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Marketing Italien: Joblotterie im Supermarkt

Während Deutschland noch Rabattmarken sammelt, hat eine italienische Supermarktkette eine neue Marketingidee geboren. Sie verlost Arbeitsplätze - nicht nur die Gewinner profitieren.

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Antonello Basci

Die Marketingaktion hat durchschlagenden Erfolg - soll auf jetzt aufs ganze Land ausgeweitet werden -, die Gewinner sind überglücklich, eine Supermarktkette freut sich über ein Umsatzplus von mehr als 20 Prozent und einen „unbezahlbaren Imagegewinn.“

Was ist passiert? Anstatt in Plüschtiere und Gläser steckt die sardische Supermarkt-Kooperative Centro Servizi & Distribuzione einen Teil ihre Werbeausgabe in neue Arbeitsplätze in ihren Läden. In Italien sorgt die Aktion zurzeit für Aufsehen. Jeden Monat machen mehrere hundertausend Kunden mit und wollen einen der begehrten Arbeitsplätze auf der strukturschwachen Insel.

Die Idee kam Generaldirektor Antonello Basciu beim Abendessen mit befreundeten Unternehmern, „während eines Schwätzchens“. Die Frau eines Pasta-Produzenten erzählte, sie kaufe "nur bei Leuten, die mir Arbeit geben“ - dort ein, wo die familieneigenen Nudeln vertrieben werden. Der Satz ging Basciu nicht aus dem Kopf. Anderthalb Jahre bastelte er mit einer ganzen „Horde von Beratern, Anwälten und Arbeitsmarktexperten“ daran, ihn auf die Supermärkte seiner Kooperative anzuwenden. Ein Projekt mit Hürden. „Selbst einfache Ideen werden durch italiensche Gesetze kompliziert.“ Im November 2009 startete in den 350 Sigma- und Despar-Supermärkten auf Sardinien die Aktion „Gewinne Deinen Arbeitsplatz“. Ab einem Einkauf für 30 Euro gibt es je eine Teilnahmekarte. Pro Monat werden vier Gewinner gezogen. Sie erhalten einen Arbeitsvertrag für ein Jahr oder können ihn an eine Person ihrer Wahl weitergeben.

Jeder dritte Jugendliche ohne Job

Die Resonanz ist überwältigend. Im November landen 183.000 Karten in den Teilnahmeboxen. Im Dezember 260.000. Die Januar-Zahlen liegen noch nicht vor. Rund zehn Karten hat Anna Maria Stura aus der Ortschaft Capras bei Orestino im Westen der Insel im November und Dezember in die Box geworfen. Am 15. Januar wurde eine gezogen. Im März wird ihr Sohn Andrea seinen Job im Supermarkt antreten.

„Das ist eine tolle Sache“, sagt Anna Maria. „Vorher macht er ein paar Tage lang eine Fortbildung und während des Jahres soll er auch noch Kurse machen können, etwa für die Fleischereiabteilung.“ Andrea studiert in Rom Design und steht kurz vor dem Diplom. Ob er glücklich ist über den Job, der rund 1000 Euro netto bringen soll? „Ja, sehr. Immerhin ist es ein Job. Und wenn er sich gut anstellt, so haben sie gesagt, kann er vielleicht bleiben.“ Sie hofft, dass er die fehlenden zwei Diplomprüfungen parallel zum neuen Job schafft.

Von der Werbeaktion ist sie begeistert. „Sehen Sie, wir haben so viele Leute hier, die Arbeit brauchen. Für die Jungen ist es besonders schlimm. Für sie gibt es auf Sardinien kaum Jobs. Entweder sie erfinden sich einen oder sie gehen weg.“ Offiziell liegt die Arbeitslosenquote auf Sardinien bei zwölf bis 13 Prozent, in der Altersklasse zwischen 15 und 24 Jahren bei mehr als 30 Prozent. Arbeiten kann man fast nur im öffentlichen Dienst oder bei kleinen Privatunternehmen. Industrie gibt es kaum. Derzeit machen eine geplante Werkschließung von Alcoa in der Nähe von Cagliari und der verzweifelte Kampf der Angestellten landesweit Schlagzeilen. Viele kleine Unternehmen und Geschäfte, so berichtet Stura, halten der Krise nicht Stand und schließen. „Der Tourismus könnte eine Chance sein, aber die Regierung und die Region legen uns Steine in den Weg.“

Sardinien ist ein Urlaubsparadies, besonders die weltberühmte Costa Smeralda, an der auch die Skandalvilla von Ministerpräsident Silvio Berlusconi liegt, zieht im Sommer die Reichen und Schönen aus aller Welt an. Die „Smaragd-Küste“ und die Inselgruppe der La Maddalena, wo im vergangenen Jahr der G8-Gipfel geplant war, gehören zu den schönsten Segelrevieren der Welt. Im Sommer kreutzen Heere von gecharterten Seglern neben den Luxusyachten der Reichen etwa der des russischen Oligarchen Roman Abramowitsch.

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