden, ein Produkt oder eine Marke weiterzuempfehlen – und wurde schon vor 17 Jahren erfunden. Verkaufen Sie nicht einfach eine alte Idee neu?
Die Methodik ist schon etwas älter, das stimmt. Wir haben den NPS auch nicht erfunden, sondern die Unternehmensberatung Bain. Weil ich früher mal bei Bain gearbeitet habe, kenne ich die Methodik ganz gut. Und eine Software dazu gab’s damals noch nicht, zumindest nicht in gut.

Wie entwickelt sich denn Ihr Geschäft?
Wir sind in einem extrem stark wachsenden Markt. Wie groß die Wachstumsraten tatsächlich sind, ist unklar, weil es keine validen Marktzahlen gibt. Man kann sich nur die einzelnen Anbieter anschauen, und die wachsen sehr ordentlich. Geschätzte 90 Prozent der Unternehmen in Deutschland nutzen kaum Kunden-Feedback, die wenigsten haben eine Systematik im Einsatz.

Laut dem US-Magazin „Fortune“ nutzen inzwischen zwei Drittel der 1000 größten US-Unternehmen den NPS. Ist Kundenfeedback ein Hype?
Nein, denn dann wäre es in der Coronakrise zusammengeklappt. Wir aber haben in der Krise neue Kunden hinzugewonnen, und auch einen neuen Investor. Hype klingt nach wenig Substanz. Aber in der Krise ist das Geschäft immer noch nachgefragt. Wir haben dreistellige Wachstumsraten pro Jahr. Wir sind außerordentlich zufrieden.

Was bieten Sie Ihren Kunden? Was wollen die Firmen wissen?
Wir bieten eine komplett Feedback-Management-Plattform. Unsere Kunden können an beliebigen Stelle in der sogenannten Kundenreise unsere Umfragen einklinken, um Feedback einzusammeln. Im zweiten Schritt können sie dann die Kommentare ihrer Kunden auswerten, automatisch mithilfe von Künstlicher Intelligenz. Im nächsten Schritt kann der Kunde für jede einzelne Rückmeldung entscheiden, was damit passiert. Es geht darum, dass ich jeden Kommentar einmal oder mehrfach nutze, was ich daraus ableiten kann, um mein Produkt oder meinen Service zu verbessern. Und es geht auch darum, wie ich unglückliche Kunden, die abspringen, wieder zurückholen kann.

Haben Sie ein konkretes Beispiel?
Die gängigste Frage, die unsere Kunden einbauen, lautet in etwa: Wie wahrscheinlich ist es, dass du uns weiterempfiehlst auf einer Skala von 0 bis 10? Das wird an verschiedenen Stellen abgefragt, entweder direkt nach dem Kauf oder nach Eintreffen der Bestellung.

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Wie aussagekräftig und repräsentativ sind Kundenrückmeldungen denn überhaupt? Tendiert gerade der deutsche Konsument nicht eher dazu, seine Meinung besonders dann mitzuteilen, wenn er mit dem Produkt oder der Dienstleistung unzufrieden war?
Ja, das macht er, wenn er nicht proaktiv gefragt wird. Wer nicht direkt gefragt wird, aber unzufrieden ist, schreibt im Zweifel einen bösen Kommentar. Aber unsere Kunden haben eine Rückmeldequote von ungefähr 25 Prozent ihrer Nutzerden, das ist mehr als repräsentativ. Das ist extrem aussagekräftig. Die klassische Marktforschung, bei der man einmal im Jahr die Kundenbasis befragt, hat eine Rücklaufquote von vielleicht ein bis zwei Prozent. Wir haben ja schon x-Millionen Feedbacks ausgewertet, da sind wir sicher, dass es keine Verzerrung gibt. Auch, weil alle Kunden befragt werden: die zufriedenen und die unzufriedenen.

Und was machen die Unternehmen mit dem Feedback?
Was fast alle unserer Kunden machen regelmäßig, meist wöchentlich, ein sogenanntes kontinuierliches Verbesserungsmeeting. Da geht es konkret um die Frage: Was können wir besser machen am Produkt oder am Service anhand unserer Kundenrückmeldungen? Und ungefähr zwei Drittel unserer Nutzer bitten zudem jene Kunde, die zurückmelden, sie bestellten nie wieder, erneut um Feedback. Das heißt, diese Kunden werden in dem Moment, in dem sie abzuwandern drohen, entweder angerufen oder erneut angeschrieben, mit der Bitte, ihr Feedback besser zu verstehen. Fast immer führt das zu größerer Zufriedenheit beim Kunden. Die bekommen dann eine auf sie zugeschnittene Entschuldigung, wenn etwas schief gelaufen ist.

Bei allem Respekt vor Ihrer Software, aber: Das klingt alles doch recht simpel.
Es ist auch keine Raketenwissenschaft. Das Geheimnis dabei ist die Geschwindigkeit. Solch eine Entschuldigung und Bitte um Erklärung muss sehr schnell erfolgen – dann verzeihen die Kunden auch. Und wenn ein Unternehmen Zehntausende Kundeninterkationen hat, braucht es eine sehr gute Automatisierung und eine gute technische Infrastruktur, damit das skalierbar ist. Die Herausforderung ist die Anzahl an Feedbacks.

Einer Ihrer Wettbewerber, das US-Unternehmen Qualtrics, erregt gerade Aufmerksamkeit: SAP hatte die Firma Ende 2018 für acht Milliarden Dollar gekauft, was Kritik auslöste. Jetzt will SAP-Chef Klein Teile von Qualtrics an die Börse bringen. Wo sehen Sie Zenloop im Vergleich mit den Amerikanern?
Qualtrics kommt aus der Marktforschungsecke, und darin sind sie auch gut. Wie ich das beurteile, ist ihr System weniger darauf angelegt, auf jedes einzelne Feedback möglichst individuell einzugehen, und dies in das jeweilige System zu integrieren. Da sehe ich uns besser. Aber der Kaufpreis, den SAP zahlte, ist wohl gerechtfertigt. Der Bereich Experience Management ist einer der am schnellsten wachsenden, und der Markt entsteht gerade erst. Ich würde es vergleichen mit Facebooks Übernahmen von Whatsapp und Instagram: Facebook zahlte Milliardensummen und es gab anfangs viel Kritik, weil die Firmen kaum Umsätze generierten. Im Nachhinein aber waren das zwei sehr smarte Entscheidungen.

Würden Sie Zenloop verkaufen?
Nein. In zehn Jahren werden wir hundertmal größer sein. Ein Verkauf ist nicht unser Ziel. Wir möchten erst mal möglichst vielen Kunden helfen.

Vielen Dank für das Gespräch. Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie die WirtschaftsWoche nun einem Freund weiterempfehlen auf einer Skala von 0 bis 10?
In jedem Fall eine 10. Da wird über die richtigen Themen geschrieben.

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