Michael Schirner: Machte Werbung zur Kunst

Er ist unbequem – das weiß er selbst: „Vielleicht habe ich die Leute manchmal zu sehr provoziert.“

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Und der 60-Jährige ist unerbittlich – das wissen die, die einmal mit ihm gearbeitet haben: „Ich habe von meinen Mitarbeitern immer verlangt, dass sie die zweitbeste Lösung in den Papierkorb werfen, wenn sie die beste noch nicht gefunden hatten.“ Doch das Ergebnis kann sich sehen lassen. Unter Michael Schirners Führung sammelte die Agentur GGK in den Siebzigern und Achtzigern Kreativpreise ein wie keine Agentur zuvor in Deutschland. „Als ich in die Agentur kam, habe ich mich mit den Leuten zusammengesetzt“, erklärt Schirner den Erfolg. „Wir haben uns vorgenommen, innerhalb eines Jahres in jeder Kategorie – Anzeigen, Plakate und Fernsehspots – die beste Werbung in Deutschland zu machen. Das Ziel haben wir dann übertroffen und auch noch die zweitbesten Arbeiten geliefert.“ Legendäre Arbeiten aus Schirners GGK-Jahren sind die Kampagnen für IBM, Pfanni und den Nivea-Herausforderer Creme 21. Die bedingungslose Beschränkung auf das Wesentliche ist bis heute das Wesensmerkmal seiner Arbeit: „Wenn ich eine Kampagne mit einem Satz beschreiben kann, handelt es sich ziemlicher sicher um eine gute Kampagne.“ Schirner studierte an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg und ging 1969 als Texter zu Young & Rubicam nach Frankfurt. 1971 gründete er in Hamburg die Agentur GKO & S. Als Schirner drei Jahre später für GKO & S einen starken Partner suchte, sprach er auch mit Paul Gredinger. Der wollte zwar Schirners Agentur nicht kaufen, doch engagierte er ihn umgehend als Geschäftsführer und Creative Director für seine Agentur GGK. Nach zehn Jahren GGK kam dann noch einmal der Schritt in die Selbstständigkeit mit der KKG Projektagentur, die jüngst in Düsseldorf mit der Eggert-Group fusionierte. Schirner ist Professor an der Hochschule für Künste in Bremen und an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe. Mit dem Buch „Werbung ist Kunst“ – ein Titel, den er durchaus programmatisch verstand – schob Schirner 1988 eine Debatte an, die die Werbeszene jahrelang beschäftigte. Freuten sich die einen darüber, dass Werbung endlich die höheren Weihen der Kultur empfing, so ärgerten sich andere über den Selbstdarsteller Schirner. „Einen Tänzer auf diesem so überspannten Drahtseil zwischen Kommerz und Kunst“, so nennt ihn auch heute noch milde ironisch sein langjähriger Düsseldorfer Ortsrivale Vilim Vasata.

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