Krankenhäuser Operation mit Garantie

Ein neues Abrechnungsmodell zwingt die Krankenhäuser zum Sparen - und wird die Kon-solidierungswelle beschleunigen.

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Menschenleere Flure, verlassene Betten, verwaiste Stationen – in der Universitätsklinik Greifswald wird kurz vor Weihnachten kaum noch geheilt. Die Klinikleitung hat beschlossen, den Krankenhausbetrieb mit 885 Betten in den letzten beiden Dezemberwochen auf ein Minimum zu reduzieren, nur Notfälle werden noch behandelt. Der Grund für die drastische Maßnahme: Bis Ende Oktober hat die Klinik in Mecklenburg-Vorpommern 1400 Patienten mehr behandelt als in ihrem Jahresbudget vorgesehen. Sie bekommt dafür von den gesetzlichen Krankenkassen aber nicht die Kosten in voller Höhe bezahlt, sondern nur 15 Prozent davon. So lautet die Logik des Systems der Krankenhausfinanzierung. Jeder zusätzlich zu behandelnde Kranke lässt das Defizit der Klinik von 2,7 Millionen Euro für 2002 weiter anschwellen. "Es geht gar nichts mehr", versichert Gunter Gotal, Verwaltungsdirektor der Greifswalder Klinik. Die rund 2000 deutschen Krankenhäuser stehen unter Druck. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hat Ärzten und Kliniken für das kommende Jahr eine Nullrunde bei den Einnahmen verordnet. Gleichzeitig fordert die Gewerkschaft Verdi drei Prozent mehr Lohn für die knapp eine Million Beschäftigten im Krankenhaussektor. Und ab Januar 2003 gilt für viele Kliniken ein neues Abrechnungsmodell, wonach sie pro Patient keinen Tagessatz mehr, sondern eine Fallpauschale erhalten. Das Verfahren wird vor allem wirtschaftlich schlecht geführte Hospitäler zu einem strikten Sparkurs zwingen. Oft wird aber auch das nicht reichen, um hohe Verluste zu vermeiden. Deshalb steht der Krankenhaussektor – da sind sich die Experten einig – vor einer größeren Konsolidierungs- und Privatisierungswelle. "Jede vierte Klinik wird bis 2010 schließen", schätzt Karl Lauterbach, Leiter des Kölner Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie. Klamme Städte, die ihr Hospital nicht dichtmachen wollen, suchen dann private Investoren. Der Marktanteil der privat geführten Kliniken, so eine Studie der Kölner Privatbank Sal. Oppenheim, wird sich von derzeit 7 Prozent auf 45 Prozent bis spätestens im Jahr 2020 erhöhen. Bereits kommendes Jahr können die Krankenhäuser das neue Abrechnungssystem "Diagnosis Related Groups" (DRG) freiwillig einführen. Ab 2004 ist es für alle verpflichtend. Bis Ende Oktober haben sich laut Bundesgesundheitsministerium 530 Kliniken zwischen Flensburg und Friedrichshafen gemeldet, die ab Januar mit dem Modell arbeiten wollen. Ministerin Schmidt nimmt sie dafür von der Nullrunde aus und belohnt die Vorreiter mit einer Steigerung ihres Budgets in Höhe von 0,8 Prozent. Nach dem DRG-Verfahren, das in andern Ländern wie Australien erfolgreich praktiziert wird, bezahlen die Krankenkassen künftig nur noch pauschale Preise für die Behandlung einzelner Krankheiten. So gibt es etwa in Hamburg, wo das System a bereits erprobt wird, für eine Mandeloperation 1121 Euro, für eine Nierensteinentfernung 4105 Euro und für eine Herztransplantation 45 851 Euro – unabhängig davon, wie lange der Patient in der Klinik liegt. Die Fallpauschalen revolutionieren das Abrechnungssystem. Bislang gilt die Tagessatz-Regelung: Je länger der Patient auf der Station liegt, desto mehr Geld für das Hospital. Deshalb werden die Kranken ein paar Tage vor der Operation einbestellt oder bevorzugt erst nach dem Wochenende als gesund entlassen. Das führt dazu, dass eine Blinddarmoperation in einem Haus mit 1500 Euro, in einem anderen dagegen mit dem doppelten Betrag vergütet wird. Kranke in Deutschland bleiben denn auch länger im Krankenhaus als in anderen Ländern. Während der deutsche Patient im Durchschnitt 9,4 Tage auf Station liegt, ist der Österreicher bereits nach 5,9 Tagen wieder zu Hause, der Schwede sogar nach nur 4,9 Tagen. Die langen Liegezeiten sind teuer: Die deutschen Krankenhäuser kassieren knapp 45 Milliarden Euro pro Jahr – das ist mit 32,4 Prozent der gesamten Ausgaben der größte Kostenblock für die gesetzlichen Krankenkassen. Während die Politiker und Kassen sich sinkende Kosten durch kürzere Verweildauern versprechen, macht die Medizinerlobby Front gegen das neue Abrechnungsverfahren. Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender der Ärzteorganisation Marburger Bund, spricht von einem "Menschenversuch mit 16,5 Millionen Patienten". Günther Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin, klagt: "Durch Fallpauschalen werden Kranke potenziell zu schnell behandelt und zu früh entlassen." Schon warnen die ersten Mediziner vor "blutigen Entlassungen", wenn frisch Operierte direkt nach der OP nach Hause geschickt werden. Dass zahlreiche Kliniken gegen DRG mobilmachen, verwundert kaum. Denn "die Probleme der öffentlichen Krankenhäuser werden durch die Fallpauschalen wie mit dem Vergrößerungsglas sichtbar", sagt Eugen Münch, Vorstandschef der privaten Klinikkette Rhön-Klinikum. Viele der öffentlichen Häuser arbeiten ineffizient; einige sind schon seit Jahren defizitär und ein Zuschussgeschäft für die Länder und Kommunen. Oftmals können die Hospitäler schon heute keine Rationalisierungsinvestitionen mehr finanzieren. Doch genau die werden mit Einführung der Fallpauschalen fällig: Denn wer überleben will, der muss seine Abläufe nach betriebswirtschaftlichen Kriterien optimieren und sich spezialisieren. Vor allem für mittlere und kleinere Kliniken in dünn besiedelten Gebieten, so Jürgen-Michael Gottinger von der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner, dürfte es eng werden: "Mittelfristig werden solche Krankenhäuser verschwinden oder in einen Verbund integriert." Größere Häuser dagegen können durch Spezialisierung Kosten sparen. Das erreichen sie – wie in der Industrie – durch hohe Patientenzahlen bei bestimmten Operationen. Wer häufig Gallensteine entfernt, wird routinierter und damit schneller, erhöht so die Erfolgsquote und senkt die Kosten. Wie das geht, hat der LBK Hamburg vorgemacht. Mitte der Neunzigerjahre war der Landesbetrieb Krankenhäuser ein Sanierungsfall, die Hansestadt wandelte ihn in einen eigenständig wirtschaftenden Betrieb um. Heute gilt der LBK Hamburg, der mit sieben Kliniken einen Umsatz von 750 Millionen Euro macht, als ein Vorbild für den Umbau des Krankenhauswesens. LBK-Chef Heinz Lohmann weiß, dass es "dazu keine Alternative gibt", weil sonst Medizin nur teurer, aber nicht besser werde. Der Krankenhausmanager trimmte die Klinikgruppe auf Effizienz: Bereits 1996 führten die Hamburger intern das DRG-System ein. Patientenferne Abteilungen vom Einkauf, Lagerhaltung bis hin zur Küche wurden in 25 Servicebetriebe und Tochtergesellschaften ausgelagert. Rund 5000 Mitarbeiter wechselten ihren Arbeitsplatz innerhalb des Konzerns, 3000 der insgesamt 16 000 Stellen fielen weg. "Wir sind pro Fall um 25 Prozent billiger geworden", erklärt der LBK-Chef. Lohmanns neuestes Projekt: Er testet die Operation mit Erfolgsgarantie. Für einzelne urologische Eingriffe hat die Klinikgruppe Vereinbarungen mit drei Krankenkassen geschlossen: Die Kassen bezahlen einen pauschalen Preis für jede Operation. Die Klinik versorgt die Patienten nach festgelegten Standards und übernimmt dann allerdings auch die Kosten, wenn innerhalb von drei Monaten eine Nachoperation nötig ist. Ein Novum in der Branche. Mit solch innovativen Modellen macht Lohmann seine Klinik fit für die 2003 anstehende Privatisierung. Der Hamburger Senat hat ein Konsortium unter Leitung von WestLB Panmure beauftragt, einen Investor für den Klinikkonzern zu suchen. "Der LBK soll nicht für eine Mark oder einen halben Euro verkauft werden", erklärt Lohmann das Ziel seines Sanierungskurs, sondern attraktiv für Kapitalgeber sein. Neben der LBK Hamburg gibt es derzeit eine Reihe von weiteren Privatisierungsvorhaben. So wollen die Städte Wuppertal und Gera ihre Kliniken verkaufen. Vor allem kleinere Kommunen schreiben – angesichts leerer Kassen – immer häufiger ihre Kliniken zur Privatisierung aus. "Derzeit gibt es so viele Übernahmekandidaten wie nie zuvor", beobachtet Rhön-Chef Münch. "Wir bekommen die Angebote bisweilen regelrecht aufgedrängt", sagt Elmar Willebrand, Hauptgeschäftsführer der Asklepios Kliniken GmbH. Knapp ein Dutzend private Anbieter betreiben bisher Akut-Krankenhäuser. Der größte unter ihnen ist die im MDax notierte Rhön-Klinikum AG mit 28 Häusern und einem voraussichtlichen Umsatz von 860 Millionen Euro in diesem Jahr. Die Helios Kliniken, Asklepios und die Sana Kliniken sind weitere größere Gruppen. Daneben gibt es kleinere Anbieter wie die börsennotierten Mediclin und Euromed. Seit der Übernahme der Wittgensteiner Kliniken im Mai 2001 expandiert auch der Gesundheitskonzern Fresenius in den Krankenhausbereich. Zwar wird ein Viertel der 2000 deutschen Krankenhäuser bereits privat betrieben (siehe Grafik), allerdings nur sieben Prozent der rund 550 000 Betten. Zuletzt war die Übernahme von Kliniken kein allzu gutes Geschäft, denn die privaten Betreiber haben beim Kampf um die wenigen guten angebotenen Häuser "regelrecht die Preise nach oben getrieben", sagt Nikolaus Schumacher, Gesundheitsexperte bei A.T. Kearney. Doch "die Preise sinken", beobachtet Helios-Geschäftsführer Uwe Drechsel. Die Summe, die sein Haus für ein Krankenhaus zahlen will, hat sich von einem Euro pro Euro Klinikumsatz im vorigen Jahr auf 50 Cent halbiert. Trotz sinkender Preise werden künftig nicht alle Kliniken einen Käufer finden. Das liegt auch an den unterschiedlichen Interessen. Die Kommunen als Verkäufer wollen in der Regel so viele Jobs wie nur möglich erhalten. Oft wurden die Kliniken bereits in GmbHs umgewandelt und haben Bestandsgarantien und Kündigungsschutzklauseln mit den Betriebsräten abgeschlossen. "In solchen Fällen sagen wir nach dem ersten Blick in die Bücher oft: Hat keinen Zweck", sagt Rhön-Chef Münch, der derzeit regelmäßig den Kauf einer Akut-Klinik ablehnt. Denn um ein unrentables öffentliches Haus wieder profitabel zu machen, braucht ein privater Betreiber zwischen einem und drei Jahren. Sein Vorteil: Er kann die Personalkosten, die rund 70 Prozent der gesamten Betriebskosten ausmachen, anders kalkulieren. Während die öffentlichen Häuser nach dem überholten Bundesangestelltentarif (BAT) bezahlen müssen, schließen die Unternehmen günstigere Haustarifverträge ab. Die bringen ihnen Spielräume für die notwendigen Umstrukturierungen. So baut Marktführer Rhön seine Kliniken nach einem speziellen Pflegemodell um: Neben der Normal- und der Intensivstation gibt es eine "Low-Care"- und eine "Intermediate-Care"-Station, zwischen denen die Patienten je nach medizinischem Bedarf verlegt werden. Das spart Personal. Genau das schreckt aber die Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger der öffentlichen Krankenhäuser. Als 1999 das Land Mecklenburg-Vorpommern die Privatisierung der Uniklinik Greifswald in Erwägung zog, demonstrierten rund 1000 Mitarbeiter vor dem Schweriner Bildungsministerium. Mit Erfolg: Bis heute ist die Klinik eine Anstalt des öffentlichen Rechts – und steckt tief in der Finanzklemme.

Menschenleere Flure, verlassene Betten, verwaiste Stationen – in der Universitätsklinik Greifswald wird kurz vor Weihnachten kaum noch geheilt. Die Klinikleitung hat beschlossen, den Krankenhausbetrieb mit 885 Betten in den letzten beiden Dezemberwochen auf ein Minimum zu reduzieren, nur Notfälle werden noch behandelt. Der Grund für die drastische Maßnahme: Bis Ende Oktober hat die Klinik in Mecklenburg-Vorpommern 1400 Patienten mehr behandelt als in ihrem Jahresbudget vorgesehen. Sie bekommt dafür von den gesetzlichen Krankenkassen aber nicht die Kosten in voller Höhe bezahlt, sondern nur 15 Prozent davon. So lautet die Logik des Systems der Krankenhausfinanzierung. Jeder zusätzlich zu behandelnde Kranke lässt das Defizit der Klinik von 2,7 Millionen Euro für 2002 weiter anschwellen. "Es geht gar nichts mehr", versichert Gunter Gotal, Verwaltungsdirektor der Greifswalder Klinik. Die rund 2000 deutschen Krankenhäuser stehen unter Druck. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hat Ärzten und Kliniken für das kommende Jahr eine Nullrunde bei den Einnahmen verordnet. Gleichzeitig fordert die Gewerkschaft Verdi drei Prozent mehr Lohn für die knapp eine Million Beschäftigten im Krankenhaussektor. Und ab Januar 2003 gilt für viele Kliniken ein neues Abrechnungsmodell, wonach sie pro Patient keinen Tagessatz mehr, sondern eine Fallpauschale erhalten. Das Verfahren wird vor allem wirtschaftlich schlecht geführte Hospitäler zu einem strikten Sparkurs zwingen. Oft wird aber auch das nicht reichen, um hohe Verluste zu vermeiden. Deshalb steht der Krankenhaussektor – da sind sich die Experten einig – vor einer größeren Konsolidierungs- und Privatisierungswelle. "Jede vierte Klinik wird bis 2010 schließen", schätzt Karl Lauterbach, Leiter des Kölner Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie. Klamme Städte, die ihr Hospital nicht dichtmachen wollen, suchen dann private Investoren. Der Marktanteil der privat geführten Kliniken, so eine Studie der Kölner Privatbank Sal. Oppenheim, wird sich von derzeit 7 Prozent auf 45 Prozent bis spätestens im Jahr 2020 erhöhen. Bereits kommendes Jahr können die Krankenhäuser das neue Abrechnungssystem "Diagnosis Related Groups" (DRG) freiwillig einführen. Ab 2004 ist es für alle verpflichtend. Bis Ende Oktober haben sich laut Bundesgesundheitsministerium 530 Kliniken zwischen Flensburg und Friedrichshafen gemeldet, die ab Januar mit dem Modell arbeiten wollen. Ministerin Schmidt nimmt sie dafür von der Nullrunde aus und belohnt die Vorreiter mit einer Steigerung ihres Budgets in Höhe von 0,8 Prozent. Nach dem DRG-Verfahren, das in andern Ländern wie Australien erfolgreich praktiziert wird, bezahlen die Krankenkassen künftig nur noch pauschale Preise für die Behandlung einzelner Krankheiten. So gibt es etwa in Hamburg, wo das System a bereits erprobt wird, für eine Mandeloperation 1121 Euro, für eine Nierensteinentfernung 4105 Euro und für eine Herztransplantation 45 851 Euro – unabhängig davon, wie lange der Patient in der Klinik liegt. Die Fallpauschalen revolutionieren das Abrechnungssystem. Bislang gilt die Tagessatz-Regelung: Je länger der Patient auf der Station liegt, desto mehr Geld für das Hospital. Deshalb werden die Kranken ein paar Tage vor der Operation einbestellt oder bevorzugt erst nach dem Wochenende als gesund entlassen. Das führt dazu, dass eine Blinddarmoperation in einem Haus mit 1500 Euro, in einem anderen dagegen mit dem doppelten Betrag vergütet wird. Kranke in Deutschland bleiben denn auch länger im Krankenhaus als in anderen Ländern. Während der deutsche Patient im Durchschnitt 9,4 Tage auf Station liegt, ist der Österreicher bereits nach 5,9 Tagen wieder zu Hause, der Schwede sogar nach nur 4,9 Tagen. Die langen Liegezeiten sind teuer: Die deutschen Krankenhäuser kassieren knapp 45 Milliarden Euro pro Jahr – das ist mit 32,4 Prozent der gesamten Ausgaben der größte Kostenblock für die gesetzlichen Krankenkassen. Während die Politiker und Kassen sich sinkende Kosten durch kürzere Verweildauern versprechen, macht die Medizinerlobby Front gegen das neue Abrechnungsverfahren. Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender der Ärzteorganisation Marburger Bund, spricht von einem "Menschenversuch mit 16,5 Millionen Patienten". Günther Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin, klagt: "Durch Fallpauschalen werden Kranke potenziell zu schnell behandelt und zu früh entlassen." Schon warnen die ersten Mediziner vor "blutigen Entlassungen", wenn frisch Operierte direkt nach der OP nach Hause geschickt werden. Dass zahlreiche Kliniken gegen DRG mobilmachen, verwundert kaum. Denn "die Probleme der öffentlichen Krankenhäuser werden durch die Fallpauschalen wie mit dem Vergrößerungsglas sichtbar", sagt Eugen Münch, Vorstandschef der privaten Klinikkette Rhön-Klinikum. Viele der öffentlichen Häuser arbeiten ineffizient; einige sind schon seit Jahren defizitär und ein Zuschussgeschäft für die Länder und Kommunen. Oftmals können die Hospitäler schon heute keine Rationalisierungsinvestitionen mehr finanzieren. Doch genau die werden mit Einführung der Fallpauschalen fällig: Denn wer überleben will, der muss seine Abläufe nach betriebswirtschaftlichen Kriterien optimieren und sich spezialisieren. Vor allem für mittlere und kleinere Kliniken in dünn besiedelten Gebieten, so Jürgen-Michael Gottinger von der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner, dürfte es eng werden: "Mittelfristig werden solche Krankenhäuser verschwinden oder in einen Verbund integriert." Größere Häuser dagegen können durch Spezialisierung Kosten sparen. Das erreichen sie – wie in der Industrie – durch hohe Patientenzahlen bei bestimmten Operationen. Wer häufig Gallensteine entfernt, wird routinierter und damit schneller, erhöht so die Erfolgsquote und senkt die Kosten. Wie das geht, hat der LBK Hamburg vorgemacht. Mitte der Neunzigerjahre war der Landesbetrieb Krankenhäuser ein Sanierungsfall, die Hansestadt wandelte ihn in einen eigenständig wirtschaftenden Betrieb um. Heute gilt der LBK Hamburg, der mit sieben Kliniken einen Umsatz von 750 Millionen Euro macht, als ein Vorbild für den Umbau des Krankenhauswesens. LBK-Chef Heinz Lohmann weiß, dass es "dazu keine Alternative gibt", weil sonst Medizin nur teurer, aber nicht besser werde. Der Krankenhausmanager trimmte die Klinikgruppe auf Effizienz: Bereits 1996 führten die Hamburger intern das DRG-System ein. Patientenferne Abteilungen vom Einkauf, Lagerhaltung bis hin zur Küche wurden in 25 Servicebetriebe und Tochtergesellschaften ausgelagert. Rund 5000 Mitarbeiter wechselten ihren Arbeitsplatz innerhalb des Konzerns, 3000 der insgesamt 16 000 Stellen fielen weg. "Wir sind pro Fall um 25 Prozent billiger geworden", erklärt der LBK-Chef. Lohmanns neuestes Projekt: Er testet die Operation mit Erfolgsgarantie. Für einzelne urologische Eingriffe hat die Klinikgruppe Vereinbarungen mit drei Krankenkassen geschlossen: Die Kassen bezahlen einen pauschalen Preis für jede Operation. Die Klinik versorgt die Patienten nach festgelegten Standards und übernimmt dann allerdings auch die Kosten, wenn innerhalb von drei Monaten eine Nachoperation nötig ist. Ein Novum in der Branche. Mit solch innovativen Modellen macht Lohmann seine Klinik fit für die 2003 anstehende Privatisierung. Der Hamburger Senat hat ein Konsortium unter Leitung von WestLB Panmure beauftragt, einen Investor für den Klinikkonzern zu suchen. "Der LBK soll nicht für eine Mark oder einen halben Euro verkauft werden", erklärt Lohmann das Ziel seines Sanierungskurs, sondern attraktiv für Kapitalgeber sein. Neben der LBK Hamburg gibt es derzeit eine Reihe von weiteren Privatisierungsvorhaben. So wollen die Städte Wuppertal und Gera ihre Kliniken verkaufen. Vor allem kleinere Kommunen schreiben – angesichts leerer Kassen – immer häufiger ihre Kliniken zur Privatisierung aus. "Derzeit gibt es so viele Übernahmekandidaten wie nie zuvor", beobachtet Rhön-Chef Münch. "Wir bekommen die Angebote bisweilen regelrecht aufgedrängt", sagt Elmar Willebrand, Hauptgeschäftsführer der Asklepios Kliniken GmbH. Knapp ein Dutzend private Anbieter betreiben bisher Akut-Krankenhäuser. Der größte unter ihnen ist die im MDax notierte Rhön-Klinikum AG mit 28 Häusern und einem voraussichtlichen Umsatz von 860 Millionen Euro in diesem Jahr. Die Helios Kliniken, Asklepios und die Sana Kliniken sind weitere größere Gruppen. Daneben gibt es kleinere Anbieter wie die börsennotierten Mediclin und Euromed. Seit der Übernahme der Wittgensteiner Kliniken im Mai 2001 expandiert auch der Gesundheitskonzern Fresenius in den Krankenhausbereich. Zwar wird ein Viertel der 2000 deutschen Krankenhäuser bereits privat betrieben (siehe Grafik), allerdings nur sieben Prozent der rund 550 000 Betten. Zuletzt war die Übernahme von Kliniken kein allzu gutes Geschäft, denn die privaten Betreiber haben beim Kampf um die wenigen guten angebotenen Häuser "regelrecht die Preise nach oben getrieben", sagt Nikolaus Schumacher, Gesundheitsexperte bei A.T. Kearney. Doch "die Preise sinken", beobachtet Helios-Geschäftsführer Uwe Drechsel. Die Summe, die sein Haus für ein Krankenhaus zahlen will, hat sich von einem Euro pro Euro Klinikumsatz im vorigen Jahr auf 50 Cent halbiert. Trotz sinkender Preise werden künftig nicht alle Kliniken einen Käufer finden. Das liegt auch an den unterschiedlichen Interessen. Die Kommunen als Verkäufer wollen in der Regel so viele Jobs wie nur möglich erhalten. Oft wurden die Kliniken bereits in GmbHs umgewandelt und haben Bestandsgarantien und Kündigungsschutzklauseln mit den Betriebsräten abgeschlossen. "In solchen Fällen sagen wir nach dem ersten Blick in die Bücher oft: Hat keinen Zweck", sagt Rhön-Chef Münch, der derzeit regelmäßig den Kauf einer Akut-Klinik ablehnt. Denn um ein unrentables öffentliches Haus wieder profitabel zu machen, braucht ein privater Betreiber zwischen einem und drei Jahren. Sein Vorteil: Er kann die Personalkosten, die rund 70 Prozent der gesamten Betriebskosten ausmachen, anders kalkulieren. Während die öffentlichen Häuser nach dem überholten Bundesangestelltentarif (BAT) bezahlen müssen, schließen die Unternehmen günstigere Haustarifverträge ab. Die bringen ihnen Spielräume für die notwendigen Umstrukturierungen. So baut Marktführer Rhön seine Kliniken nach einem speziellen Pflegemodell um: Neben der Normal- und der Intensivstation gibt es eine "Low-Care"- und eine "Intermediate-Care"-Station, zwischen denen die Patienten je nach medizinischem Bedarf verlegt werden. Das spart Personal. Genau das schreckt aber die Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger der öffentlichen Krankenhäuser. Als 1999 das Land Mecklenburg-Vorpommern die Privatisierung der Uniklinik Greifswald in Erwägung zog, demonstrierten rund 1000 Mitarbeiter vor dem Schweriner Bildungsministerium. Mit Erfolg: Bis heute ist die Klinik eine Anstalt des öffentlichen Rechts – und steckt tief in der Finanzklemme.

Menschenleere Flure, verlassene Betten, verwaiste Stationen – in der Universitätsklinik Greifswald wird kurz vor Weihnachten kaum noch geheilt. Die Klinikleitung hat beschlossen, den Krankenhausbetrieb mit 885 Betten in den letzten beiden Dezemberwochen auf ein Minimum zu reduzieren, nur Notfälle werden noch behandelt. Der Grund für die drastische Maßnahme: Bis Ende Oktober hat die Klinik in Mecklenburg-Vorpommern 1400 Patienten mehr behandelt als in ihrem Jahresbudget vorgesehen. Sie bekommt dafür von den gesetzlichen Krankenkassen aber nicht die Kosten in voller Höhe bezahlt, sondern nur 15 Prozent davon. So lautet die Logik des Systems der Krankenhausfinanzierung. Jeder zusätzlich zu behandelnde Kranke lässt das Defizit der Klinik von 2,7 Millionen Euro für 2002 weiter anschwellen. "Es geht gar nichts mehr", versichert Gunter Gotal, Verwaltungsdirektor der Greifswalder Klinik. Die rund 2000 deutschen Krankenhäuser stehen unter Druck. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hat Ärzten und Kliniken für das kommende Jahr eine Nullrunde bei den Einnahmen verordnet. Gleichzeitig fordert die Gewerkschaft Verdi drei Prozent mehr Lohn für die knapp eine Million Beschäftigten im Krankenhaussektor. Und ab Januar 2003 gilt für viele Kliniken ein neues Abrechnungsmodell, wonach sie pro Patient keinen Tagessatz mehr, sondern eine Fallpauschale erhalten. Das Verfahren wird vor allem wirtschaftlich schlecht geführte Hospitäler zu einem strikten Sparkurs zwingen. Oft wird aber auch das nicht reichen, um hohe Verluste zu vermeiden. Deshalb steht der Krankenhaussektor – da sind sich die Experten einig – vor einer größeren Konsolidierungs- und Privatisierungswelle. "Jede vierte Klinik wird bis 2010 schließen", schätzt Karl Lauterbach, Leiter des Kölner Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie. Klamme Städte, die ihr Hospital nicht dichtmachen wollen, suchen dann private Investoren. Der Marktanteil der privat geführten Kliniken, so eine Studie der Kölner Privatbank Sal. Oppenheim, wird sich von derzeit 7 Prozent auf 45 Prozent bis spätestens im Jahr 2020 erhöhen. Bereits kommendes Jahr können die Krankenhäuser das neue Abrechnungssystem "Diagnosis Related Groups" (DRG) freiwillig einführen. Ab 2004 ist es für alle verpflichtend. Bis Ende Oktober haben sich laut Bundesgesundheitsministerium 530 Kliniken zwischen Flensburg und Friedrichshafen gemeldet, die ab Januar mit dem Modell arbeiten wollen. Ministerin Schmidt nimmt sie dafür von der Nullrunde aus und belohnt die Vorreiter mit einer Steigerung ihres Budgets in Höhe von 0,8 Prozent. Nach dem DRG-Verfahren, das in andern Ländern wie Australien erfolgreich praktiziert wird, bezahlen die Krankenkassen künftig nur noch pauschale Preise für die Behandlung einzelner Krankheiten. So gibt es etwa in Hamburg, wo das System a bereits erprobt wird, für eine Mandeloperation 1121 Euro, für eine Nierensteinentfernung 4105 Euro und für eine Herztransplantation 45 851 Euro – unabhängig davon, wie lange der Patient in der Klinik liegt. Die Fallpauschalen revolutionieren das Abrechnungssystem. Bislang gilt die Tagessatz-Regelung: Je länger der Patient auf der Station liegt, desto mehr Geld für das Hospital. Deshalb werden die Kranken ein paar Tage vor der Operation einbestellt oder bevorzugt erst nach dem Wochenende als gesund entlassen. Das führt dazu, dass eine Blinddarmoperation in einem Haus mit 1500 Euro, in einem anderen dagegen mit dem doppelten Betrag vergütet wird. Kranke in Deutschland bleiben denn auch länger im Krankenhaus als in anderen Ländern. Während der deutsche Patient im Durchschnitt 9,4 Tage auf Station liegt, ist der Österreicher bereits nach 5,9 Tagen wieder zu Hause, der Schwede sogar nach nur 4,9 Tagen. Die langen Liegezeiten sind teuer: Die deutschen Krankenhäuser kassieren knapp 45 Milliarden Euro pro Jahr – das ist mit 32,4 Prozent der gesamten Ausgaben der größte Kostenblock für die gesetzlichen Krankenkassen. Während die Politiker und Kassen sich sinkende Kosten durch kürzere Verweildauern versprechen, macht die Medizinerlobby Front gegen das neue Abrechnungsverfahren. Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender der Ärzteorganisation Marburger Bund, spricht von einem "Menschenversuch mit 16,5 Millionen Patienten". Günther Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin, klagt: "Durch Fallpauschalen werden Kranke potenziell zu schnell behandelt und zu früh entlassen." Schon warnen die ersten Mediziner vor "blutigen Entlassungen", wenn frisch Operierte direkt nach der OP nach Hause geschickt werden. Dass zahlreiche Kliniken gegen DRG mobilmachen, verwundert kaum. Denn "die Probleme der öffentlichen Krankenhäuser werden durch die Fallpauschalen wie mit dem Vergrößerungsglas sichtbar", sagt Eugen Münch, Vorstandschef der privaten Klinikkette Rhön-Klinikum. Viele der öffentlichen Häuser arbeiten ineffizient; einige sind schon seit Jahren defizitär und ein Zuschussgeschäft für die Länder und Kommunen. Oftmals können die Hospitäler schon heute keine Rationalisierungsinvestitionen mehr finanzieren. Doch genau die werden mit Einführung der Fallpauschalen fällig: Denn wer überleben will, der muss seine Abläufe nach betriebswirtschaftlichen Kriterien optimieren und sich spezialisieren. Vor allem für mittlere und kleinere Kliniken in dünn besiedelten Gebieten, so Jürgen-Michael Gottinger von der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner, dürfte es eng werden: "Mittelfristig werden solche Krankenhäuser verschwinden oder in einen Verbund integriert." Größere Häuser dagegen können durch Spezialisierung Kosten sparen. Das erreichen sie – wie in der Industrie – durch hohe Patientenzahlen bei bestimmten Operationen. Wer häufig Gallensteine entfernt, wird routinierter und damit schneller, erhöht so die Erfolgsquote und senkt die Kosten. Wie das geht, hat der LBK Hamburg vorgemacht. Mitte der Neunzigerjahre war der Landesbetrieb Krankenhäuser ein Sanierungsfall, die Hansestadt wandelte ihn in einen eigenständig wirtschaftenden Betrieb um. Heute gilt der LBK Hamburg, der mit sieben Kliniken einen Umsatz von 750 Millionen Euro macht, als ein Vorbild für den Umbau des Krankenhauswesens. LBK-Chef Heinz Lohmann weiß, dass es "dazu keine Alternative gibt", weil sonst Medizin nur teurer, aber nicht besser werde. Der Krankenhausmanager trimmte die Klinikgruppe auf Effizienz: Bereits 1996 führten die Hamburger intern das DRG-System ein. Patientenferne Abteilungen vom Einkauf, Lagerhaltung bis hin zur Küche wurden in 25 Servicebetriebe und Tochtergesellschaften ausgelagert. Rund 5000 Mitarbeiter wechselten ihren Arbeitsplatz innerhalb des Konzerns, 3000 der insgesamt 16 000 Stellen fielen weg. "Wir sind pro Fall um 25 Prozent billiger geworden", erklärt der LBK-Chef. Lohmanns neuestes Projekt: Er testet die Operation mit Erfolgsgarantie. Für einzelne urologische Eingriffe hat die Klinikgruppe Vereinbarungen mit drei Krankenkassen geschlossen: Die Kassen bezahlen einen pauschalen Preis für jede Operation. Die Klinik versorgt die Patienten nach festgelegten Standards und übernimmt dann allerdings auch die Kosten, wenn innerhalb von drei Monaten eine Nachoperation nötig ist. Ein Novum in der Branche. Mit solch innovativen Modellen macht Lohmann seine Klinik fit für die 2003 anstehende Privatisierung. Der Hamburger Senat hat ein Konsortium unter Leitung von WestLB Panmure beauftragt, einen Investor für den Klinikkonzern zu suchen. "Der LBK soll nicht für eine Mark oder einen halben Euro verkauft werden", erklärt Lohmann das Ziel seines Sanierungskurs, sondern attraktiv für Kapitalgeber sein. Neben der LBK Hamburg gibt es derzeit eine Reihe von weiteren Privatisierungsvorhaben. So wollen die Städte Wuppertal und Gera ihre Kliniken verkaufen. Vor allem kleinere Kommunen schreiben – angesichts leerer Kassen – immer häufiger ihre Kliniken zur Privatisierung aus. "Derzeit gibt es so viele Übernahmekandidaten wie nie zuvor", beobachtet Rhön-Chef Münch. "Wir bekommen die Angebote bisweilen regelrecht aufgedrängt", sagt Elmar Willebrand, Hauptgeschäftsführer der Asklepios Kliniken GmbH. Knapp ein Dutzend private Anbieter betreiben bisher Akut-Krankenhäuser. Der größte unter ihnen ist die im MDax notierte Rhön-Klinikum AG mit 28 Häusern und einem voraussichtlichen Umsatz von 860 Millionen Euro in diesem Jahr. Die Helios Kliniken, Asklepios und die Sana Kliniken sind weitere größere Gruppen. Daneben gibt es kleinere Anbieter wie die börsennotierten Mediclin und Euromed. Seit der Übernahme der Wittgensteiner Kliniken im Mai 2001 expandiert auch der Gesundheitskonzern Fresenius in den Krankenhausbereich. Zwar wird ein Viertel der 2000 deutschen Krankenhäuser bereits privat betrieben (siehe Grafik), allerdings nur sieben Prozent der rund 550 000 Betten. Zuletzt war die Übernahme von Kliniken kein allzu gutes Geschäft, denn die privaten Betreiber haben beim Kampf um die wenigen guten angebotenen Häuser "regelrecht die Preise nach oben getrieben", sagt Nikolaus Schumacher, Gesundheitsexperte bei A.T. Kearney. Doch "die Preise sinken", beobachtet Helios-Geschäftsführer Uwe Drechsel. Die Summe, die sein Haus für ein Krankenhaus zahlen will, hat sich von einem Euro pro Euro Klinikumsatz im vorigen Jahr auf 50 Cent halbiert. Trotz sinkender Preise werden künftig nicht alle Kliniken einen Käufer finden. Das liegt auch an den unterschiedlichen Interessen. Die Kommunen als Verkäufer wollen in der Regel so viele Jobs wie nur möglich erhalten. Oft wurden die Kliniken bereits in GmbHs umgewandelt und haben Bestandsgarantien und Kündigungsschutzklauseln mit den Betriebsräten abgeschlossen. "In solchen Fällen sagen wir nach dem ersten Blick in die Bücher oft: Hat keinen Zweck", sagt Rhön-Chef Münch, der derzeit regelmäßig den Kauf einer Akut-Klinik ablehnt. Denn um ein unrentables öffentliches Haus wieder profitabel zu machen, braucht ein privater Betreiber zwischen einem und drei Jahren. Sein Vorteil: Er kann die Personalkosten, die rund 70 Prozent der gesamten Betriebskosten ausmachen, anders kalkulieren. Während die öffentlichen Häuser nach dem überholten Bundesangestelltentarif (BAT) bezahlen müssen, schließen die Unternehmen günstigere Haustarifverträge ab. Die bringen ihnen Spielräume für die notwendigen Umstrukturierungen. So baut Marktführer Rhön seine Kliniken nach einem speziellen Pflegemodell um: Neben der Normal- und der Intensivstation gibt es eine "Low-Care"- und eine "Intermediate-Care"-Station, zwischen denen die Patienten je nach medizinischem Bedarf verlegt werden. Das spart Personal. Genau das schreckt aber die Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger der öffentlichen Krankenhäuser. Als 1999 das Land Mecklenburg-Vorpommern die Privatisierung der Uniklinik Greifswald in Erwägung zog, demonstrierten rund 1000 Mitarbeiter vor dem Schweriner Bildungsministerium. Mit Erfolg: Bis heute ist die Klinik eine Anstalt des öffentlichen Rechts – und steckt tief in der Finanzklemme.

Menschenleere Flure, verlassene Betten, verwaiste Stationen – in der Universitätsklinik Greifswald wird kurz vor Weihnachten kaum noch geheilt. Die Klinikleitung hat beschlossen, den Krankenhausbetrieb mit 885 Betten in den letzten beiden Dezemberwochen auf ein Minimum zu reduzieren, nur Notfälle werden noch behandelt. Der Grund für die drastische Maßnahme: Bis Ende Oktober hat die Klinik in Mecklenburg-Vorpommern 1400 Patienten mehr behandelt als in ihrem Jahresbudget vorgesehen. Sie bekommt dafür von den gesetzlichen Krankenkassen aber nicht die Kosten in voller Höhe bezahlt, sondern nur 15 Prozent davon. So lautet die Logik des Systems der Krankenhausfinanzierung. Jeder zusätzlich zu behandelnde Kranke lässt das Defizit der Klinik von 2,7 Millionen Euro für 2002 weiter anschwellen. "Es geht gar nichts mehr", versichert Gunter Gotal, Verwaltungsdirektor der Greifswalder Klinik. Die rund 2000 deutschen Krankenhäuser stehen unter Druck. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hat Ärzten und Kliniken für das kommende Jahr eine Nullrunde bei den Einnahmen verordnet. Gleichzeitig fordert die Gewerkschaft Verdi drei Prozent mehr Lohn für die knapp eine Million Beschäftigten im Krankenhaussektor. Und ab Januar 2003 gilt für viele Kliniken ein neues Abrechnungsmodell, wonach sie pro Patient keinen Tagessatz mehr, sondern eine Fallpauschale erhalten. Das Verfahren wird vor allem wirtschaftlich schlecht geführte Hospitäler zu einem strikten Sparkurs zwingen. Oft wird aber auch das nicht reichen, um hohe Verluste zu vermeiden. Deshalb steht der Krankenhaussektor – da sind sich die Experten einig – vor einer größeren Konsolidierungs- und Privatisierungswelle. "Jede vierte Klinik wird bis 2010 schließen", schätzt Karl Lauterbach, Leiter des Kölner Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie. Klamme Städte, die ihr Hospital nicht dichtmachen wollen, suchen dann private Investoren. Der Marktanteil der privat geführten Kliniken, so eine Studie der Kölner Privatbank Sal. Oppenheim, wird sich von derzeit 7 Prozent auf 45 Prozent bis spätestens im Jahr 2020 erhöhen. Bereits kommendes Jahr können die Krankenhäuser das neue Abrechnungssystem "Diagnosis Related Groups" (DRG) freiwillig einführen. Ab 2004 ist es für alle verpflichtend. Bis Ende Oktober haben sich laut Bundesgesundheitsministerium 530 Kliniken zwischen Flensburg und Friedrichshafen gemeldet, die ab Januar mit dem Modell arbeiten wollen. Ministerin Schmidt nimmt sie dafür von der Nullrunde aus und belohnt die Vorreiter mit einer Steigerung ihres Budgets in Höhe von 0,8 Prozent. Nach dem DRG-Verfahren, das in andern Ländern wie Australien erfolgreich praktiziert wird, bezahlen die Krankenkassen künftig nur noch pauschale Preise für die Behandlung einzelner Krankheiten. So gibt es etwa in Hamburg, wo das System a bereits erprobt wird, für eine Mandeloperation 1121 Euro, für eine Nierensteinentfernung 4105 Euro und für eine Herztransplantation 45 851 Euro – unabhängig davon, wie lange der Patient in der Klinik liegt. Die Fallpauschalen revolutionieren das Abrechnungssystem. Bislang gilt die Tagessatz-Regelung: Je länger der Patient auf der Station liegt, desto mehr Geld für das Hospital. Deshalb werden die Kranken ein paar Tage vor der Operation einbestellt oder bevorzugt erst nach dem Wochenende als gesund entlassen. Das führt dazu, dass eine Blinddarmoperation in einem Haus mit 1500 Euro, in einem anderen dagegen mit dem doppelten Betrag vergütet wird. Kranke in Deutschland bleiben denn auch länger im Krankenhaus als in anderen Ländern. Während der deutsche Patient im Durchschnitt 9,4 Tage auf Station liegt, ist der Österreicher bereits nach 5,9 Tagen wieder zu Hause, der Schwede sogar nach nur 4,9 Tagen. Die langen Liegezeiten sind teuer: Die deutschen Krankenhäuser kassieren knapp 45 Milliarden Euro pro Jahr – das ist mit 32,4 Prozent der gesamten Ausgaben der größte Kostenblock für die gesetzlichen Krankenkassen. Während die Politiker und Kassen sich sinkende Kosten durch kürzere Verweildauern versprechen, macht die Medizinerlobby Front gegen das neue Abrechnungsverfahren. Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender der Ärzteorganisation Marburger Bund, spricht von einem "Menschenversuch mit 16,5 Millionen Patienten". Günther Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin, klagt: "Durch Fallpauschalen werden Kranke potenziell zu schnell behandelt und zu früh entlassen." Schon warnen die ersten Mediziner vor "blutigen Entlassungen", wenn frisch Operierte direkt nach der OP nach Hause geschickt werden. Dass zahlreiche Kliniken gegen DRG mobilmachen, verwundert kaum. Denn "die Probleme der öffentlichen Krankenhäuser werden durch die Fallpauschalen wie mit dem Vergrößerungsglas sichtbar", sagt Eugen Münch, Vorstandschef der privaten Klinikkette Rhön-Klinikum. Viele der öffentlichen Häuser arbeiten ineffizient; einige sind schon seit Jahren defizitär und ein Zuschussgeschäft für die Länder und Kommunen. Oftmals können die Hospitäler schon heute keine Rationalisierungsinvestitionen mehr finanzieren. Doch genau die werden mit Einführung der Fallpauschalen fällig: Denn wer überleben will, der muss seine Abläufe nach betriebswirtschaftlichen Kriterien optimieren und sich spezialisieren. Vor allem für mittlere und kleinere Kliniken in dünn besiedelten Gebieten, so Jürgen-Michael Gottinger von der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner, dürfte es eng werden: "Mittelfristig werden solche Krankenhäuser verschwinden oder in einen Verbund integriert." Größere Häuser dagegen können durch Spezialisierung Kosten sparen. Das erreichen sie – wie in der Industrie – durch hohe Patientenzahlen bei bestimmten Operationen. Wer häufig Gallensteine entfernt, wird routinierter und damit schneller, erhöht so die Erfolgsquote und senkt die Kosten. Wie das geht, hat der LBK Hamburg vorgemacht. Mitte der Neunzigerjahre war der Landesbetrieb Krankenhäuser ein Sanierungsfall, die Hansestadt wandelte ihn in einen eigenständig wirtschaftenden Betrieb um. Heute gilt der LBK Hamburg, der mit sieben Kliniken einen Umsatz von 750 Millionen Euro macht, als ein Vorbild für den Umbau des Krankenhauswesens. LBK-Chef Heinz Lohmann weiß, dass es "dazu keine Alternative gibt", weil sonst Medizin nur teurer, aber nicht besser werde. Der Krankenhausmanager trimmte die Klinikgruppe auf Effizienz: Bereits 1996 führten die Hamburger intern das DRG-System ein. Patientenferne Abteilungen vom Einkauf, Lagerhaltung bis hin zur Küche wurden in 25 Servicebetriebe und Tochtergesellschaften ausgelagert. Rund 5000 Mitarbeiter wechselten ihren Arbeitsplatz innerhalb des Konzerns, 3000 der insgesamt 16 000 Stellen fielen weg. "Wir sind pro Fall um 25 Prozent billiger geworden", erklärt der LBK-Chef. Lohmanns neuestes Projekt: Er testet die Operation mit Erfolgsgarantie. Für einzelne urologische Eingriffe hat die Klinikgruppe Vereinbarungen mit drei Krankenkassen geschlossen: Die Kassen bezahlen einen pauschalen Preis für jede Operation. Die Klinik versorgt die Patienten nach festgelegten Standards und übernimmt dann allerdings auch die Kosten, wenn innerhalb von drei Monaten eine Nachoperation nötig ist. Ein Novum in der Branche. Mit solch innovativen Modellen macht Lohmann seine Klinik fit für die 2003 anstehende Privatisierung. Der Hamburger Senat hat ein Konsortium unter Leitung von WestLB Panmure beauftragt, einen Investor für den Klinikkonzern zu suchen. "Der LBK soll nicht für eine Mark oder einen halben Euro verkauft werden", erklärt Lohmann das Ziel seines Sanierungskurs, sondern attraktiv für Kapitalgeber sein. Neben der LBK Hamburg gibt es derzeit eine Reihe von weiteren Privatisierungsvorhaben. So wollen die Städte Wuppertal und Gera ihre Kliniken verkaufen. Vor allem kleinere Kommunen schreiben – angesichts leerer Kassen – immer häufiger ihre Kliniken zur Privatisierung aus. "Derzeit gibt es so viele Übernahmekandidaten wie nie zuvor", beobachtet Rhön-Chef Münch. "Wir bekommen die Angebote bisweilen regelrecht aufgedrängt", sagt Elmar Willebrand, Hauptgeschäftsführer der Asklepios Kliniken GmbH. Knapp ein Dutzend private Anbieter betreiben bisher Akut-Krankenhäuser. Der größte unter ihnen ist die im MDax notierte Rhön-Klinikum AG mit 28 Häusern und einem voraussichtlichen Umsatz von 860 Millionen Euro in diesem Jahr. Die Helios Kliniken, Asklepios und die Sana Kliniken sind weitere größere Gruppen. Daneben gibt es kleinere Anbieter wie die börsennotierten Mediclin und Euromed. Seit der Übernahme der Wittgensteiner Kliniken im Mai 2001 expandiert auch der Gesundheitskonzern Fresenius in den Krankenhausbereich. Zwar wird ein Viertel der 2000 deutschen Krankenhäuser bereits privat betrieben (siehe Grafik), allerdings nur sieben Prozent der rund 550 000 Betten. Zuletzt war die Übernahme von Kliniken kein allzu gutes Geschäft, denn die privaten Betreiber haben beim Kampf um die wenigen guten angebotenen Häuser "regelrecht die Preise nach oben getrieben", sagt Nikolaus Schumacher, Gesundheitsexperte bei A.T. Kearney. Doch "die Preise sinken", beobachtet Helios-Geschäftsführer Uwe Drechsel. Die Summe, die sein Haus für ein Krankenhaus zahlen will, hat sich von einem Euro pro Euro Klinikumsatz im vorigen Jahr auf 50 Cent halbiert. Trotz sinkender Preise werden künftig nicht alle Kliniken einen Käufer finden. Das liegt auch an den unterschiedlichen Interessen. Die Kommunen als Verkäufer wollen in der Regel so viele Jobs wie nur möglich erhalten. Oft wurden die Kliniken bereits in GmbHs umgewandelt und haben Bestandsgarantien und Kündigungsschutzklauseln mit den Betriebsräten abgeschlossen. "In solchen Fällen sagen wir nach dem ersten Blick in die Bücher oft: Hat keinen Zweck", sagt Rhön-Chef Münch, der derzeit regelmäßig den Kauf einer Akut-Klinik ablehnt. Denn um ein unrentables öffentliches Haus wieder profitabel zu machen, braucht ein privater Betreiber zwischen einem und drei Jahren. Sein Vorteil: Er kann die Personalkosten, die rund 70 Prozent der gesamten Betriebskosten ausmachen, anders kalkulieren. Während die öffentlichen Häuser nach dem überholten Bundesangestelltentarif (BAT) bezahlen müssen, schließen die Unternehmen günstigere Haustarifverträge ab. Die bringen ihnen Spielräume für die notwendigen Umstrukturierungen. So baut Marktführer Rhön seine Kliniken nach einem speziellen Pflegemodell um: Neben der Normal- und der Intensivstation gibt es eine "Low-Care"- und eine "Intermediate-Care"-Station, zwischen denen die Patienten je nach medizinischem Bedarf verlegt werden. Das spart Personal. Genau das schreckt aber die Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger der öffentlichen Krankenhäuser. Als 1999 das Land Mecklenburg-Vorpommern die Privatisierung der Uniklinik Greifswald in Erwägung zog, demonstrierten rund 1000 Mitarbeiter vor dem Schweriner Bildungsministerium. Mit Erfolg: Bis heute ist die Klinik eine Anstalt des öffentlichen Rechts – und steckt tief in der Finanzklemme.

Menschenleere Flure, verlassene Betten, verwaiste Stationen – in der Universitätsklinik Greifswald wird kurz vor Weihnachten kaum noch geheilt. Die Klinikleitung hat beschlossen, den Krankenhausbetrieb mit 885 Betten in den letzten beiden Dezemberwochen auf ein Minimum zu reduzieren, nur Notfälle werden noch behandelt. Der Grund für die drastische Maßnahme: Bis Ende Oktober hat die Klinik in Mecklenburg-Vorpommern 1400 Patienten mehr behandelt als in ihrem Jahresbudget vorgesehen. Sie bekommt dafür von den gesetzlichen Krankenkassen aber nicht die Kosten in voller Höhe bezahlt, sondern nur 15 Prozent davon. So lautet die Logik des Systems der Krankenhausfinanzierung. Jeder zusätzlich zu behandelnde Kranke lässt das Defizit der Klinik von 2,7 Millionen Euro für 2002 weiter anschwellen. "Es geht gar nichts mehr", versichert Gunter Gotal, Verwaltungsdirektor der Greifswalder Klinik. Die rund 2000 deutschen Krankenhäuser stehen unter Druck. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hat Ärzten und Kliniken für das kommende Jahr eine Nullrunde bei den Einnahmen verordnet. Gleichzeitig fordert die Gewerkschaft Verdi drei Prozent mehr Lohn für die knapp eine Million Beschäftigten im Krankenhaussektor. Und ab Januar 2003 gilt für viele Kliniken ein neues Abrechnungsmodell, wonach sie pro Patient keinen Tagessatz mehr, sondern eine Fallpauschale erhalten. Das Verfahren wird vor allem wirtschaftlich schlecht geführte Hospitäler zu einem strikten Sparkurs zwingen. Oft wird aber auch das nicht reichen, um hohe Verluste zu vermeiden. Deshalb steht der Krankenhaussektor – da sind sich die Experten einig – vor einer größeren Konsolidierungs- und Privatisierungswelle. "Jede vierte Klinik wird bis 2010 schließen", schätzt Karl Lauterbach, Leiter des Kölner Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie. Klamme Städte, die ihr Hospital nicht dichtmachen wollen, suchen dann private Investoren. Der Marktanteil der privat geführten Kliniken, so eine Studie der Kölner Privatbank Sal. Oppenheim, wird sich von derzeit 7 Prozent auf 45 Prozent bis spätestens im Jahr 2020 erhöhen. Bereits kommendes Jahr können die Krankenhäuser das neue Abrechnungssystem "Diagnosis Related Groups" (DRG) freiwillig einführen. Ab 2004 ist es für alle verpflichtend. Bis Ende Oktober haben sich laut Bundesgesundheitsministerium 530 Kliniken zwischen Flensburg und Friedrichshafen gemeldet, die ab Januar mit dem Modell arbeiten wollen. Ministerin Schmidt nimmt sie dafür von der Nullrunde aus und belohnt die Vorreiter mit einer Steigerung ihres Budgets in Höhe von 0,8 Prozent. Nach dem DRG-Verfahren, das in andern Ländern wie Australien erfolgreich praktiziert wird, bezahlen die Krankenkassen künftig nur noch pauschale Preise für die Behandlung einzelner Krankheiten. So gibt es etwa in Hamburg, wo das System a bereits erprobt wird, für eine Mandeloperation 1121 Euro, für eine Nierensteinentfernung 4105 Euro und für eine Herztransplantation 45 851 Euro – unabhängig davon, wie lange der Patient in der Klinik liegt. Die Fallpauschalen revolutionieren das Abrechnungssystem. Bislang gilt die Tagessatz-Regelung: Je länger der Patient auf der Station liegt, desto mehr Geld für das Hospital. Deshalb werden die Kranken ein paar Tage vor der Operation einbestellt oder bevorzugt erst nach dem Wochenende als gesund entlassen. Das führt dazu, dass eine Blinddarmoperation in einem Haus mit 1500 Euro, in einem anderen dagegen mit dem doppelten Betrag vergütet wird. Kranke in Deutschland bleiben denn auch länger im Krankenhaus als in anderen Ländern. Während der deutsche Patient im Durchschnitt 9,4 Tage auf Station liegt, ist der Österreicher bereits nach 5,9 Tagen wieder zu Hause, der Schwede sogar nach nur 4,9 Tagen. Die langen Liegezeiten sind teuer: Die deutschen Krankenhäuser kassieren knapp 45 Milliarden Euro pro Jahr – das ist mit 32,4 Prozent der gesamten Ausgaben der größte Kostenblock für die gesetzlichen Krankenkassen. Während die Politiker und Kassen sich sinkende Kosten durch kürzere Verweildauern versprechen, macht die Medizinerlobby Front gegen das neue Abrechnungsverfahren. Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender der Ärzteorganisation Marburger Bund, spricht von einem "Menschenversuch mit 16,5 Millionen Patienten". Günther Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin, klagt: "Durch Fallpauschalen werden Kranke potenziell zu schnell behandelt und zu früh entlassen." Schon warnen die ersten Mediziner vor "blutigen Entlassungen", wenn frisch Operierte direkt nach der OP nach Hause geschickt werden. Dass zahlreiche Kliniken gegen DRG mobilmachen, verwundert kaum. Denn "die Probleme der öffentlichen Krankenhäuser werden durch die Fallpauschalen wie mit dem Vergrößerungsglas sichtbar", sagt Eugen Münch, Vorstandschef der privaten Klinikkette Rhön-Klinikum. Viele der öffentlichen Häuser arbeiten ineffizient; einige sind schon seit Jahren defizitär und ein Zuschussgeschäft für die Länder und Kommunen. Oftmals können die Hospitäler schon heute keine Rationalisierungsinvestitionen mehr finanzieren. Doch genau die werden mit Einführung der Fallpauschalen fällig: Denn wer überleben will, der muss seine Abläufe nach betriebswirtschaftlichen Kriterien optimieren und sich spezialisieren. Vor allem für mittlere und kleinere Kliniken in dünn besiedelten Gebieten, so Jürgen-Michael Gottinger von der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner, dürfte es eng werden: "Mittelfristig werden solche Krankenhäuser verschwinden oder in einen Verbund integriert." Größere Häuser dagegen können durch Spezialisierung Kosten sparen. Das erreichen sie – wie in der Industrie – durch hohe Patientenzahlen bei bestimmten Operationen. Wer häufig Gallensteine entfernt, wird routinierter und damit schneller, erhöht so die Erfolgsquote und senkt die Kosten. Wie das geht, hat der LBK Hamburg vorgemacht. Mitte der Neunzigerjahre war der Landesbetrieb Krankenhäuser ein Sanierungsfall, die Hansestadt wandelte ihn in einen eigenständig wirtschaftenden Betrieb um. Heute gilt der LBK Hamburg, der mit sieben Kliniken einen Umsatz von 750 Millionen Euro macht, als ein Vorbild für den Umbau des Krankenhauswesens. LBK-Chef Heinz Lohmann weiß, dass es "dazu keine Alternative gibt", weil sonst Medizin nur teurer, aber nicht besser werde. Der Krankenhausmanager trimmte die Klinikgruppe auf Effizienz: Bereits 1996 führten die Hamburger intern das DRG-System ein. Patientenferne Abteilungen vom Einkauf, Lagerhaltung bis hin zur Küche wurden in 25 Servicebetriebe und Tochtergesellschaften ausgelagert. Rund 5000 Mitarbeiter wechselten ihren Arbeitsplatz innerhalb des Konzerns, 3000 der insgesamt 16 000 Stellen fielen weg. "Wir sind pro Fall um 25 Prozent billiger geworden", erklärt der LBK-Chef. Lohmanns neuestes Projekt: Er testet die Operation mit Erfolgsgarantie. Für einzelne urologische Eingriffe hat die Klinikgruppe Vereinbarungen mit drei Krankenkassen geschlossen: Die Kassen bezahlen einen pauschalen Preis für jede Operation. Die Klinik versorgt die Patienten nach festgelegten Standards und übernimmt dann allerdings auch die Kosten, wenn innerhalb von drei Monaten eine Nachoperation nötig ist. Ein Novum in der Branche. Mit solch innovativen Modellen macht Lohmann seine Klinik fit für die 2003 anstehende Privatisierung. Der Hamburger Senat hat ein Konsortium unter Leitung von WestLB Panmure beauftragt, einen Investor für den Klinikkonzern zu suchen. "Der LBK soll nicht für eine Mark oder einen halben Euro verkauft werden", erklärt Lohmann das Ziel seines Sanierungskurs, sondern attraktiv für Kapitalgeber sein. Neben der LBK Hamburg gibt es derzeit eine Reihe von weiteren Privatisierungsvorhaben. So wollen die Städte Wuppertal und Gera ihre Kliniken verkaufen. Vor allem kleinere Kommunen schreiben – angesichts leerer Kassen – immer häufiger ihre Kliniken zur Privatisierung aus. "Derzeit gibt es so viele Übernahmekandidaten wie nie zuvor", beobachtet Rhön-Chef Münch. "Wir bekommen die Angebote bisweilen regelrecht aufgedrängt", sagt Elmar Willebrand, Hauptgeschäftsführer der Asklepios Kliniken GmbH. Knapp ein Dutzend private Anbieter betreiben bisher Akut-Krankenhäuser. Der größte unter ihnen ist die im MDax notierte Rhön-Klinikum AG mit 28 Häusern und einem voraussichtlichen Umsatz von 860 Millionen Euro in diesem Jahr. Die Helios Kliniken, Asklepios und die Sana Kliniken sind weitere größere Gruppen. Daneben gibt es kleinere Anbieter wie die börsennotierten Mediclin und Euromed. Seit der Übernahme der Wittgensteiner Kliniken im Mai 2001 expandiert auch der Gesundheitskonzern Fresenius in den Krankenhausbereich. Zwar wird ein Viertel der 2000 deutschen Krankenhäuser bereits privat betrieben (siehe Grafik), allerdings nur sieben Prozent der rund 550 000 Betten. Zuletzt war die Übernahme von Kliniken kein allzu gutes Geschäft, denn die privaten Betreiber haben beim Kampf um die wenigen guten angebotenen Häuser "regelrecht die Preise nach oben getrieben", sagt Nikolaus Schumacher, Gesundheitsexperte bei A.T. Kearney. Doch "die Preise sinken", beobachtet Helios-Geschäftsführer Uwe Drechsel. Die Summe, die sein Haus für ein Krankenhaus zahlen will, hat sich von einem Euro pro Euro Klinikumsatz im vorigen Jahr auf 50 Cent halbiert. Trotz sinkender Preise werden künftig nicht alle Kliniken einen Käufer finden. Das liegt auch an den unterschiedlichen Interessen. Die Kommunen als Verkäufer wollen in der Regel so viele Jobs wie nur möglich erhalten. Oft wurden die Kliniken bereits in GmbHs umgewandelt und haben Bestandsgarantien und Kündigungsschutzklauseln mit den Betriebsräten abgeschlossen. "In solchen Fällen sagen wir nach dem ersten Blick in die Bücher oft: Hat keinen Zweck", sagt Rhön-Chef Münch, der derzeit regelmäßig den Kauf einer Akut-Klinik ablehnt. Denn um ein unrentables öffentliches Haus wieder profitabel zu machen, braucht ein privater Betreiber zwischen einem und drei Jahren. Sein Vorteil: Er kann die Personalkosten, die rund 70 Prozent der gesamten Betriebskosten ausmachen, anders kalkulieren. Während die öffentlichen Häuser nach dem überholten Bundesangestelltentarif (BAT) bezahlen müssen, schließen die Unternehmen günstigere Haustarifverträge ab. Die bringen ihnen Spielräume für die notwendigen Umstrukturierungen. So baut Marktführer Rhön seine Kliniken nach einem speziellen Pflegemodell um: Neben der Normal- und der Intensivstation gibt es eine "Low-Care"- und eine "Intermediate-Care"-Station, zwischen denen die Patienten je nach medizinischem Bedarf verlegt werden. Das spart Personal. Genau das schreckt aber die Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger der öffentlichen Krankenhäuser. Als 1999 das Land Mecklenburg-Vorpommern die Privatisierung der Uniklinik Greifswald in Erwägung zog, demonstrierten rund 1000 Mitarbeiter vor dem Schweriner Bildungsministerium. Mit Erfolg: Bis heute ist die Klinik eine Anstalt des öffentlichen Rechts – und steckt tief in der Finanzklemme.

Menschenleere Flure, verlassene Betten, verwaiste Stationen – in der Universitätsklinik Greifswald wird kurz vor Weihnachten kaum noch geheilt. Die Klinikleitung hat beschlossen, den Krankenhausbetrieb mit 885 Betten in den letzten beiden Dezemberwochen auf ein Minimum zu reduzieren, nur Notfälle werden noch behandelt. Der Grund für die drastische Maßnahme: Bis Ende Oktober hat die Klinik in Mecklenburg-Vorpommern 1400 Patienten mehr behandelt als in ihrem Jahresbudget vorgesehen. Sie bekommt dafür von den gesetzlichen Krankenkassen aber nicht die Kosten in voller Höhe bezahlt, sondern nur 15 Prozent davon. So lautet die Logik des Systems der Krankenhausfinanzierung. Jeder zusätzlich zu behandelnde Kranke lässt das Defizit der Klinik von 2,7 Millionen Euro für 2002 weiter anschwellen. "Es geht gar nichts mehr", versichert Gunter Gotal, Verwaltungsdirektor der Greifswalder Klinik. Die rund 2000 deutschen Krankenhäuser stehen unter Druck. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hat Ärzten und Kliniken für das kommende Jahr eine Nullrunde bei den Einnahmen verordnet. Gleichzeitig fordert die Gewerkschaft Verdi drei Prozent mehr Lohn für die knapp eine Million Beschäftigten im Krankenhaussektor. Und ab Januar 2003 gilt für viele Kliniken ein neues Abrechnungsmodell, wonach sie pro Patient keinen Tagessatz mehr, sondern eine Fallpauschale erhalten. Das Verfahren wird vor allem wirtschaftlich schlecht geführte Hospitäler zu einem strikten Sparkurs zwingen. Oft wird aber auch das nicht reichen, um hohe Verluste zu vermeiden. Deshalb steht der Krankenhaussektor – da sind sich die Experten einig – vor einer größeren Konsolidierungs- und Privatisierungswelle. "Jede vierte Klinik wird bis 2010 schließen", schätzt Karl Lauterbach, Leiter des Kölner Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie. Klamme Städte, die ihr Hospital nicht dichtmachen wollen, suchen dann private Investoren. Der Marktanteil der privat geführten Kliniken, so eine Studie der Kölner Privatbank Sal. Oppenheim, wird sich von derzeit 7 Prozent auf 45 Prozent bis spätestens im Jahr 2020 erhöhen. Bereits kommendes Jahr können die Krankenhäuser das neue Abrechnungssystem "Diagnosis Related Groups" (DRG) freiwillig einführen. Ab 2004 ist es für alle verpflichtend. Bis Ende Oktober haben sich laut Bundesgesundheitsministerium 530 Kliniken zwischen Flensburg und Friedrichshafen gemeldet, die ab Januar mit dem Modell arbeiten wollen. Ministerin Schmidt nimmt sie dafür von der Nullrunde aus und belohnt die Vorreiter mit einer Steigerung ihres Budgets in Höhe von 0,8 Prozent. Nach dem DRG-Verfahren, das in andern Ländern wie Australien erfolgreich praktiziert wird, bezahlen die Krankenkassen künftig nur noch pauschale Preise für die Behandlung einzelner Krankheiten. So gibt es etwa in Hamburg, wo das System a bereits erprobt wird, für eine Mandeloperation 1121 Euro, für eine Nierensteinentfernung 4105 Euro und für eine Herztransplantation 45 851 Euro – unabhängig davon, wie lange der Patient in der Klinik liegt. Die Fallpauschalen revolutionieren das Abrechnungssystem. Bislang gilt die Tagessatz-Regelung: Je länger der Patient auf der Station liegt, desto mehr Geld für das Hospital. Deshalb werden die Kranken ein paar Tage vor der Operation einbestellt oder bevorzugt erst nach dem Wochenende als gesund entlassen. Das führt dazu, dass eine Blinddarmoperation in einem Haus mit 1500 Euro, in einem anderen dagegen mit dem doppelten Betrag vergütet wird. Kranke in Deutschland bleiben denn auch länger im Krankenhaus als in anderen Ländern. Während der deutsche Patient im Durchschnitt 9,4 Tage auf Station liegt, ist der Österreicher bereits nach 5,9 Tagen wieder zu Hause, der Schwede sogar nach nur 4,9 Tagen. Die langen Liegezeiten sind teuer: Die deutschen Krankenhäuser kassieren knapp 45 Milliarden Euro pro Jahr – das ist mit 32,4 Prozent der gesamten Ausgaben der größte Kostenblock für die gesetzlichen Krankenkassen. Während die Politiker und Kassen sich sinkende Kosten durch kürzere Verweildauern versprechen, macht die Medizinerlobby Front gegen das neue Abrechnungsverfahren. Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender der Ärzteorganisation Marburger Bund, spricht von einem "Menschenversuch mit 16,5 Millionen Patienten". Günther Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin, klagt: "Durch Fallpauschalen werden Kranke potenziell zu schnell behandelt und zu früh entlassen." Schon warnen die ersten Mediziner vor "blutigen Entlassungen", wenn frisch Operierte direkt nach der OP nach Hause geschickt werden. Dass zahlreiche Kliniken gegen DRG mobilmachen, verwundert kaum. Denn "die Probleme der öffentlichen Krankenhäuser werden durch die Fallpauschalen wie mit dem Vergrößerungsglas sichtbar", sagt Eugen Münch, Vorstandschef der privaten Klinikkette Rhön-Klinikum. Viele der öffentlichen Häuser arbeiten ineffizient; einige sind schon seit Jahren defizitär und ein Zuschussgeschäft für die Länder und Kommunen. Oftmals können die Hospitäler schon heute keine Rationalisierungsinvestitionen mehr finanzieren. Doch genau die werden mit Einführung der Fallpauschalen fällig: Denn wer überleben will, der muss seine Abläufe nach betriebswirtschaftlichen Kriterien optimieren und sich spezialisieren. Vor allem für mittlere und kleinere Kliniken in dünn besiedelten Gebieten, so Jürgen-Michael Gottinger von der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner, dürfte es eng werden: "Mittelfristig werden solche Krankenhäuser verschwinden oder in einen Verbund integriert." Größere Häuser dagegen können durch Spezialisierung Kosten sparen. Das erreichen sie – wie in der Industrie – durch hohe Patientenzahlen bei bestimmten Operationen. Wer häufig Gallensteine entfernt, wird routinierter und damit schneller, erhöht so die Erfolgsquote und senkt die Kosten. Wie das geht, hat der LBK Hamburg vorgemacht. Mitte der Neunzigerjahre war der Landesbetrieb Krankenhäuser ein Sanierungsfall, die Hansestadt wandelte ihn in einen eigenständig wirtschaftenden Betrieb um. Heute gilt der LBK Hamburg, der mit sieben Kliniken einen Umsatz von 750 Millionen Euro macht, als ein Vorbild für den Umbau des Krankenhauswesens. LBK-Chef Heinz Lohmann weiß, dass es "dazu keine Alternative gibt", weil sonst Medizin nur teurer, aber nicht besser werde. Der Krankenhausmanager trimmte die Klinikgruppe auf Effizienz: Bereits 1996 führten die Hamburger intern das DRG-System ein. Patientenferne Abteilungen vom Einkauf, Lagerhaltung bis hin zur Küche wurden in 25 Servicebetriebe und Tochtergesellschaften ausgelagert. Rund 5000 Mitarbeiter wechselten ihren Arbeitsplatz innerhalb des Konzerns, 3000 der insgesamt 16 000 Stellen fielen weg. "Wir sind pro Fall um 25 Prozent billiger geworden", erklärt der LBK-Chef. Lohmanns neuestes Projekt: Er testet die Operation mit Erfolgsgarantie. Für einzelne urologische Eingriffe hat die Klinikgruppe Vereinbarungen mit drei Krankenkassen geschlossen: Die Kassen bezahlen einen pauschalen Preis für jede Operation. Die Klinik versorgt die Patienten nach festgelegten Standards und übernimmt dann allerdings auch die Kosten, wenn innerhalb von drei Monaten eine Nachoperation nötig ist. Ein Novum in der Branche. Mit solch innovativen Modellen macht Lohmann seine Klinik fit für die 2003 anstehende Privatisierung. Der Hamburger Senat hat ein Konsortium unter Leitung von WestLB Panmure beauftragt, einen Investor für den Klinikkonzern zu suchen. "Der LBK soll nicht für eine Mark oder einen halben Euro verkauft werden", erklärt Lohmann das Ziel seines Sanierungskurs, sondern attraktiv für Kapitalgeber sein. Neben der LBK Hamburg gibt es derzeit eine Reihe von weiteren Privatisierungsvorhaben. So wollen die Städte Wuppertal und Gera ihre Kliniken verkaufen. Vor allem kleinere Kommunen schreiben – angesichts leerer Kassen – immer häufiger ihre Kliniken zur Privatisierung aus. "Derzeit gibt es so viele Übernahmekandidaten wie nie zuvor", beobachtet Rhön-Chef Münch. "Wir bekommen die Angebote bisweilen regelrecht aufgedrängt", sagt Elmar Willebrand, Hauptgeschäftsführer der Asklepios Kliniken GmbH. Knapp ein Dutzend private Anbieter betreiben bisher Akut-Krankenhäuser. Der größte unter ihnen ist die im MDax notierte Rhön-Klinikum AG mit 28 Häusern und einem voraussichtlichen Umsatz von 860 Millionen Euro in diesem Jahr. Die Helios Kliniken, Asklepios und die Sana Kliniken sind weitere größere Gruppen. Daneben gibt es kleinere Anbieter wie die börsennotierten Mediclin und Euromed. Seit der Übernahme der Wittgensteiner Kliniken im Mai 2001 expandiert auch der Gesundheitskonzern Fresenius in den Krankenhausbereich. Zwar wird ein Viertel der 2000 deutschen Krankenhäuser bereits privat betrieben (siehe Grafik), allerdings nur sieben Prozent der rund 550 000 Betten. Zuletzt war die Übernahme von Kliniken kein allzu gutes Geschäft, denn die privaten Betreiber haben beim Kampf um die wenigen guten angebotenen Häuser "regelrecht die Preise nach oben getrieben", sagt Nikolaus Schumacher, Gesundheitsexperte bei A.T. Kearney. Doch "die Preise sinken", beobachtet Helios-Geschäftsführer Uwe Drechsel. Die Summe, die sein Haus für ein Krankenhaus zahlen will, hat sich von einem Euro pro Euro Klinikumsatz im vorigen Jahr auf 50 Cent halbiert. Trotz sinkender Preise werden künftig nicht alle Kliniken einen Käufer finden. Das liegt auch an den unterschiedlichen Interessen. Die Kommunen als Verkäufer wollen in der Regel so viele Jobs wie nur möglich erhalten. Oft wurden die Kliniken bereits in GmbHs umgewandelt und haben Bestandsgarantien und Kündigungsschutzklauseln mit den Betriebsräten abgeschlossen. "In solchen Fällen sagen wir nach dem ersten Blick in die Bücher oft: Hat keinen Zweck", sagt Rhön-Chef Münch, der derzeit regelmäßig den Kauf einer Akut-Klinik ablehnt. Denn um ein unrentables öffentliches Haus wieder profitabel zu machen, braucht ein privater Betreiber zwischen einem und drei Jahren. Sein Vorteil: Er kann die Personalkosten, die rund 70 Prozent der gesamten Betriebskosten ausmachen, anders kalkulieren. Während die öffentlichen Häuser nach dem überholten Bundesangestelltentarif (BAT) bezahlen müssen, schließen die Unternehmen günstigere Haustarifverträge ab. Die bringen ihnen Spielräume für die notwendigen Umstrukturierungen. So baut Marktführer Rhön seine Kliniken nach einem speziellen Pflegemodell um: Neben der Normal- und der Intensivstation gibt es eine "Low-Care"- und eine "Intermediate-Care"-Station, zwischen denen die Patienten je nach medizinischem Bedarf verlegt werden. Das spart Personal. Genau das schreckt aber die Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger der öffentlichen Krankenhäuser. Als 1999 das Land Mecklenburg-Vorpommern die Privatisierung der Uniklinik Greifswald in Erwägung zog, demonstrierten rund 1000 Mitarbeiter vor dem Schweriner Bildungsministerium. Mit Erfolg: Bis heute ist die Klinik eine Anstalt des öffentlichen Rechts – und steckt tief in der Finanzklemme.

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