Logistik Deutsche Post lernt nicht aus den Fehlern

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Gleichzeitig „fehlt oft der lokale Einschlag“, sagt Röper. Wenn etwa DHL mit Mercedes-Benz als exklusivem Logistik-Partner werbe, vermissen US-Patrioten die Affinität zu Amerika. Ebenso wichtig seien Manager mit „Wurzeln in den USA“, sagt Röper, damit die Mitarbeiter das Gefühl hätten: „It’s one of us.“ Auch das Lobbying vernachlässigen die Deutschen. Mit Spenden an Parteien und wohltätige Verbände kämpfen US-Firmen um Marktanteile und öffentliche Aufträge. Während DHL rund 300 000 Dollar pro Quartal spendete, gab der Konkurrent UPS gut fünfmal so viel.

Doch statt aus den Fehlern anderer zu lernen, gibt’s immer neue Niederlagen: Der Baukonzern Bilfinger Berger hat sich nach Akquisitionsversuchen und einem defizitären Brückenbau in Ohio vom US-Markt so gut wie verabschiedet: „Ursprünglich hatten wir das Ziel, dort eine bedeutende Marktposition zu erreichen. Das ist uns bisher aber nicht gelungen“, bekannte Vorstandschef Herbert Bodner.

Bei Adidas entwickelt sich der 2005 gefeierte Kauf des früheren Weltmarktführers Reebok aus Massachusetts zur Dauerbaustelle mit schwindendem Umsatz. Auch die Hoffnung des europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzerns EADS, Airbus-Jets und Militärausrüstung an die US Army zu verkaufen, werden wohl endgültig enttäuscht: Denn der US-Staat Illinois ist sowohl Heimatbasis des künftigen US-Präsidenten Barack Obama als auch des Airbus-Konkurrenten Boeing.

Die US-Tochter des Hamburger Otto-Konzerns, das Versandhaus Spiegel, ging 2001 sogar fast pleite: Zur Ankurbelung des Umsatzes hatte Spiegel über die hauseigene First Consumers National Bank massiv Kundenkredite vergeben und dann Mühe, die Schulden einzutreiben; Konzernchef Michael Otto – als Familienunternehmer an selektive Informationspolitik gewöhnt – behielt die Schieflage der börsennotierten Tochter lange für sich und geriet so ins Visier der Börsenaufsicht SEC. Der Milliardär zahlte 100 000 Dollar Strafe und hatte sich als ziemlich naiver Deutscher blamiert.

Auch andere bereuen es inzwischen, dass sie ihre Unternehmen prestigeträchtig an der US-Börse notieren ließen. Für Siemens etwa wird die Aufarbeitung der Korruptionsaffären viel schwieriger und teurer, weil dank der Börsenpräsenz die SEC-Aufseher bei der Aufklärung Regie führen.

Was Zumwinkel und Appel ins Verderben rennen ließ, war wohl eine Mischung aus Ignoranz und totaler Selbstüberschätzung. Die beiden ehemaligen McKinsey-Berater folgten blindlings ihrem Weltbild von der Machbarkeit des Erfolgs, ihrer Vision einer logistischen Weltmacht. Ein Express-Versender müsse auf allen Märkten präsent sein, lautete ihr Credo. Das US-Engagement sei „kein Abenteuer, sondern eine unerlässliche Voraussetzung für den weltweiten Erfolg in unserer Branche“, sagte Zumwinkel 2006.

Nun ist die DHL als Amerika-Gigant mausetot. Post mortem wirken die früheren Entscheidungen extrem stur. Im Jahr 2003 etwa rieten namhafte Investmentbanken vom Kauf des Kuriergeschäfts der US-Fluggesellschaft Airborne — dem Beginn des US-Abenteuers — ab. Airborne hätte man noch kurz zuvor gegen eine Jobgarantie für einen Dollar erwerben können. Die Post-Bosse wollten das nicht hören. Drei Jahre später griffen sie für 1,1 Milliarden Dollar bestgelaunt zu.

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