Jobmaschine Walter Heerdt Der Globalisierungsgewinner bei Lufthansa

Walter Heerdt hütet Halle 7 wie seinen persönlichen heiligen Gral. Hier darf ohnehin nur hinein, wer eine Leibesvisite über sich ergehen ließ. Im hinteren Drittel des Riesengebäudes ist dann endgültig Schluss, auch für Heerdt. Zwei Wachleute stehen vor einem gigantischen Gerüst, das eine Boeing 747 umgibt.

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Lufthansa-Technik-Manager Quelle: Arne Weychardt für WirtschaftsWoche

Ausschließlich Arbeiter mit einer besonderen Buchstaben- und Zahlenkombination auf dem Firmenausweis dürfen in das Innere der Maschine. Was sie in dem rot-weiß-grünen Jumbo zu Gesicht bekommen, dürfen sie niemandem erzählen: Vielleicht mondäne Gemächer, wertvolle Bet-Teppiche oder eine Raketenabwehr? Nicht einmal Heerdt darf hier ohne Weiteres rein.

Dabei stünde dem 53-Jährigen das eigentlich zu. Ohne ihn gäbe es die streng bewachte Maschine aus dem Nahen Osten hier nicht, über deren Besitzer sich Heerdt in Schweigen hüllt. Ohne ihn hätten auch die rund 50 Arbeiter und Techniker an dem rot-weißen Flieger nichts zu reparieren und rundzuerneuern. Denn Heerdt und seine Leute waren es, die 2007 den lukrativen Auftrag hereinholten.

Der studierte Maschinenbauingenieur ist Vertriebs- und Marketingchef bei Lufthansa Technik, der Instandhaltungs- und Wartungstochter der Deutschen Lufthansa. Vom Firmensitz in Hamburg aus zeigt Heerdt auf überzeugende Weise, wie die Globalisierung selbst am Hochlohnstandort Deutschland erfolgreich gewerbliche Arbeitsplätze schaffen kann. Für gut 300 neue Jobs in den Lufthansa-Großwerkstätten in Hamburg, Frankfurt, München und Düsseldorf sorgte er im vergangenen Jahr: Nicht so sehr, indem er Maschinen der Lufthansa in die konzerneigenen Hangars lotste. Die neuen Wartungs- und Instandhaltungsjobs in den hiesigen Hallen kommen überwiegend aus dem Ausland.

„Inzwischen stammen 65 Prozent unserer Aufträge von externen Kunden“, rechnet Heerdt vor. Allein 2007 hätten seine weltweit 160 Vertriebs- und Marketingmitarbeiter 456 neue Aufträge im Wert von 2,9 Milliarden Euro akquiriert – von der Lackierung eines Jets über den Innenausbau von Luxusmaschinen bis zur ständigen Wartung einer ganzen Flugzeug-Flotte.

Der amerikanische Paket- und Expressdienst UPS etwa montiert seit vergangenem Jahr die fälligen Triebwerke seiner Flugzeuge für die Wartung ab und fliegt sie aus allen Winkeln der Welt zum Check hierhin nach Hamburg. Auch Qatar Airways aus dem gleichnamigen arabischen Emirat gab 2007 die Triebwerke in die Obhut der Hanseaten, ebenso die Fluggesellschaft Cathay Pacific aus Hongkong. Das Auftragsvolumen der drei renommierten Adressen summiert sich auf 45 bis 50 Millionen Euro.

Die damit verbundenen Jobs in Deutschland verdanken die Facharbeiter und Techniker bei Lufthansa Technik Heerdts Strategie. „Wir legen größten Wert auf Marktforschung und wachsen schneller als der Markt“, sagt er. Die gegenwärtig rund 580 Kunden akquirierte ein Filialnetz rund um den Globus – von Tokio über Taschkent und São Paulo bis Peking und New York. Nicht selten stächen die Lufthanseaten die Konkurrenz aus, sagt Heerdt, weil sie mit kurzen Reparaturzeiten und hoher Termintreue punkten. Hinzu kommt die aufwendige Qualifizierung des Personals. Nach einer dreijährigen Lehre päppelt Lufthansa einen Mechaniker zwei bis vier weitere Jahre, damit er selbstständig zum Beispiel Steuerflächen einstellen oder hochkomplexe Triebwerksteile montieren kann. Ohne solches Know-how könnte Heerdt seinen Kunden keine Zusagen machen.

Trotzdem wächst die Zahl der Wartungsjobs in Deutschland nur begrenzt. In Halle 7 etwa werkeln gerade auch insgesamt 250 Mitarbeiter für 40 Tage an einem 18 Jahre alten Jumbo. Das Dock ist die letzte derartige Lufthansa-Wartungsstation hierzulande. „Solche personalintensiven Aufträge lassen wir vielfach bei unserem Joint Venture in Peking oder unserer Tochter in Irland erledigen“, sagt Heerdt.

Etwas anders ist dies bei „VIP-Aufträgen“, wie Heerdt die Betreuung von Superreichen oder Regierungen bei der Lufthansa nennt. Dies Geschäft nimmt gerade derart zu, dass der Standort Hamburg gerade eine neue Wartungshalle erhält. Zu Heerdts Jobbringern zählt nicht nur der geheimnisvolle Jumbo aus dem Nahen Osten, sondern auch der weiße Jet draußen auf dem Rollfeld mit der Aufschrift Bundesrepublik Deutschland – der Airbus 310, mit dem Kanzlerin Angela Angela Merkel verkehrt.

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