
Wenn schon technische Probleme, dann bitte nicht hinterher noch kleinlich sein: Das ist wohl die Linie von Rüdiger Grube, wenn es darum geht, den Image-Schaden der Klimaanlagen-Ausfälle zu begrenzen. Erst offerierte die Bahn allen Hitzeopfern einen Gutschein über 150 Prozent des Fahrpreises, dann sollten es sogar zusätzlich pro Fahrgast 500 Euro in bar Entschädigung sein. Zuletzt besserte Grube auch dieses Angebot noch einmal nach: Das Geld gibt es nun auch ohne ärztliches Attest. „Wir streiten uns da nicht“, sagt Grube.
Heute versuchte er, den politischen Brand zu löschen. Der Verkehrsausschuss, traditionell so etwas wie der Nebenaufsichtsrat der Staatstochter Bahn, hatte Grube und Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) trotz offiziell sitzungsfreier Zeit zu einem nicht-öffentlichen Treffen geladen, um Aufklärung zu bekommen, wer Schuld hat an Hitzechaos und kollabierten Klimaanlagen. Während sich Ramsauer zurück hielt, hatte Grube eine Menge erläutern.
Vorab hatte das Verkehrsministerium in einem Bericht die Klimaprobleme als moderat dargestellt. Dort heißt es: „Störungen bei den Klimaanlagen (sind) überwiegend kurzzeitige, durch eine zweitweise Überlastung der Anlagen im Bereich der Kältetechnik und der Energieversorgung verursachte Ausfälle. Dies sind in der Regel keine sicherheitsrelevanten Ereignisse, sondern lediglich komforteinschränkende Störungen“, so der Bericht.
Wartung wurde forciert
Grube lieferte dem Ausschuss dann eine Erklärung: Eine dem Wetter nicht angepasste Einstellung der Klimaanlagen bei der Druckkontrolle habe für die Ausfälle gesorgt. Aber, so Grube, der Fehler sei mittlerweile behoben. Der Bahn-Boss wies die Anschuldigungen nach mangelnder Wartung bei der Bahn zurück. Im Bericht des Ministeriums aber heißt es: „Die Mitarbeiter in den Werken wurden angewiesen, die Wartung und Instandhaltung der Klimaanlagen zu forcieren.“ Mehr Wartung schadet also offenbar nicht.
„Mich hat Grube nicht überzeugt“, sagte SPD-Verkehrsexperte Uwe Beckmeyer der WirtschaftsWoche. „Es gab ein vielschichtiges Technikversagen wegen offenkundig schlechter Wartung.“ Grube hatte hingegen bereits zuvor wiederholt auf mangelnde Qualität der gelieferten Züge verwiesen und so versucht, den Schwarzen Peter an die Industrie weiterzureichen.
Deren unmittelbare Konter ließ nicht lange auf sich warten. „Diesen Schuh ziehen wir uns nicht an“, sagte Hauptgeschäftsführer Ronald Pörner vom Bahnindustrieverband. Man sei von den Äußerungen „sehr überrascht“ und „irritiert“. Im Verkehrsministerium gibt es allerdings schon seit längerem Überlegungen, wie man mit einer Gesetzesänderung die Haftungspflichten bei Mängeln von der Bahn auf die Hersteller übertragen könnte.
FDP-Verkehrsexperte Patrick Döring – gleichzeitig Bahn-Aufsichtsrat – gab Grube nach der Sitzung eine Forderung mit auf den Weg. Er erwarte vom Unternehmen einen umfassenden Bericht, „in dem die Entwicklung der Wartungsintervalle und der Wartungsaufwendungen über die letzten Jahre aufgeschlüsselt wird. Wenn die Bahn das Vertrauen der Menschen behalten will, muss jetzt größtmögliche Transparenz geschaffen.“ Mit der, so finden einige Abgeordnete, hapert es bei der Bahn.
Was wird aus der Dividende?
Vor der Sitzung hatten sich alle Beteiligten noch einmal in Stellung gebracht. Am Morgen hatte Ramsauer seine Kritik am ehemaligen Bahn-Chef Mehdorn und dessen Börsenplänen bekräftigt. Um ein bestimmtes betriebswirtschaftliches Ergebnis zu erzielen, seien zahlreiche Kürzungen vorgenommen worden, sagte Ramsauer. Wohlgemerkt: Mehdorn, nicht Grube.
Direkt vor der Sitzung in Berlin hatte der grüne Verkehrsexperte Winfried Hermann eine bessere Schulung des Personals verlangt: „Die Bahn muss sich mehr Mühe geben beim Trainieren von Sonderfällen, von extremen Chaos-Situationen - dass die Zugbegleiter in Übungssituationen lernen, mit Notsituationen umzugehen“, forderte Hermann.
Herrmann war es auch, der einen Zusammenhang zwischen der Sparpolitik und der geplanten Dividendenabgabe herstellte. Ab 2011 will der Bund erstmals jährlich von der Staatstochter 500 Millionen Euro Dividende kassieren, um das Sparpaket zu erfüllen. Die Politik „hat sicher dazu beigetragen, dass die Bahn einen stark renditeorientierten Kurs gefahren hat zur Vorbereitung des Börsengangs“, sagte Hermann. Deshalb müsse man darüber sprechen, ob das Staatsunternehmen wie geplant die 500 Millionen Euro abführe oder die Bahn das Geld zur Modernisierung einsetzen könne.
Im Ausschuss spielte das Thema dann allerdings dem Vernehmen nach so gut wie gar keine Rolle mehr. Ramsauer verwies anschließend ausweichend auf die aktienrechtlichen Bestimmungen. Nach einem Machtwort des Eigentümers klang das nicht.