Luxusprodukte Was Delikatessenhändler Dallmayr anders macht

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Grafik: Beliebtester Kaffee

Die Vielfalt scheint anzukommen. Im laufenden Jahr verzeichne Dallmayr eine „deutliche Absatzsteigerung“, teilt das Unternehmen mit. Allzu groß ist die Freude trotzdem nicht, denn Kaffee wird derzeit gnadenlos verramscht. Vom Durchschnittspreis von 3,46 Euro, die das Pfund Prodomo noch 2008 in Werbeaktionen kostete, ist der Preis zurzeit weit entfernt. Der Discounter Lidl etwa verlangte zuletzt 2,88 Euro pro Packung. Der Anstieg des Absatzes sei daher auch auf die Preiskämpfe im Lebensmittelhandel zurückzuführen, heißt es bei Dallmayr. Und Besserung ist nicht in Sicht: „Die Gespräche mit den Händlern werden von Jahr zu Jahr schwieriger“, klagt Mitinhaber Wille.

Ungemach droht aber nicht nur von der Handelsfront: Im Sommer 2008 durchsuchten Ermittler des Bundeskartellamts die Büros von Tchibo, Melitta und Dallmayr. Der Verdacht: unzulässige Preisabsprachen. Dallmayr will sich zwar nicht äußern. Klar ist aber, falls die Fahnder fündig wurden, dürften bald Bußgelder in Millionenhöhe drohen.

Bis vor Kurzem hätte das Automatengeschäft einiges abfangen können. In den Sechzigerjahren hatte Wille, damals noch Student, das Geschäftsfeld selbst aufgebaut. Heute ist Dallmayr Marktführer in Deutschland und betreibt insgesamt 50 000 Automaten in Europa und den Arabischen Emiraten – die meisten randvoll mit Snacks, Colaflaschen und Kaffee. Doch das Geschäft sei konjunkturanfällig. „Wenn weniger Mitarbeiter da sind, wird auch weniger Kaffee getrunken“, sagt Wille.

Ein paar Wachstumschancen werden ausgelotet

Lachs und Champagner sind dagegen gefragt wie eh und je. „Das Delikatessenhaus trotzt der Krise“, sagt Randlkofer, das Geschäft laufe „sehr stabil“. Doch wenn die Kasse stimmt, warum eröffnet er nicht Feinkostläden in ganz Deutschland? Oder verkauft unter eigenem Logo auch Dosensuppen und Pralinen im Einzelhandel? Michael Käfer, der andere Münchner Gourmetunternehmer, hat es schließlich vorgemacht. „Wir halten nichts von solchen Experimenten“, sagt Randlkofer. Die Qualität sei mit Filialsystem oder Lizenzprodukten kaum zu halten, und „das Schlimmste, was wir tun können, ist, unseren guten Namen aufs Spiel zu setzen“.

Nur in Japan, wo perfekte Imitate hoch im Kurs stehen, machen die Münchner eine Ausnahme. Dort betreibt der Kaufhauskonzern Takashimaya in Lizenz zwölf kleine Dallmayr-Shops, in denen Asiatinnen in blauen Blusen und weißen Schürzen deutsche Wurst und Marmeladen verkaufen. Ein paar Wachstumschancen versucht Dallmayr aber allen Qualitätsdünkeln zum Trotz auszuloten – den Online-Handel etwa. Oder den Catering-Bereich.

In der Küche ist die Hölle los. Aus dem Radio dröhnen Fetzen eines Songs der Brachialrocker Rammstein und vermischen sich mit Arbeitslärm. Geschirr klirrt, Spülmaschinen fauchen. Insgesamt 70 Köche hacken, schälen und putzen sich ihre Zutaten zurecht. Veranstaltungen mit bis zu 5000 Gästen seien kein Problem, sagt Catering-Chef Florian Hettler – egal, ob Staatsempfang oder Gala-Abend. 800 bis 1000 Veranstaltungen bekocht seine Crew jedes Jahr. Um den Nachschub muss sie sich keine Sorgen machen: Die Zutaten für all die Saiblingsröllchen und Lachs-türmchen holen sich die Köche „aus dem Erdgeschoss“, sagt Hettler.

Einzig der Sommelier des Hauses muss noch eine Etage tiefer. Über eine versteckte Treppe im Erdgeschoss geht es hinunter in den Weinkeller. Hinter einer schweren Holztür lagern die wahren Schätze: gut 1200 Flaschen. Darunter alte Bordeaux und Weine aus dem Burgund, ein Madeira Jahrgang 1830 oder ein Rüdesheimer Apostelwein aus dem Jahr 1729 – Millionenwerte. Viele Unternehmenschefs haben unter dem Kreuzgewölbe schon Weinproben genossen und Kenner echte Raritäten verkostet.

Nichts stört hier den Weingenuss, dem oft Bestellungen über mehrere Tausend Euro folgen. Kein Geschirr klappert wie in der Küche, keine Münzen klingen wie im Laden, kein Klavier klimpert wie in der Werbung. Der Rest ist Schwelgen.

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