Kaviarfarm Kritik an der Verwendung von Millionengeldern

Für den Bau der weltgrößten Kaviarfarm sammelte Caviar Creator Millionen Euro ein. An ihrer Verwendung regt sich zunehmend Kritik.

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Die Kaviarverkostung im Hamburger Hotel Vier Jahreszeiten hatte Stil: Erlesene Osietra-Sorten, die Restauranttafel unter Putten aus Stuck. Doch als sich die Jury an eine Dose der Firma Caviar Creator wagte, kippte die Stimmung abrupt. Der Kaviar, so urteilten die Experten, sei „kaum genießbar“ und zeichne sich vor allem durch eines aus: seinen „muffigen Geschmack“. Ähnlich beschrieben am Samstag vor einer Woche auch zahlreiche Anleger ihr Investment bei dem Unternehmen. Caviar Creator hatte zur Hauptversammlung ins nordrhein-westfälische Neuss geladen. Dabei ging es turbulent zu: Security-Männer bewachten den Eingang, einem Aktionär wurde der Zugang versperrt, ein Anwalt kurzerhand rausgeschmissen. Unternehmenschef Frank Schaefer wollte offenbar ungestört über seine alten Erfolge und neuen Börsenpläne plaudern. Mit dem Slogan „Unser Gold ist schwarz“ hat Schaefer in den vergangenen Jahren mehrere Millionen nichtbörsennotierte Aktien seiner Gesellschaft unter die Leute gebracht. Zusätzlich verkaufte das Unternehmen Fondsanteile zur Finanzierung der weltweit größten überdachten Kaviarfarm in der vorpommerschen Klein-stadt Demmin. Das Ziel: die globale Marktführerschaft in der Kaviarproduktion. Das Ziel ist in weiter Ferne, die Produktion in Demmin dümpelt dahin. Zuletzt hatte Schaefer die Staatsanwaltschaft Düsseldorf im Haus. Anfang Juli durchkämmten die Ermittler Büros des Unternehmens. Der Verdacht: Untreue und Betrug zum Nachteil der Kapitalanleger. Vorwürfe, die Schaefer weit von sich weist. Es könnten „keine Unregelmäßigkeiten festgestellt werden“. Womöglich sind dem 50-Jährigen auch nur die Maßstäbe verrutscht. Interne Dokumente, die der WirtschaftsWoche vorliegen, deuten jedenfalls darauf hin, dass ein Teil der Investorengelder in die privaten Kassen des Managers geflossen sein könnte. So ließ sich Schaefer in einem Vertrag mit der Caviar Creator Inc. vom 15. August 2002 „eine Provision von fünf Prozent, bezogen auf den Brutto-Umsatz (Einnahmen) aus sämtlichen Verkaufsaktivitäten der Unternehmensgruppe“ zusichern – inklusive Aktien- und Fondsverkäufen. Zusätzlich vereinbarte Schaefer Büros „in bester Lage“ und einen „Firmenwagen der Luxus-Klasse“. Auch Kreditkarten, die er im Unternehmensinteresse „nach eigenem Gutdünken einsetzen kann“, durften nicht fehlen. Ein erstaunliches Paket, denn im Emissionsprospekt heißt es: Die Mitglieder des Vorstandes erhalten „keine Vergütung“. Zu Details will sich das Unternehmen nicht äußern. Nur so viel: Der Vertrag „ist längst nicht mehr in Kraft“, an den Vorwürfen sei „nix dran“. Doch auch andere Unterlagen aus dem Rechnungswesen legen nahe, dass der Unternehmenschef seine privaten und geschäftlichen Ausgaben offenbar nicht allzu streng trennte. So finden sich unter dem Kontovermerk „Forderungen Frank Schaefer“ Buchungstexte wie „Schaefer Babysitter“ oder „Kaufhof Gläser“. Die Stellungnahme von Caviar Creator dazu: „Für eine Dienstwohnung muss man auch mal Einrichtungsgegenstände kaufen.“ Einige Mitglieder im Aufsichtsrat wollten dem Treiben offenbar nicht länger zusehen: Im Februar erklärten die Caviar-Creator-Kontrolleure Wolfgang Sendler und Heribert Keil ihren Rücktritt. In einem Brief an Schaefer schreiben sie: „Angesichts der finanziellen Situation der Firmengruppe (Kenntnisstand 3.02.2006) sehen wir uns daher gehalten, Sie sowie die Geschäftsführung vorsorglich aufzufordern, ggf. Insolvenzantrag zu stellen.“ Caviar Creator ficht auch das nicht an: Weder der Caviar Creator Inc. noch einem Tochterunternehmen habe jemals Insolvenz gedroht. Der Stör-Fall Kühne Pläne, hohe Verluste - Caviar Creator im Überblick Das Unternehmen: Caviar Creator Inc. wurde 2002 im US-Bundesstaat Oregon gegründet. Die Deutschlandzentrale sitzt in Düsseldorf. Die Idee: Während der Bestand an Wildstören seit Jahren sinkt, setzt das Unternehmen auf Störzucht in Fischfarmen. 2005 startete die erste Anlage in der Kleinstadt Demmin in Mecklenburg-Vorpommern. Die Prognosen: Von 2010 an will Caviar Creator jährlich mindestens 400 Tonnen Kaviar verkaufen - viermal so viel wie die wichtigsten Exportländer Russland und Iran zusammen. Die Finanzierung: Laut früheren Unternehmensangaben investierten rund 3500 private Anleger mehr als 30 Millionen Euro. Die Entwicklung: In den Jahren 2002 und 2003 verbuchte die Gruppe ein Minus von 5,5 Millionen Euro, für 2004 und 2005 rechneten Wirtschaftsprüfer mit Verlusten von mehr als 21 Millionen.

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