Meyer Werft Schiffbau nach dem Lego-Prinzip

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Auch sonst hat sich seit den Zeiten der „Titanic“ einiges geändert. Das Design zum Beispiel. Früher wurden zuerst die äußeren Dimensionen des neuen Schiffes festgelegt, die Innenaufteilung kam später. Die Folge: Die äußerlich eleganten Schiffe hatten eine Vielzahl völlig unterschiedlicher Kabinentypen in ihrem Innern.

Die Zwischendeckpassagiere übernachteten wie in der Jugendherberge – in fensterlosen Innenkabinen mit Stockbetten, Gemeinschaftsklo und Sammeldusche. Die Erster-Klasse-Reisenden hatten Salons mit Meerblick, Marmorbad mit Badewanne und einen begehbaren Kleiderschrank. Heutige Kreuzfahrtschiffe sind so schnittig wie ein schwimmender Plattenbau, dafür sind alle Kabinen gleich komfortabel – mit eigenem Bad und klimatisiert. Nur noch einige wenige liegen innen, die meisten haben Meerblick, viele sogar einen kleinen Balkon.

Die Meyer Werft ist seit sechs Generationen im Familienbesitz

Völlig anders ist auch die Antriebstechnik moderner Kreuzfahrtschiffe. Früher wurden Passagierschiffe in der Regel von Dampfmaschinen bewegt, später dann von Dampfturbinen. „Die liefen schön ruhig und gleichmäßig, die Passagiere spürten kaum etwas“, erinnert sich ein längst pensionierter ehemaliger Kapitän. Die Kessel wurden zuerst mit Kohle, dann mit Öl befeuert, die Kraft der Maschine wurde über mannsdicke und durch das halbe Schiff führende Stahlwellen auf die bis zu vier Schrauben übertragen.

Das machte die Transozeanliner, die zwischen Europa und den USA verkehrten, bis zu 70 Stundenkilometer schnell, wegen des hohen Energiebedarfs und des vielen Personals zum Heizen und Bedienen aber auch sehr teuer im Unterhalt. Später dominierten Dieselmotoren die vom Schiffsboden bis zum Schornstein reichenden Maschinenräume – mit haushohen Zylindern, deren langsames Wummern das gesamte Schiff vibrieren ließen.

Heute haben moderne Kreuzfahrtschiffe nicht mehr einen großen sondern mehrere kleine Motoren – der dieselelektrische Antrieb der „AIDAluna“ besteht aus vier kleinen Dieselmotoren, die über Generatoren Strom erzeugen. Der wiederum treibt die Elektromotoren für die zwei Hauptschrauben am Heck und die insgesamt vier quer in den Schiffsrumpf eingebauten Strahlruder an. Dieser Antrieb ist wirtschaftlich im Verbrauch und vibrationsarm. Und dank der Kombination aus Heckantrieb und Querstrahlrudern lässt sich das riesige Schiff ohne Schlepperhilfe auf engstem Raum drehen und manövrieren. Hätte die „Titanic“ schon über diese Antriebs- und Steuertechnik verfügt – womöglich wäre das Ausweichmanöver am Eisberg gut ausgegangen.

Die Meyer Werft wurde 1795 gegründet und ist seit sechs Generationen im Familienbesitz, Bernhard Meyer ist geschäftsführender Gesellschafter. Seinen weltweit guten Ruf hat sich der Schiffbaubetrieb vor allem aufgrund seines Knowhows bei Kreuzfahrtschiffen erworben. Bis heute entstanden 25 Luxusliner für Kunden aus aller Welt. Was nicht so bekannt ist: „Wir sind durch die vielen Kreuzfahrtaufträge auch der größte Theaterbauer in Deutschlands“, sagt Meyer.

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