Mittelstand Wie aus einem Hobby eine lukrative Geschäftsidee wird

Das eigene Hobby zur Geschäftsidee weiterentwickeln – fünf ganz unterschiedliche Beispiele zeigen, wie es funktioniert.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Wunderland-Erfinder Frederik (links) und Gerrit Braun Quelle: Arne Weychardt für WirtschaftsWoche

Nicht mal der eigene Zwillingsbruder konnte der Idee anfangs viel abgewinnen, Familie und Freunde reagierten mit Kopfschütteln. Frederik Braun ließ sich davon nicht entmutigen, überzeugte zuerst seinen Bruder Gerrit und dann die Geldgeber: „Ich wollte mir einen alten Kindheitstraum verwirklichen und die größte Modelleisenbahn der Welt bauen.“ Heute ist der Traum Wirklichkeit. Das Miniatur Wunderland, eine Miniwelt mit verschiedenen Landschaften, Eisenbahnen, Autos und Tausenden von kleinen Figuren in der Hamburger Speicherstadt, ist mit rund einer Million Besucher pro Jahr die größte Touristenattraktion der Stadt, mehr als fünfeinhalb Millionen Menschen haben die Miniwelt seit der Eröffnung im August 2001 gesehen.

Was für die Braun-Brüder aus Hamburg die Modelleisenbahn, das sind für Sabine Beyer aus dem schwäbischen Bad Friedrichshall Reisen auf die Malediven. Für Jürgen Herrmann und Thomas Breinig aus Frankfurt an der Oder ist es das Tauchen, für Paul Underberg aus dem nordrhein-westfälischen Dorsten der Sport. Und Ingo Knarr aus dem bayrischen Landkreis Hof ist leidenschaftlicher Tuner – schon als Jugendlicher hat er sein Auto optisch und technisch aufgepeppt.

Die mittelständischen Unternehmer haben trotz aller Unterschiede eines gemeinsam: Sie haben ihr Hobby zur Geschäftsidee gemacht. Wovon viele träumen, was aber nur wenige versuchen und schaffen, ist das Ergebnis von Kreativität, Fleiß und Beharrlichkeit, gepaart mit Professionalität und harter Arbeit. Die Fähigkeit zum Träumen » ist genauso wichtig wie eine solide betriebswirtschaftliche Grundlage. Denn der Spaß an der Sache allein reicht nicht. Entscheidend für den Erfolg ist, dass auch andere sich für die Idee interessieren – zuerst potenzielle Investoren, damit sich das Konzept realisieren lässt, und dann Kunden, damit aus der Idee wirklich ein Geschäft wird.

Die Kombination aus Kreativität und betriebswirtschaftlicher Bodenständigkeit vereinen die 42 Jahre alten Braun-Zwillinge nahezu perfekt: Frederik sprüht vor Ideen, ist optimistisch und emotional, sein wenige Minuten älterer Bruder Gerrit eher rational, skeptisch und pessimistisch. Wenn Frederik träumt, holt ihn der große Bruder zurück auf den Boden der Tatsachen. Das war schon so, bevor die beiden mit der Erschaffung ihrer kleinen Welt ihr bis dahin größtes gemeinsames Projekt anschoben.

Weg zum Wunderland über Micky Maus und Techno-Musik

Die Braun-Brüder hatten schon vor dem Miniatur Wunderland Ideen, mit denen sich Geld verdienen ließ. Ihr Ziel, die größte Micky-Maus-Hefte-Sammlung der Welt aufzubauen, war eher eine Jugend-Marotte – aber der Verkauf der Sammlung brachte das Startkapital für ein eigenes Plattenlabel. „Mit EDM-Records haben wir Techno-Musik in die Charts gebracht und weit über eine Million Platten verkauft“, erinnert sich Frederik stolz.

Genauso erfolgreich war das „Voila“, ein Nachtclub, der in den Neunzigerjahren zu den angesagtesten Adressen Hamburgs gehörte und den die beiden Brüder bis 2000 führten. Der Erfolg als Unternehmer war für die Hamburger Sparkasse (Haspa) der entscheidende Grund, den Brüdern im Sommer 2000 zwei Millionen Mark Startkapital zur Verfügung zu stellen. „Als wir mit unserer Wunderland-Idee bei anderen Banken anklopften, haben die uns nur ausgelacht“, erzählt Frederik Braun. Doch auch die Haspa wollte vorher einen Businessplan sehen: „Ich wusste gar nicht, was das ist, und habe einfach unsere Ideen auf zwei Seiten zusammengeschrieben.“

Das war zwar unkonventionell, reichte aber, um den „sehr netten Berater“ zu überzeugen: „Nach zwei Stunden hatten wir das Geld.“ Heute, räumt Frederik Braun ein, wäre das kaum möglich – die im Fachjargon als Basel II bezeichneten schärferen Vorschriften für die Kreditvergabe durch Banken würden das nicht erlauben. Den nächsten Kredit von 300.000 Euro für die zweite Ausbaustufe zu bekommen war darum schon schwieriger. Das ist Vergangenheit: „Heute fragen die Banken bei uns an, ob wir noch Geld haben wollen“, freut sich Frederik, „aber wir sind vorsichtig und finanzieren unsere Investitionen nur noch aus den laufenden Einnahmen.“ Insgesamt 8,7 Millionen Euro wurden mittlerweile in der rund 1150 Quadratmeter großen Modelleisenbahn-Anlage verbaut. Die 160 Mitarbeiter erwirtschaften einen Jahresumsatz von rund zehn Millionen Euro.

Inhalt
  • Wie aus einem Hobby eine lukrative Geschäftsidee wird
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%