Millionenfund MAN-Aussteiger auf Schatzsuche

Der Düsseldorfer Graf Nikolaus von und zu Sandizell hat vor der indonesischen Küste einen Millionenschatz gefunden. Das Ereignis ist sogar börsenrelevant. Bei der Finanzierung des Projekts half auch ein Modelabel.

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chinesisches Porzellan, Vasen Quelle: AP

"5. Juni 2011: Ankern über dem Wrack, Position in 60 Meter Tiefe. Sichtweite unter Wasser 7 Meter. Sonniges Wetter den ganzen Tag über. Leichte Brise aus Ost-Südost am Morgen, Windstille am Nachmittag. Kabbelige See am Morgen.... 85 gehoben: 38 intakt, 5 beschädigt, 42 zerbrochen....gezeichnet Sandizell."

Hinter den unscheinbaren Eintragung ins Logbuch des Expeditionsschiffes Discovery verbirgt sich ein maritimes Abenteuer, das im Dezember 2009 begann und im Spätsommer nächsten Jahres mit der vollständigen Bergung des bislang weltweit größten Keramik- Schatzes aus der Ming-Dynastie enden soll. Vor gut eineinhalb Jahren wurde das Porzellangrab rund 150 Kilometer vor der indonesischen Küste in 60 Meter Tiefe entdeckt. Welcher zerbrechliche Wert sich im Rumpf des 1580 gesunkenen Handelsschiffes verbarg, ahnte keiner. Knapp 450 Jahre nach dem Untergang beugt sich nun ein Graf aus Düsseldorf über die weiß-blauen Teller und Tassen aus der Zeit von Kaiser Wanli (1563–1620) und murmelt "unglaublich."

Unglaubliche Funde

"Ich habe gelernt, zuzuhören, zu schweigen und zu staunen - und offen zu sein für das Unerwartete", sagt er später, "dies aber übertrifft alles." Auf rund 50 Millionen Euro schätzt ein Expertenteam um Nikolaus von und zu Sandizell, Schatztaucher und Chef des Bergungsunternehmens Arqueonautas Worldwide, die mehr als 700.000 Artifakte des havarierten Handelschiffes. Es ist bisher der "größte Fisch", der dem ehemalige MAN-Manager ins Netz gegangen ist, seit er das Unternehmens 1995 im portugiesischen Estoril westlich von Lissabon gegründet hat.

Nach der "Flucht vor dem Alltagstrott" gelangen dem Aussteiger schon viele spektakulärer Tauchgänge. Bislang entdeckten er und seine Crew mehr als 300 Schiffswracks vor den Küsten Afrikas, Asiens und Südamerikas. Darunter die "San Jose", das 1622 gesunkenen Flaggschiff von Francisco da Gama, Vize-König von Indien und Urenkel des portugiesischen Entdeckers Vasco da Gama. Aus dem Bauch des Windjammers barg er 24.000 Silbermünzen im Wert von drei Millionen Euro.

Schatztaucher an der Börse

Seitdem hat sich Arqueonautas zu einem weltweit führenden Bergungsunternehmen von historischen Schiffswracks entwickelt, das seit Dezember 2008 auch an der Frankfurter Börse gelistet ist. Zum Team gehören Marinearchäologen, Taucher, Konservierungsexperten und Historiker, die vor allem in den Archiven in vergilben Schriftstücken auf die Spurensuche gehen. Die Konkurrenz ist groß, als seriös darf sich nur eine Handvoll bezeichnen, weiß Sandizell. Billig ist das die Ortung und Bergung der verlorenen Schätze nicht. Rund 15.000 Euro täglich kosten die Tauchgänge und Hebungen aus dem Wanli-Wrack.

Der neue Katalog für die Quelle: dpa

Finanziert werden die Forschungs- und Bergungsarbeiten von privaten Investoren und seit 2007 auch von einem eigenen Mode-Label namens Arqueonautas Fashionline, einer Marke der Düsseldorfer Kitaro Fashion Group an der der Hamburger Versandhauskonzern Otto seit Mitte 2010 zu zwei Drittel beteiligt ist. Ein Euro pro Hemd und Hose, die in den Shops in Düsseldorf, Hamburg, Hannover, Dresden und Salzburg verkauft werden, wandert in Sandizells Expeditionskasse. Ein Euro beträgt auch der Nominalwert der fünf Millionen Aktien von denen 91 Prozent im freien Umlauf sind und der Rest von Sandizell gehalten wird.

Eine Lizenz dauert drei Monate

Die Lizenzen zum Bergen holt sich der Graf von den zuständigen Regierungsbehörden. "Trotz guter Vernetzung dauert das mindestens drei Monate", sagt er. In Indonesien profitierte er von seinem exzellenten Ruf als anerkannte "marinearchäologische Institution." 17 Behörden mussten die Lizenz für den Claim auf See absegnen, erst danach durfte er auslaufen, um zusammen mit dem indonesischen Bergungsunternehmen RM Discovery den Ming-Schatz zu heben.

Ming-Porzellan soll Aktienkurs pushen

"7,5 Millionen Euro wird das Abenteuer kosten", schätzt der Adlige, 4,4 Millionen davon übernimmt Arqueonautas. 50 Prozent des geschätzten Erlöses von 53 Millionen Euro bekommt die Indonesische Regierung, 80 Prozent nach Abzug der Kosten die Investoren. Für Sandizell und seinen Aktionären bleiben unter dem Strich immer noch mehr als 13 Millionen Euro übrig, von denen 90 Prozent an die Aktionäre ausgeschüttet werden sollen. Der Erfolg dürfte auch den Akteinkurs heben, hofft Sandizell. Der dümpelt zur Zeit knapp unter einem Euro.

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