Korruption in Unternehmen „Ein Fluch für die Volkswirtschaft“

Mehr als ein Drittel der deutschen Firmen war in jüngster Zeit Opfer von Wirtschaftskriminellen. Eine KPMG-Studie beziffert den Schaden auf 100 Milliarden Euro. Welche Fälle die Firmen am teuersten zu stehen kommen.

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Von Korruption sind vor allem große Unternehmen betroffen. Quelle: dpa

Düsseldorf Der Ford-Mitarbeiter führte ein schönes Leben. Besuche in guten Restaurants, teure Urlaube, aufwändiger Umbau des Hauses, eine Dauerkarte beim 1. FC Köln. Es fehlte an nichts. Allerdings konnte der Manager diese Annehmlichkeiten nicht aus dem eigenen Portemonnaie bezahlen. Er ließ sich von Zulieferern des Kölner Autoherstellers bestechen.

206 Fälle unrechtmäßiger Dienstleistungen, Sach- und Barzuwendungen listete die Anklage der Kölner Staatsanwaltschaft auf – im Gesamtwert von 738.000 Euro. Der Ford-Manager ließ sich etwa den Aufenthalt in einem Nobelhotel mit mehr als 7000 Euro bezahlen. Swimming-Pool und neue Fitnessausrüstung fürs Heim schlugen mit 90.000 Euro zu Buche.

Als Gegenleistung durften die Zulieferfirmen fingierte Rechnungen an Ford schreiben, über Aufträge, die schon längst ausgeführt waren oder die es nie gab. Es ging um Abbrucharbeiten, Neubauten auf dem Ford-Gelände oder Renovierungen. Doch die Bestechung flog auf: Im Sommer 2015 wurde der Ford-Manager zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sieben Monaten verurteilt.

Es war einer der aufsehenerregenden Fälle von Korruption im vergangenen Jahr – aber längst nicht der einzige. Eine am Dienstag vorgestellte Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG zeigt das Ausmaß der Wirtschaftskriminalität in Deutschland: 36 Prozent der Unternehmen waren in den vergangenen beiden Jahren Opfer krimineller Machenschaften. Das Marktforschungsinstitut TNS Emnid hat 500 deutsche Firmen im Auftrag von KPMG befragt.

Betrug und Untreue, wie sie Ford mit dem korrupten Manager erlebte, waren dabei die häufigsten Delikte, gefolgt von Diebstahl und Unterschlagung. Von Korruption sind vor allem die großen Unternehmen betroffen. Laut KPMG nahmen diese Fälle im vergangenen Jahr sprunghaft zu.

Das muss nicht unbedingt bedeuten, dass die Mitarbeiter korrupter geworden sind. Tatsächlich liegt der Anstieg auch daran, dass die Unternehmen wirksame Mechanismen zur Aufdeckung kriminellen Verhaltens geschaffen haben. Beispiele dafür sind die so genannten Whistleblower, die anonym Hinweise auf Fehlverhalten geben, sowie bessere interne Prüfverfahren.


Beziehungen zu Kunden und Geschäftspartnern leiden

„Der jährliche Schaden, der durch wirtschaftskriminelle Handlungen insgesamt entsteht, ist nach unserer Schätzung mittlerweile auf rund 100 Milliarden Euro angestiegen“, erläutert Alexander Geschonneck, Partner bei KPMG und Leiter des Bereichs Forensic. Er sieht Wirtschaftskriminalität als „Fluch für die Volkswirtschaft“.

Am teuersten kommen den Unternehmen die Folgen von aufgedeckten Preisabsprachen zu stehen. Die Kosten für Kartellrechtsverstöße bezifferten betroffene Unternehmen der Umfrage zufolge auf durchschnittlich 4,6 Millionen Euro. Korruption steht an zweiter Stelle, wenn es um materielle Schäden geht.

Die finanziellen Belastungen sind aber nicht die einzigen Folgen, wenn das Unternehmen Opfer von Wirtschaftskriminalität wird. Dies hat auch Auswirkungen auf die Beziehungen zu Kunden und Geschäftspartnern. In 38 Prozent der Fälle haben externe Partner die Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen an Bedingungen geknüpft, zeigt die KPMG-Studie. Verlangt werde eine schonungslose Aufklärung und der Aufbau eines Compliance-Systems, um weitere Fälle zu vermeiden.

Große Angst haben die Unternehmen mittlerweile vor dem Cybercrime, also dem Missbrauch und Diebstahl von Daten. Vier von fünf Befragten sehen darin ein hohes oder sehr hohes Risiko. Ein Viertel der von Kriminalität betroffenen Unternehmen hatte mit Fällen von Datendiebstahl und Datenmissbrauch zu tun.

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