Medienkonzern Dünne Luft bei Bertelsmann

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Im Juli verkaufte er einen Teil des Buchclubgeschäfts. Im August trennte sich Bertelsmann von der einzigen verbliebenen Glamoursparte, dem Musikgeschäft. Folge des Ausverkaufs: Bertelsmann rutschte mit zuletzt 16,1 Milliarden Euro Jahresumsatz unter den weltgrößten Medienkonzernen vom sechsten auf den siebten Rang ab.

Einen Strich durch die Wachstumspläne macht Ostrowski jetzt die Wirtschaftskrise. Im ersten Quartal 2009 sank der Umsatz von 3,8 auf 3,5 Milliarden Euro, der Konzern musste einen Verlust ausweisen. Die Krise trifft vor allem die Cash-Cow RTL: Da die Werbeumsätze einbrechen, liefert RTL deutlich weniger Gewinn ab. Auch der zweite große Umsatztreiber, die Industriesparte Arvato mit Druckgeschäft und Dienstleistungen, spürt die Krise.

Einerseits will Arvato-Chef Rolf Buch von sparwilligen Firmen profitieren, die Dienstleistungen auslagern. Arvato rechnet für den Internet-Riesen Google einen Großteil von dessen Umsätzen in Europa ab, ist Deutschlands größter Betreiber von Callcentern und organisiert für die Lufthansa das Vielfliegerprogramm Miles&More. Andererseits leidet Arvato unter Unternehmenspleiten – geht Woolworth in England in die Insolvenz, braucht der Billigkrämer Arvato nicht mehr als Vertriebspartner. Und wird ein Magazin wie „Vanity Fair“ eingestellt, fallen Druckaufträge weg.

Wachstum erst ab 2011

Frühestens 2011 rechnet Bertelsmann wieder mit Wachstum, dann sollen es vier Prozent sein. Ostrowskis Strategie auf dem Weg dahin besteht allenfalls aus kleinen Schritten. Angesichts der Schuldenlast von 6,7 Milliarden Euro ist mehr nicht drin. Immerhin stehen jedes Jahr noch eine gute Milliarde Euro für Investitionen bereit. Im Raum steht auch, dass Bertelsmann sich von einem Teil seiner 90-Prozent-Beteiligung an RTL trennen könnte, um den Erlös für Zukäufe zu nutzen.

Doch davon will Ostrowski derzeit nichts wissen – auch weil RTL-Anteile derzeit deutlich weniger einbrächten als vor Jahresfrist. Eher könne er sich eine Fusion oder Joint Ventures mit anderen Unternehmen vorstellen. In welche Richtung sich der Konzern wendet, welche neuen Felder er angehen will, ist derzeit nicht zu erkennen, bemängeln Kritiker.

Sparkurs birgt auch Risiken

Stattdessen ist Sparen angesagt, um den Ertrag zu steigern. So verzichtet der Vorstand auf die Boni und damit auf die Hälfte seiner Bezüge von zuletzt zusammen 22 Millionen Euro. Auch die 56 Abteilungsleiter müssen 2009 auf 8,4 Prozent des Gehalts verzichten. Selbst die Jubilare vom Druckhaus Mohn Media bekommen die traditionelle, nach Zugehörigkeit gestaffelte Sonderzahlung nicht – einer von 1500 Posten allein auf der Sparliste von Arvato-Chef Buch, die dieser möglichst früh noch 2009 abgearbeitet haben will.

Doch der Sparkurs birgt Risiken, die über Verstimmungen bei den Mitarbeitern hinausgehen. So wird die RTL Group vor allem beim Programm sparen. Zwar fallen auch Stellen weg: In Großbritannien beim Sender Five 90 von 350, in den Niederlanden sank die Zahl der Festangestellten um ein Viertel auf 450. Und in Deutschland streicht RTL, das hier 2500 Mitarbeiter hat, wohl drei Dutzend Technikerstellen und 20 Stellen bei den Eigenproduktionen.

Lesen Sie auf Seite drei mehr über die Machtspiele im Bertelsmann-Vorstand

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