Korruption Deutschlands spektakulärste Bauskandale

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Die Ikea-Affäre: Bares vom Seniorchef

Negativ-Schlagzeilen für Quelle: dpa/dpaweb

Seit 2004 wühlen sich Frankfurter Staatsanwälte durch ein Dickicht illegaler Geldflüsse zulasten des Möbelkonzerns Ikea – und sind noch nicht fertig. Von ursprünglich 60 Ermittlungsverfahren laufen noch knapp 20. Aber im wesentlichen ist klar, dass die Schweden für den Neu- und Ausbau von Filialen in Deutschland seit 1999 zehn bis 15 Millionen Euro zuviel bezahlt haben. Vermutlich war der Schaden noch höher, denn das Geflecht von geschmierten Ikea-Mitarbeitern und schmierenden Auftragnehmern scheint schon seit Mitte der Achtzigerjahre Bestanden zu haben. Spinne im Netz war ein Bauleiter von Ikea Property. Dieser Hauptverdächtige nahm sich in der Untersuchungshaft das Leben, als klar wurde, dass er eine Haftstrafe nicht würde abwenden können, obwohl er den Ermittlern seine Schmiergeldkonten in Liechtenstein, Österreich und der Schweiz offengelegt hatte.

Aufgedeckt hatte das korrupte System eine Geliebte und Kollegin des Ikea-Managers. Seit sie bei der Staatsanwaltschaft ihr Gewissen erleichterte, stecken über ein Dutzend Bau- und Handwerksunternehmen im Affärensumpf. Das namhafteste: das heute 5.700 Mitarbeiter große bayrische Hightech-Bauunternehmens Max Bögl. Mindestens bei sechs Ikea-Aufträgen hatten Manager des Familienunternehmens von 2002 bis 2005 zuviel abgerechnet und Ikea-Leute geschmiert, damit die die überhöhten Rechnungen absegneten.

Schadenersatzforderungen weiter offen

Der damalige Geschäftsführer des Bögl-Bereichs Hochbau akzeptierte dafür 2007 einen Strafbefehl über 335.000 Euro und eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Seniorchef Johann Bögl zahlte 243.000 Euro - laut Strafbefehl hatte er zweimal sechsstellige Beträge in bar heraus gegeben, mit denen sein Hochbau-Chef Ikea-Leute bestach. Weitere Bögl-Leute kassierten Strafbefehle in fünfstelliger Höhe. Auch das Unternehmen selber musste blechen.

Die Staatsanwaltschaft erließ einen sogenannten Verfallsbescheid über fünf Millionen Euro und schöpfte damit Gewinne aus den illegal gewonnenen Aufträgen ab. Bögl überwies die Summe und entging so einem Eintrag ins Gewerbezentralregister, der das Unternehmen von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen hätte. Strafrechtlich war die Affäre für Bögl damit ohne öffentliche Verhandlung beigelegt. Doch als die Schmiergeschäfte aufflogen, bauten die Oberpfälzer gerade auf vier Ikea-Baustellen.

Von den Bögl-Forderungen behielt Ikea 2,5 Millionen Euro ein und forderte im Juni 2007 insgesamt 6,3 Millionen Euro Schadensersatz. Das Zivilverfahren dauert an. Einige Schadensersatzforderungen von Ikea gegen weitere Täter - auch die aus dem eigenen Unternehmen, die alle ihre Jobs bei Bögl verloren – sind ebenfalls zum Teil noch offen.

Bögl gehört mit gleich sechs Tochtergesellschaften nun dem Verein EMB-Wertemanagement der Bauwirtschaft an und schuf „korruptionsfeindliche Strukturen“.

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