Konsumenten Kinder entscheiden über Milliarden

Ihr Einfluss auf das Konsumverhalten ist enorm: Kleinkinder entscheiden mit über Milliarden Euro der Familienbudgets. Deshalb werben viele Unternehmen zunehmend in Kindergärten.

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Bob der Baumeister

Wenn am 4. November im Münchner Hotel Bayerischer Hof die Anzugträger neckische Plüschfiguren am Revers tragen und überlebensgroße Disney-Figuren die Gäste in der Lobby ungefragt umarmen, dann trifft sich die Branche wieder zum jährlichen „Licensing Market“. 40 Unternehmen – von der Nürnberger Spielwarenmesse übers ZDF bis Walt Disney – verhandeln auf Deutschlands wichtigstem Branchentreffen, wer künftig wessen Figuren auf Tassen, Taschen und Turnschuhe pappen darf.

Das lukrative Geschäft zielt jetzt zunehmend auch auf die Drei- bis Sechsjährigen. Laut Marktforschern steigt ihr Einfluss aufs familiäre Budget, zudem sind sie die einzige völlig unkritische Zielgruppe.

Nur folgerichtig, dass die Unternehmen auf leisen Sohlen den Zugang in die Kindergärten suchen, denen es passenderweise auch noch an Geld fehlt. Wo von Anstrich bis Spielzeug der Mangel herrscht, sind Geschenke vom gesponserten Malblock bis zur Renovierung dank Super RTL inzwischen gern gesehen. Von Aurora’s Weihnachtsbäckerei über Elefanten-Schuhe, Freizeitparks, Lego-Bausteine und Lauras Stern, Schleich-Tiere bis Zapf-Puppen – Werbung für sie und viele andere liegt regelmäßig im Kindergarten aus, im Malheftchen zum Beispiel.

Süßigkeiten oder Zahnpasta

Das lohnt sich offenbar für die Werber: Auf 66 Prozent aller Einkäufe nehmen kleine Kinder aktiv Einfluss, so eine Studie von Ehapa Egmont, einem Verlag für Kinderzeitschriften. Dabei geht es nicht mehr nur um Süßigkeiten oder Zahnpasta: Über 50 Prozent der Erstkäufe in Supermarkt und Kaufhaus tütet der Nachwuchs ein.

Laut Studie betrachtet mehr als die Hälfte der Drei- bis Sechsjährigen die vielen Anzeigen, die in den Kinderzeitungen platziert sind, voller Interesse. Sehen und Habenwollen ist dabei für die Hälfte von ihnen nahezu ein einziger Impuls.

Zudem geben die Eltern diesem Reflex in keinem anderen Alter so schnell nach. Bei 72 Prozent der Wünsche musste Tochter oder Sohn nur Laut geben, und Mama parierte – gaben die von Marktforschern befragten Mütter an. „Dazu kommt, dass immer weniger Kinder auf immer mehr spendable Eltern, Verwandte und Freunde der Eltern treffen“, sagt Ralf Bauer, Marktforscher bei Ehapa.

Mehr als 91 Millionen Euro zahlten Unternehmen schon 2004, um die sogenannten Charakter-Lizenzen in Deutschland auf ihre Produkte zu kleben. Favoritin bei kleinen Mädchen ist derzeit die rosarote Prinzessin Lillifee. Die Mädchen identifizieren sich mit Figuren, die im Kreise von Freunden Alltagsgeschichten erleben und kleine Probleme lösen. Die Jungs stehen auf Bob den Baumeister und Pirat Sharky. Sie wollen Kerle, die Gefahren bestehen – von Bob bis Ritter Rost.

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