Mittelstand Die unbekannten Krisengewinner

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Grafik: Kennziffern deutscher Mittelständler

Der Vorsichtige: Für den Mittelständler B. Laufenberg war es der erste Firmenkauf überhaupt. „Dieser Erwerb hat unser Absatzvolumen um 40 Prozent erhöht“, sagt Gernot Becker stolz, einer der drei Geschäftsführer im kollegialen Führungsgremium des Krefelder Herstellers von Spezialpapieren. Das Unternehmen mit rund 180 Beschäftigten und 47,2 Millionen Euro Umsatz erwirbt die Sparte Trennpapier des finnischen Produzenten Huthamaki. Trennpapiere braucht die Industrie bei Klebebändern, Selbstklebeetiketten oder Schutzfolien.

Mit der Übernahme von Huthamaki erreicht der rheinische Mittelständler auf dem Markt für derartige Trennpapiere einen Anteil von rund 25 Prozent in Europa. Erst wenige Monate vor dem Kauf hatte B. Laufenberg eine neue Logistikhalle errichten lassen. Und in diesem Januar kaufte das Familienunternehmen ein Grundstück, das die bis dahin getrennten Werksteile im Krefelder Stadtteil Hüls miteinander verbindet.

Wenn die Papiermacher eine Investition wagen, gehen sie mit Bedacht vor – und halten sich die Möglichkeit offen, abzubrechen. So steckte der Familienbetrieb zwischen Februar 2007 und Februar 2009 vier Millionen Euro in eine Anlage zur Nachbearbeitung von Papier. „Den Neubau der Anlage hätten wir nach jedem Investitionsschritt stoppen können“, sagt Becker.

Neue Geschäftsfelder als Strategie

Der Diversifizierer: Bei Joachim Gunkel drehte sich die Welt bisher fast nur um Bier. Der Chef des Anlagenbauers Ziemann aus Ludwigsburg bei Stuttgart baute bis vor Kurzem mehr oder weniger ausschließlich Brauanlagen. Das soll sich nun ändern. Seit gut einem Jahr stellt das Familienunternehmen mit mehr als 1200 Mitarbeitern vermehrt auch Bioethanolanlagen, Großtanks für Silizium und Gas oder Silos für Granulat her. „Wir wollen uns vom Brauereigeschäft unabhängiger machen“, sagt Gunkel.

Dahinter steckt mehr, als die Ankündigung ausdrückt. Denn um sein Ziel zu erreichen, bereitet der gelernte Kupferschmied, der vor 39 Jahren als Lehrjunge bei Ziemann anheuerte, eine Firmenübernahme in den kommenden Wochen vor. Wen er kaufen will, lässt er zwar offen. „Etwas Größeres“, so viel verrät er jedoch, „um ein neues Geschäftsfeld zu erschließen.“

Der Verfahrensingenieur gibt Gas auf der ganzen Linie: Vor wenigen Monaten hat er im indischen Pune acht Millionen Euro eingesetzt, um eine Produktion aufzubauen. Im Moment ist Ziemann dabei, bei der brasilianischen Tochter Ziemann-Liess die Mehrheit zu übernehmen. In Australien, den USA und in Dubai eröffnete er in diesem Jahr neue Vertriebsbüros.

Für 2009 ist der Schwabe zwar skeptisch: „Wir werden uns wohl mit einer schwarzen Null begnügen müssen.“ Und das nach Wachstumsraten, die seit 2005 eine Verdreifachung des Umsatzes auf rund 350 Millionen Euro brachten. Doch die Erfahrung in der Krise 2001/02 bestärkt Gunkel darin, weiter Neues zu wagen. Denn als damals die zusammenbrechenden Internet-Firmen den Rest der Wirtschaft mitrissen, was tat Gunkel da? Er ließ eine neue große Fertigungshalle errichten.

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