
Gut zweieinhalb Monate, nachdem der einst erfolgsverwöhnte ehemalige Boss von Hugo Boss beim Münchner Amtsgericht vorstellig wurde, um die Escada-Pleite offiziell zu machen, schlüpft die Familie des indischen Stahlbarons nun in die luxuriösen Fummel Made in Aschheim bei München, Mittals Schwiegertochter zieht ein in den Escada-Aufsichtsrat. Für die Klamotten jedoch ist weiter Sälzer zuständig.
Für Escada ist das eine gute Nachricht. Denn damit steht zunächst einmal fest, dass das tief in den roten Zahlen steckende Unternehmen nicht schon wieder einen Strategieschwenk mitmachen muss. Das ist gut für die rund 2200 Mitarbeiter, aber auch ein wichtiges Signal an die Kundinnen: Es geht weiter. Aber auch die Zuliefererbetrieb von Escada, die Stoffhersteller und Knopfproduzenten, sowie die weltweiten Edel-Kaufhäuser von Saks Fifth Avenue bis zu Corte Ingles wissen nun, woran sie sind. In diesen Tagen beginnt der Verkauf der neuen Kollektionen.
Sälzer und seine Truppe, die zu einem großen Teil aus ehemaligen Boss-Managern besteht, haben recht klare Vorstellungen davon, wo sie mit Escada hinwollen: Weg vom bräsigen Goldknopf-Image vergangener Tage, hin zu mehr Modernität und Eleganz; weg von der letztlich zu spitzen Positionierung im exklusiven, hochpreisigen Luxus-Segment, hin zu einer Öffnung der Marke für jüngere Zielgruppen.
Aktionäre schauen in die Röhre
Eine Garantie dafür, dass das klappt, kann niemand übernehmen. Escada macht Mode, und in dieser zu allererst dem Geschmack und der äußerst volatilen Stimmung der weltweiten Kundinnen ausgelieferten Branche gibt es keine Erfolgsversicherung. Mode lebt von Schwingungen, von den Images, die Kunden mit Kleidern und Klunkern verbinden. Im richtigen Moment den richtigen Ton zu spielen, darauf kommt es an. Sälzer hat nun die Chance dazu.
In die Röhre schauen dürften allerdings die Aktionäre, die im ersten Überschwang den Aktienkurs der im Prime Standard gelisteten Gesellschaft Freitag früh zeitweise um mehr als die Hälfte in die Höhe schießen ließen. Die Mittals übernehmen wohlweislich nicht die mit hohen Schulden und einer millionenschweren Anleihe belastete AG – sie kaufen die wesentlichen zum operativen Geschäftsbetrieb gehörenden Vermögensgegenstände, also die Markenrechte, die Produktionsstätten und die Vertriebsstruktur. Der bislang nicht bekannte Verkaufspreis kommt nun zunächst den Gläubigern zu gute – Aktienbesitzer bekommen allenfalls übrig bleibende Krümel.