Zuckerbergs Strategiewechsel Facebook soll als „Safebook“ weiter wachsen

Das Image hat gelitten, die Geschäftszahlen kennen bei Facebook aber weiterhin nur eine Richtung: nach oben. Quelle: dpa

Die Zukunft ist privat. Das postuliert Facebook-Schöpfer Mark Zuckerberg auf seiner aktuellen Entwicklerkonferenz und verspricht den grundlegenden Umbau des sozialen Netzwerks. Doch das könnte neue Probleme bereiten.

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Als Mark Zuckerberg am Dienstagmorgen auf die Bühne des Konferenzzentrums von San Jose im Silicon Valley tritt, hält er sich nicht wie früher damit auf, sich erst einmal für Fehler zu entschuldigen. Anlässe für ein erneutes „mea culpa“ gäbe es genug. Seit zwei Jahren wird sein Unternehmen regelmäßig von Datenschutzskandalen erschüttert und ist ein Symbol für den Überwachungskapitalismus im Stil des Silicon Valley geworden. Der Ruf hat enorm gelitten.

Auf seiner aktuellen Entwicklerkonferenz geht Zuckerberg in die Offensive und gleich zur Sache. „Wir bauen eine Plattform, die auf Privatsphäre fokussiert ist“, erklärt der Facebook-Gründer. In den vergangenen Jahren habe man sich darauf konzentriert, aus Facebook eine Art Markplatz zu machen, auf dem sich jeder treffen und austauschen kann. Aber es habe auch dazu geführt, gibt Zuckerberg zu, dass sich nicht jeder so darstellen könne wie gewollt. „Privatsphäre gibt uns mehr Freiheit, uns auszudrücken“, schmettert Zuckerberg und gibt damit das lang verteidigte Prinzip auf, wonach Facebook „Transparenz“ fördern müsse. Wer nichts zu verbergen habe, so hieß es viele Jahre, müsse sich auch nicht verstecken.

Zuckerberg, inzwischen 34 Jahre alt und Vater zweier Töchter, räumt nun auch öffentlich ein, dass wir uns einen „Sinn für Intimität“ bewahren müssen. „Die Zukunft ist privat“, proklamiert er, um später nachzulegen, „dass wir sicherstellen wollen, dass unsere Werkzeuge für Gutes genutzt werden“. In diesem Moment brechen die Zuschauer in den Reihen vor ihm, augenscheinlich Mitarbeiter, in Jubel aus, was Zuckerberg erstmal irritiert. Denn um diese Einsicht hat es einen harten Kampf im Unternehmen gegeben. Sie ist kontrovers. Bislang beharrte Zuckerberg darauf, dass Werkzeuge eben nur Werkzeuge seien und man deren bösartige Nutzung nicht verhindern könne.

Nun nimmt Facebook doch die Schiedsrichterrolle an, die Zuckerberg bislang vehement abwehrte: als privates Unternehmen entscheiden zu müssen, was böse ist und was gut. „Wir werden Facebook-Gruppen entfernen, die zu Gewalt aufrufen und gefährlich sind“, erklärt er später. Dagegen ist nichts einzuwenden. Doch was ist genau gefährlich, wo verläuft die Grenze zwischen politischer Meinungsäußerung und mutmaßlicher Gefährdung? Das wird Facebook noch stärker ins Visier von Politikern wie Ted Cruz rücken. Der Senator aus Texas beklagt, dass die – seiner Überzeugung nach – mehrheitlich liberal angehauchten Facebook-Mitarbeiter konservative Ansichten unterdrücken und zensieren. In den USA wird der Begriff Liberalität zunehmend mit „Sozialismus“ oder „Kommunismus“ gleichgesetzt.

Auf die ganz große Frage im Raum geht Zuckerberg gleich selbst ein. „Mir ist bewusst, dass die meisten Leuten uns nicht glauben, dass wir das wirklich ernst meinen“, sagt er und muss für einen Moment selber grinsen. „Ich weiß, dass wir momentan nicht gerade den besten Ruf bei Datenschutz haben.“

Das ist untertrieben. Tatsächlich hat er in den vergangenen Jahren enorm an Glaubwürdigkeit verloren – vor allem, weil er fast immer erst dann auf Probleme reagierte, wenn der öffentliche Druck zu groß wurde.

Zuckerberg gibt zu, dass es mehrere Jahre dauern werde, seine Vision von der privaten Plattform auszubauen. Damit kommen neue Probleme auf das Unternehmen zu. Für Zuckerbergs Entwickler, die während seiner halbstündigen Präsentation vor ihm sitzen, erschwert die Kursänderung die Arbeit. Facebook hat inzwischen noch stärker reglementiert, welchen Zugriff externe Programmierer auf seine Schnittstellen erhalten.

Doch wie soll solch eine auf Privatsphäre ausgerichtete Plattform aussehen? Kann Facebook diese Wende überhaupt hinbekommen, wo die ganze Firmenkultur seit Gründung darauf ausgerichtet ist, so viele Daten über die Nutzer zu sammeln und mit deren Analyse Werbung zu verkaufen? Kann Facebook tatsächlich zum „Safebook“ mutieren oder schließen Privatsphäre und soziale Medien sich gegenseitig aus?
Es wird klar, dass selbst Zuckerberg noch nicht alle Antworten darauf hat und sich erst herantasten will. Er verspricht nur, dass man nicht wie früher einfach neue Dienste einführen, sondern sich Rat aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik einholen werde.

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