Mediale Sportereignis Fußball total!

„Die Weltmeisterschaft 2006 ist das größte mediale Sportereignis des Jahrzehnts“, sagte Gunter Struve, langjähriger Programmdirektor der ARD. Doch dieses Fußball-Megaereignis haben ARD und ZDF diesmal nicht mehr allein.

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HB DÜSSELDORF. Im Bezahlfernsehen steigt Premiere – der Sender verlor gerade seine Rechte für die Fußball-Bundesliga – groß ein. Der Pay-TV-Sender überträgt alle 64 Spiele, 18 davon exklusiv. Und mit dem Kauf der Sonntagsspiele durch RTL ist nun auch Bertelsmann mit von der Partie. Der Einstieg von Europas größtem Medienkonzern wird für die mediale Präsenz der WM positive Folgen haben. ARD und ZDF werden bei der WM 2006 maximal sieben Spiele der deutschen Nationalelf, das Eröffnungsspiel, alle Viertelfinal- sowie die beiden Halbfinale-Begegnungen, das Spiel um den dritten Platz und das Endspiel zeigen. Sicher sei die Übertragung von 48 WM-Begegnungen. Das 49. Spiel würde dann im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gezeigt, wenn die deutsche Mannschaft an einem Sonntag des zweiten Gruppenspieltags oder an einem Sonntag des Achtelfinales dabei sein sollte. Für die Öffentlich-Rechtlichen ist die WM ein exzellenter Nachweis für die eigene Bedeutsamkeit. Mit der Übertragung der Spiele festigen ARD und ZDF ihre in Europa einmalige Stellung als gebührenfinanzierte Fernsehunternehmen. Bei der Fußball-WM haben ARD und ZDF klug gehandelt. Die Übertragungsrechte für das größte deutsche Medienereignis gingen vor zwei Jahren zum Schnäppchenpreis an die Anstalten: Die Öffentlich-Rechtlichen haben die Rechte für 48 Spiele der Fußball-WM 2006 in Deutschland für weniger als 200 Mill. Euro erworben. Das berichteten Verhandlungskreise. „Die Zeiten der Mondpreise sind vorüber“, jubelte nach Vertragsunterzeichnung damals ein ARD-Sprecher. Sportrechtehändler waren hinter vorgehaltener Hand von knapp 300 Mill. Euro ausgegangen. Die erste Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland war günstig zu haben. ARD und ZDF zahlten 1974 gerade 18 Mill. Mark für die vollen Fernsehübertragungsrechte an die Fifa. Eine Programmminute kostete rund 630 Mark. Die letzte Weltmeisterschaft kam die Fernsehanstalten schon deutlich teurer. ARD und ZDF zahlten für 24 Spiele 112 Mill. Euro. Wenn es um Fußball geht, kennen ARD und ZDF keine Schmerzgrenze. Erst im Sommer des abgelaufenen Jahres haben sie sich auch die Übertragungsrechte für die Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika gesichert. Wie viel die Sender an den Weltfußballverband Fifa zahlen, bleibt offen. Branchenkreise sprechen von mindestens 180 Mill. Euro, die ARD und ZDF für das Paket geboten haben sollen. Fifa-Präsident Joseph Blatter erklärte viel sagend: „Die Zahlen sind enorm und beweisen, welchen Stellenwert der Fußball hat.“ Die hohen Summen für die Übertragungsrechte sind für die Sender über Werbeeinnahmen kaum zu finanzieren. Das gilt sowohl für die Bundesliga als auch die Weltmeisterschaft 2006. Bei der WM in Deutschland haben ARD und ZDF kaum Möglichkeiten, Werbegelder einzunehmen. Die meisten Spiele beginnen nach 20 Uhr – zu einer Zeit, in der die Öffentlich-Rechtlichen nicht mehr werben dürfen. Sonntags müssen sie sowieso auf Reklamespots per Gesetz verzichten. „Die finanzielle Unterdeckung ist also enorm“, bilanzierte Peter Christmann, Werbevorstand der Sendergruppe Pro Sieben Sat 1. Doch erst einmal freuen sich ARD und ZDF und die Zuschauer auf Fußball total. Mit der Weltmeisterschaft und der Bundesliga ist den Öffentlich-Rechtlichen eine Rekordquote im neuen Jahr so sicher wie das Amen in der Kirche. Das ist wichtig. Denn die Zuschauerquote zählt bei der Politik, die über die Gebührenmilliarden entscheidet. Die Rechnung im Draufzahlgeschäft Fußball wird erst nach dem Spiel aufgemacht – am liebsten hinter verschlossenen Türen. Denn an einer finanziellen Niederlage in aller Öffentlichkeit haben weder Sender noch Politiker Interesse.

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