Lafontaine: "Eine neue Politik muss her!"

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Angesichts der jüngsten Erfahrungen in den USA ist es an der Zeit, das ideologische Vorurteil deutscher Ökonomen aufzugeben, in Zeiten der Globalisierung könne eine expansive Geld- und Fiskalpolitik nichts mehr bewirken. Sie wirkt noch zuverlässiger, wenn sie durch eine Lohnentwicklung ergänzt wird, die der Produktivität und Preissteigerung folgt. Die Irrlehre der Lohnzurückhaltung hat große wirtschaftliche Schäden angerichtet. Zwischen den Volkswirtschaften gilt: Wenn Lohndumping betrieben wird, verlieren alle. Ein einzelner Betrieb kann sich durch Lohnsenkungen Vorteile verschaffen, alle aber nicht. Im Kino kann ein Besucher seine Sicht verbessern, wenn er aufsteht. Wenn alle auf diese Weise besser sehen wollen, steht am Ende der ganze Saal.

Das Bestreben des Einzelnen, einen Vorteil zu erlangen, führt dazu, dass es allen am Ende schlechter geht. Der Trugschluss der Verallgemeinerung, der einzelwirtschaftlich vernünftiges Verhalten auf die ganze Volkswirtschaft überträgt, ist der Grundirrtum der neoliberalen Wirtschaftspolitik. Deshalb kann sie nicht funktionieren.

Und daher würde auch ein Regierungswechsel von Rot-Grün zu Schwarz-Gelb die deutsche Krankheit nur verschlimmern. Die SPD hat jetzt die Chance, einen radikalen Kurswechsel einzuleiten und die Synthese aus angelsächsischer Makropolitik und europäischer Sozialpolitik zu vollziehen. Wenn sie den Irrweg des Neoliberalismus verlässt und eine erfolgreiche Wirtschafts- und Sozialpolitik macht, dann wird sie Vertrauen, Mitglieder und Wähler zurückgewinnen.

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