100 Prozent Grupp

Kein Recht zu jammern

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Handfeste Hausfrauen


Boni, Zusatzversicherungen, Führungskräftetraining - Deutschlands Mittelstand legt sich bei der Mitarbeitersuche ins Zeug. Welche Branchen die schlimmsten Engpässe verkraften müssen und wie das Recruiting gelingt.
von Rebecca Eisert, Kerstin Dämon

Dies ist bei uns kein Einzelfall. Für unsere Trigema-Testgeschäfte bewerben sich fast nur bodenständige, handfeste Hausfrauen, keine geschulten Verkäuferinnen. Diese Frauen arbeiten sich ein und können problemlos später auch das Testgeschäft leiten. Trigema hat übrigens mit einer einzigen Ausnahme nur ehemalige Lehrlinge in Leitungsfunktion. Das zeigt: Wir müssen in Deutschland mit Blick auf den demografischen Wandel aufpassen, dass wir die Arbeit in der Produktion nicht als etwas für Minderbegabte darstellen. Auf diese Weise bringen wir unsere Industrie um ihre Basis. Wir brauchen auch künftig junge Leute, die einen Schraubenzieher in die Hand nehmen und damit etwas machen können. Die technisch Versierten nicht Studierten werden sicher zukünftig begehrter sein, als diejenigen mit Abitur oder Hochschulabschluss,  die nur noch am Schreibtisch sitzen möchten.

Ausländer oder Mitarbeiter mit Migrationshintergrund gehören schon immer zu unserer großen Betriebsfamilie. Wir haben über 25 verschiedene Nationen in unserer Firma: Türken, Griechen, Italiener, Thailänder, Russen, Kroaten, Chinesen und so weiter. Das liegt auch daran, dass wir viele Produktionsarbeitsplätze haben ­-  im Gegensatz zu denjenigen, die diese ins Ausland verlagert haben. Diese Ausländer haben wir aber nicht aus dem Ausland angeworben. Das haben die Konzerne gemacht. Als diese dann ihre Arbeitsplätze immer mehr ins Ausland verlagerten, wurden viele Ausländer entlassen, und die bewarben sich dann bei uns.

Gegenüber staatlichen Anreizen, die Erwerbsneigung etwa von Frauen zu steigern, bin ich generell skeptisch. Wenn der Ehemann genügend Geld verdient und die Frau dann zu Hause bei den Kindern bleibt, bringen wirtschaftliche Anreize nichts. Bei Durchschnittsverdienern ist das anders. Bei uns arbeiten vielfach Ehefrauen von Männern, die in den Maschinenfabriken der Region beschäftigt sind. Die kommen oft zu uns und fragen, ob sie bei Trigema nähen können.

Allerdings muss die Politik darauf achten, dass die Summe aus Kindergeld und dem künftigen Betreuungsgeld nicht so hoch wird, dass sich für Frauen im unteren Lohn- und Gehaltsbereich die Arbeit finanziell nicht mehr lohnt.

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