Mittelstand Die Tricks und Fallen beim Unternehmensverkauf

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Grafik: Firmenverkäufe

Die Probleme haben die Altvorderen teilweise selbst verursacht. Häufig schieben die Patriarchen die Vorbereitungen zu lange vor sich her, weil sie sich nicht von der Macht verabschieden wollen. „Das gehört zu den klassischen Verdrängungsthemen mittelständischer Unternehmer“, sagt Nadine Schlömer, Expertin für Unternehmensübergabe beim IfM, „noch unangenehmer ist die Beschäftigung mit dem Verkauf.“

Die Folgen sind Zeitdruck, irrationale Reaktionen bei den Verhandlungen, überzogene Preisvorstellungen und manchmal auch die Ablehnung jeden Ratschlags von Freunden oder Experten. Dabei ist der mittelständische Verkäufer fast immer in der schwächeren Position. „Er hat in der Regel keine Erfahrung mit dem Unternehmensverkauf“, sagt Deutschbanker von Haller. Für die Käufer, oft Konzerne oder Finanzinvestoren, sind Kauf und Verkauf von Betrieben dagegen Alltagsgeschäft.

Norbert Britz, Unternehmer aus dem Oberbergischen östlich von Köln, der im vergangenen Jahr Aubema, einen Hersteller von Zerkleinerungsmaschinen für Kohle, an den schwedischen Maschinenbaukonzern Sandvik verkauft hat, erinnert sich noch genau an diverse Überraschungen: „Die Manager aus dem operativen Geschäft waren zunächst sehr interessiert an meinem Geschäft, weil unsere Maschinen genau in deren Lücke im Angebot passten.“ Für Britz schien alles in Butter: ein strategischer Investor, der Aubema kannte, damit verbunden die Aussicht auf einen guten Verkaufspreis und gute Perspektiven für seine Mitarbeiter. Der Preis schien für die Käufer nicht das zentrale Thema zu sein. Aubema mit einem Umsatz von 24 Millionen Euro war für den schwedischen Neun-Milliarden-Euro-Konzern bei aller strategischen Bedeutung ein Winzling.

Spielchen rund um die Unternehmensübernahme

Dann kamen die Akquisitionsprofis der Konzernentwicklung. Hatte es vorher geheißen, „Wir brauchen Ihren Laden“, schienen sich die Merger&Acquisition-Experten für die strategische Bedeutung der Firma wenig zu interessieren. Sie verhandelten zudem, als ginge es um einen 500-Millionen-Euro-Deal. Dann wieder stritten die Sandvik-Vertreter und der Aubema-Chef um 5000 Euro. „Da habe ich dann einfach nachgegeben, damit es bloß weiterging“, erinnert sich Britz.

Sieben Experten mit zum Teil jahrzehntelanger Erfahrung saßen ihm gegenüber. Doch auch Britz war nicht allein. Die Hannover Finanz, die 40 Prozent der Aubema hielt, saß mit einem Vertreter am Verhandlungstisch. Zudem hatte die Beteiligungsgesellschaft auf die Hilfe eines Beraters gedrängt. „Ohne den wäre ich baden gegangen“, sagt Britz heute.

Fünf-, sechsmal traf sich Britz mit den Sandvik-Leuten, in der Regel in einem Konferenzraum des Sheraton-Hotels am Frankfurter Flughafen, zwölf Monate lang. „Manchmal dachte ich, wir kommen nicht zu Potte“, sagt Britz. Dann tröstete ihn sein Berater Klaus Kurtkowiak, berichtete von anderen Fällen, die trotz Hin und Her glücklich ausgegangen waren.

„Die Konzerne bluffen einfach oft“

Kurtkowiak, Mitarbeiter der Kölner Unternehmensberatung SSC Consult, kennt diese Spielchen. Der ehemalige Sal.-Oppenheim-Banker ist seit fast 20 Jahren im Geschäft. Er weiß um die Schliche der Konzerne und Finanzinvestoren, weiß, wie sie gestandene Mittelständler verunsichern. „Die Konzerne bluffen einfach oft“, sagt Kurtkowiak. Sie versuchten, den Verkäufer mürbe zu machen, zum Beispiel indem sie immer wieder neue Informationen anforderten. „Da kommt dann jede Woche eine neue Frageliste.“

Aber Unternehmer wollen und können bestimmte Informationen nicht preisgeben, weil sie sonst womöglich in die Hände der Konkurrenz gelangen. Häufig arbeiten bis zu 40 Personen, Steuerberater, Anwälte, Wirtschaftsprüfer, Gesellschafter und Transaktionsberater, an ihrem Fall – Vertraulichkeit ist erfahrungsgemäß selten.

Noch mehr Nervenkraft brauchen Unternehmer bei der detaillierten Prüfung der Bücher, im Merger&Acquisition-Jargon: Due Diligence. Die Käufer trachten hier nicht selten danach, das Lebenswerk des Unternehmers mieszumachen, entdecken hier eine Häufung von Risiken etwa durch die vermeintliche Abhängigkeit von wenigen Zulieferern, dort ein paar angeblich finanzschwache Kunden. Oder sie monieren die mangelhafte Langfristplanung.

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