Juwelier Georg Hornemann im Interview Magisches Gold

Juwelier Hornemann über den unvergänglichen Reiz des Goldes und warum Schmuck nicht in den Tresor gehört.

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Georg Hornemann Quelle: Heinz Happ

WirtschaftsWoche: Herr Hornemann, viele Anleger suchen ihr Heil gerade in einer der ältesten Anlageformen der Welt. Was fasziniert Menschen so sehr an Gold?

Hornemann: Die Menschen verbinden damit Macht, Reichtum und Ansehen. Das beginnt in vielen Märchen, etwa in 1001 Nacht. Da geht es um Prunk und Gewänder, die aus Gold gewoben sind. Und auch in den klassischen deutschen Märchen spielt Gold eine große Rolle, wie bei Rumpelstilzchen, der auf seinem Spinnrad Gold spinnt. Gold hat für jeden etwas Magisches. Die Mystik ist noch immer ungebrochen.

Woher kommt sie?

Viele Kulturen wie die Inkas pflegten den Mythos des Goldes. Sie bezeichneten das Gold als eine Träne der Sonne. Die haben gedacht, dass das gar nicht anders sein könne, als dass die Sonne weint und dabei das Gold auf die Erde fällt. Es wurde verarbeitet und getragen, wenn auch in erster Linie nicht einmal, um sich damit zu schmücken.

Sondern?

Die Träger wollten sich damit abgrenzen vom normalen Volk. Es galt das Motto: „Seht her, ich bin von oben bis unten mit Gold behangen.“ Gold und Macht standen in einem direkten Zusammenhang.

Gilt das auch heute noch?

Nein, Gold ist demokratisch. Jeder kann es heute tragen. Im Gegenteil. Wenn jemand in unserem Kulturkreis zu sehr damit behangen ist, wirkt das sehr abstoßend. Dicke Goldketten haben ein problematisches Image. Man unterstellt einem Träger von viel Goldschmuck, dass er auch mal was zu verbergen hat.

Das ist wohl der Grund, warum sich amerikanische Gangster-Rapper damit gerne schmücken. In anderen Kulturen ist die Goldkultur anders.

In den arabischen Ländern ist es nochüblich, sich demonstrativ mit Gold zu behängen. Die Verbindung aus gezeigtem Goldschmuck und Ansehen ist dort noch gültig.

Ein Dorado für Juweliere?

Einerseits ja, aber diese Art von Schmuck, die dort vorherrscht, ist auch groß und breit und langweilig. Aber das ändert sich stark. Die jüngere Generation zwischen 30 und Mitte 40 stellt auch immer mehr das Künstlerische am Schmuck in den Vordergrund. Diejenigen, die in London oder Amerika studiert haben, haben ein ganz anderes Bild von Design als noch ihre Elterngeneration.

Was hat sich in Deutschland geändert?

Es wird nicht mehr automatisch Gelbgold gewählt. Die Frauen suchen sich ihren Schmuck selbst aus – früher kaufte der Mann. Da geht es dann weniger darum, dass es Gold sein muss, sondern darum, welche Farbe der Käuferin gut gefällt. Das entscheidet dann, ob Weißgold oder Rotgold, über die Wahl des Materials.

Klassisch bleibt aber die gelbe Variante?

Immer. Es ist die Farbe der Sonne und galt eine Zeitlang als Farbe des Sonntags. Gleichzeitig ist Gelb auch die Farbe des Neids. Diese Faktoren spielen ineinander.

Der Begriff Gold steht in der deutschen Sprache immer für hohen Wert, ob im Zusammenhang mit Kohle, Marmor oder Whisky. Ist es das universelle Symbol für materiellen Reichtum?

Das dürfen Sie einen Juwelier nicht fragen. Für uns ist es zunächst mal ein Werkstoff, mit dem wir arbeiten.

Ist Gold für einen Juwelier tatsächlich so ein nüchterner Gegenstand?

Gelbgold hat schon die größte Sinnlichkeit. Wenn man anfängt, es zu modellieren und zu verarbeiten, dann hat es eine ganz andere Reflexion als ein weißes Material wie Platin oder Silber. Gold lebt mehr. Für das Auge ist es angenehmer, mit diesem Material zu arbeiten. Der warme Ton inspiriert mich mehr als die kühlere Anmutung eines weißen Materials. Zudem lässt sich Gold mit unseren Werkzeugen leichter verarbeiten als Platin. Deswegen ist auch das Weißgold entstanden, um die Farbe des Platins zu haben, es aber gleichzeitig so gut wie Gold verarbeiten zu können.

Gibt es Dinge, die nur mit reinem Gold herzustellen sind?

Es gibt Flächen, die wir mit einer Legierung mit einem 900er-Goldanteil beschlagen können, das kann man fast mit der Hand machen. Je niedriger der Goldanteil in der Legierung ist, desto spröder wird es jedoch. Unser Lieblingsgold ist das 750er mit 750 Anteilen Gold und 250 Anteilen an anderen Metallen, die je nach Farbe ausgewählt werden und die Farbe verändern. Am haltbarsten sind jedoch Stücke aus 900er-Gold.

Wie wichtig ist den Kunden der Goldanteil?

Da wird heute schon nachgefragt. Wenn so eine Kette 350 Gramm wiegt, dann ist der Goldanteil schon ein finanzieller Faktor.

Sie beobachten also den Goldpreis genau?

Berufsbedingt schon. Wir verarbeiten trotz der kleinen Größe unserer Manufaktur einige Kilo im Jahr. Wir haben zwar immer einen Vorrat da, aber große Lagerhaltung natürlich nicht. Wenn der Preis günstig ist für das Kilo, dann kaufe ich das auf dem Papier und bestelle dann, wenn ich sie brauche, die entsprechenden Mengen an Legierungen in der Scheideanstalt.

Der Kurs liegt inzwischen bei mehr als 900 US-Dollar. Macht Sie das nervös?

Ein Couturier hat Lieblingsstoffe, und ist nicht begeistert, wenn seine Materialien plötzlich 100 Prozent teurer sind. Im Gegensatz zu uns kann er aber auf andere Stoffe ausweichen. Für uns ist ein Goldpreis, der irgendwie vertretbar ist, am besten. Dann können wir freier arbeiten. Es gab ja schon eine Zeit in den Achtzigerjahren, als der Goldpreis sehr hoch war. Da gab es Hersteller, die haben ihr Unternehmen direkt verkauft, weil sich aufgrund ihres Warenlagers ihr Unternehmenswert in Kürze verdreifacht hatte. Heute werden Modelle gearbeitet und erst auf Abruf das Schmuckstück produziert, dadurch fällt die Lagerhaltung geringer aus.

Ist Schmuck als Wertanlage geeigneter als reines Gold?

Als normale Geldanlage ist das unverarbeitete Gold geeigneter. Ich habe aber keinen Goldbarren zu Hause liegen. Eine andere Geschichte ist es, wenn man die obersten Regionen im Schmuckbereich anschaut, wo es internationale Sammler gibt, die bereit sind, nicht nur Materialwert und Verarbeitung, sondern auch den künstlerischen Anteil zu honorieren. Dann geht es über den Namen, das Objekt. Dann übersteigt der Wert des Schmuckstücks den des Materialwerts erheblich.

Hohen Wert erhalten Schmuckstücke also erst durch eine aufwendige Verarbeitung. Sollten junge Menschen sich den Trauring also außergewöhnlich gestalten lassen?

Ganz im Gegenteil. Ein Ehering sollte für mich ganz schlicht sein, und das ist auch das beliebteste Modell. Ich finde den ganzen Schnickschnack, der um einen Trauring gemacht wird — mit Zacken hier und Streifen da — persönlich nicht so schön. Wenn er mit Stein sein soll, dann schlage ich meinen Kunden vor, ihn innen einzulassen. Der Goldreif, wie er vor 100 Jahren schon getragen wurde, vielleicht etwas flacher, vielleicht etwas breiter, das ist für mich der ideale Trauring.

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