Konzern-Dynastie Die Henkels

Mit Persil legte Henkel den Grundstein seines erfolges. Inzwischen ist der Konzern auch größter Klebstoffhersteller der Welt und eine gelungene Synthese von Weltkonzern und Familienfirma.

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Persil gestern und heute Quelle: dpa

Er mischt die Chemikalien Perborat und Silikat. Und für den Namen seiner Mixtur setzt er Bestandteile aus beiden Wörtern zusammen: Persil. Der aus Hessen stammende Kaufmann Fritz Henkel legt 1876 in Aachen den Grundstein für den heute weltweit tätigen Konsumgüterhersteller Henkel. Schon zwei Jahre später verlegt er sein Werk wegen der besseren Verkehrsanbindung nach Düsseldorf. 1899 erschließt er den Standort im Stadtteil Holthausen, bis heute das weltweit größte Henkel-Werk.

Henkel ist Pionier im Marketing

Mit Henkel’s Bleichsoda landet er 1907 seinen ersten Volltreffer. Noch vor dem Ersten Weltkrieg beschert er der Welt das Waschmittel Persil. Produkt und Name verschmelzen, der Markenpionier setzt Meilensteine im Marketing.

Von Werbeplakaten und Zeitungsannoncen hält der „alte“ Fritz mehr als von demokratischen Strukturen und Gleichberechtigung. Seine drei Kinder Hugo, Fritz jun. und Emmy bilden den Ursprung der drei Stämme, die bis heute Einfluss auf das Unternehmen nehmen. Doch seine Söhne erben je 40 Prozent, seine Tochter nur 20 Prozent. Bis heute ist der Emmy-Zweig der kleinste und „ärmste“ der drei Stämme.

Keine Kompromisse

Mehr als 40 Jahre lang stellt Henkel ausschließlich Waschmittel her. Das ändert sich 1923: Noch Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs sind Klebstoffe, die Henkel zum Verschließen der Waschmittelpakete benötigt, schwer zu beschaffen. Deshalb geht das Unternehmen zur Eigenfabrikation über. Heute ist Henkel mit Marken wie Pritt, Pattex und Loctite der größte Klebstoffhersteller der Welt.

Weil die Henkel-Werke während des Zweiten Weltkriegs von größeren Zerstörungen verschont bleiben, kann das Unternehmen gleich nach Kriegsende mit der Produktion von Kosmetika und Körperpflegemitteln beginnen. Daraufhin lanciert Henkel zahlreiche Marken: 1951 Pril, 1954 Fa, 1958 Pattex.

Auch bei der Unternehmensführung macht Fritz keine Kompromisse. Er übergibt sie allein seinem Sohn Hugo, der sie wiederum seinem Sohn Jost vermacht. Weil Jost jedoch früh stirbt, kommt 1961 sein Bruder Konrad an die Spitze: der Patriarch, der Firmengeschichte schreibt.

Der Vorstandsvorsitzende des Quelle: AP

Konrad Henkel prägt das Unternehmen von 1961 bis 1980. Er treibt die Internationalisierung voran, wandelt das Unternehmen 1975 in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) um, und bringt es zehn Jahre später an die Börse. Seit 1996 gibt das Unternehmen stimmberechtigte Aktien aus, dabei stellt ein Aktienbindungsvertrag sicher, dass bis 2016 mindestens 52 Prozent der Stammaktien in der Familie bleiben. Damit behält die Familie das Sagen.

Getreu seinem Motto „Firma geht vor Familie“ sorgt Konrad Henkel aber auch dafür, dass es kein Geburtsrecht auf Führungspositionen bei Henkel gibt. Und tatsächlich ist nach ihm kein Familienmitglied mehr im Management tätig.

Allerdings können die Vorstandschefs nicht so unabhängig agieren wie ihre Kollegen anderer großer Publikumsgesellschaften. Zwar wurde die KGaA-Rechtsform, bei der Top-Manager unbegrenzt für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft hafteten, vor Jahresfrist in eine AG & Co. KGaA umgewandelt, bei der die AG die Haftung übernimmt. Der neue Konzernchef Kasper Rorsted muss also nicht mehr wie noch sein Vorgänger Ulrich Lehner mit seinem eigenen Vermögen geradestehen. Allerdings hat diese Konstruktion den Konzern in der Vergangenheit stets vor Hasardeuren an der Konzernspitze bewahrt.

Das Modell funktioniert

Doch der Vorstand wird neben dem Aufsichtsrat auch noch vom Gesellschafterausschuss kontrolliert, in dem fünf Henkel-Erben und fünf namhafte Wirtschaftsgrößen sitzen. In beiden Gremien hielt Patriarch Konrad Henkel bis zuletzt die Zügel fest in der Hand. Seit seinem Ausscheiden 1990 besetzt Albrecht Woeste den Posten des obersten Familienhüters. Ihm folgt nun Simone Bagel-Trah.

Ein Modell, das funktioniert. Henkel gehört zu den wenigen Konzernen, denen die Synthese von Weltkonzern und Familienunternehmen bisher gelungen ist. In 125 Ländern ist Henkel präsent. 80 Prozent der Erlöse werden im Ausland erzielt, 80 Prozent der Mitarbeiter arbeiten nicht in Deutschland.

Im April 1999 stirbt Konrad Henkel und vererbt seinen Anteil seinem Adoptivsohn Christoph, dem größten Einzelaktionär Henkels. Konrads Witwe Gabriele ist vor allem als Mäzenin bekannt und verantwortlich für die renommierte Kunstsammlung der Henkel-Werke. Sie zählt jedoch nicht zu den rund 80 Erben mit Anteilen am Unternehmen.

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