Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig und Justizminister Heiko Maas wollen jetzt endgültig die Frauenquote in Aufsichtsräten deutscher Konzerne durchsetzen, weil die Unternehmen viel zu wenig weibliche Vertreter in ihren Kontrollgremien haben. Unabhängig davon, ob die beiden Sozialdemokraten damit den Firmen schaden oder nicht, für viele Mittelständler mutet die Diskussion wie von einem anderen Stern an.
Insbesondere für Familienunternehmen hat sich das Thema durch die betriebliche Praxis in vielen Fällen erledigt. Wenn es sich nur irgendwie organisieren lässt und die Frauen dies wollen, stehen ihnen hier in der Realität fast alle Führungspositionen offen.
Zwar ist jedes Unternehmen anders, was die Produkte, die Beschäftigten und die Tradition betrifft. In der Metallverarbeitung oder in stark technisch ausgerichteten Firmen sind Frauen in Führungspositionen allein schon deshalb selten, weil sich noch immer zu wenige Frauen für technische Berufe interessieren. Eine Ausnahme ist Nicola Leibinger-Kammüller, die Chefin des schwäbischen Anlagenbauers Trumpf, die beweist, dass Führungspositionen auch in Hightech-Firmen mit Frauen bestens besetzt sein können.
Wer führen will, muss Familie hinten anstellen
Dennoch möchte ich an dieser Stelle einmal gern schildern, welche wichtige Rolle Frauen in Führungspositionen bei Trigema spielen, ohne dass ich dies zu sehr verallgemeinere.
Vorneweg: Von unseren rund 1.200 Mitarbeitern ist die Mehrheit, rund 700, Frauen. Das liegt daran, dass wir sehr viele Näherinnen beschäftigen. Damit ist der Chef der Konfektion, also dort, wo die Kleidungsstücke genäht werden, bei uns schon immer eine Frau. Das ist bei uns selbstverständlich. Natürlich muss diese Frau bereit sein, uns Vollzeit zur Verfügung zu stehen, das heißt, ihre Familie schon etwas hinten anstellen. Diese Frau muss sagen, meine erste Aufgabe ist diese Führungsposition. Diese Frauen haben wir unter unseren Mitarbeiterinnen immer gefunden. Deshalb haben wir bei Trigema schon immer viel mehr Frauen in leitenden Positionen als Männer.
Probleme, solche Frauen zu finden, haben wir überhaupt nicht. Es gibt immer diejenigen, die sich gerne ihrer Familie widmen und diejenigen, die den Beruf bevorzugen. Letztere wissen, dass sie das Private etwas zurückstellen müssen, um eine leitende Position zu begleiten. Ergebnis ist, dass die Mehrheit der weiblichen Führungskräfte bei uns entweder ledig ist oder Kinder haben, die aus dem Gröbsten raus sind, und sie sich wieder voll dem Beruf widmen können.
Es gibt aber auch Ausnahmen. Unlängst haben wir eine Frau in einer Führungsposition belassen, obwohl sie ein Kind bekam. Sie hatte uns jedoch versprochen, weiter ihre Kraft der Arbeit zu widmen. Wir haben ihr gestattet, dass sie nachmittags nach Hause gehen kann. Sie versprach uns, dass alles reibungslos weiter laufe und sie abends wieder ins Unternehmen komme, um ihre Aufgaben zu erledigen. Das funktionierte, weil sie in der Nähe wohnte und ihre Abteilung von morgens fünf bis abends um zehn Uhr arbeitet.
Eine Beleidigung für sämtliche Frauen?
Wenn Männer oder Frauen eine Führungsposition behalten wollen, dann müssen sie sich um eine gute Betreuung ihrer Kinder kümmern. Das bedeutet, dass sie dafür finanziell selber etwas aufwenden müssen. Die Politik ist allerdings gefordert, genügend Betreuungsplätze zur Verfügung zu stellen.
All diese Erfahrungen machen wir über alle Hierarchien hinweg, zum Beispiel mit den Gruppenleitern, die acht bis zwölf Mitarbeiter unter sich haben. In der Näherei sind das nur Frauen. In der Stoffherstellung, wo nur Männer arbeiten, sind nur Männer Gruppenleiter, Gleiches gilt für die Färberei und die Bleicherei.
Darüber kommen die Werksleitungen. Hier haben wir zwei Konfektionswerke, das eine mit 300 Mitarbeitern in Altshausen im Südosten von Baden-Württemberg, das andere mit 200 Mitarbeitern in Rangendingen unweit von unserem Stammsitz in Burladingen sowie unser dortiges Hauptwerk selbst. Leiter der Zweigwerke, in denen zu 90 Prozent weibliche Kräfte arbeiten, sind Frauen.
In der Verwaltung am Stammsitz in Burladingen haben wir zurzeit mehr Frauen als Männer in Führungspositionen. Das ist keine Planung sondern Zufall. Von den über 40 Lehrlingen pro Jahr, waren viele weibliche Auszubildende in den vergangenen Jahren so gut, dass sie selbstverständlich später Führungspositionen angeboten bekommen haben. Eine davon ist zum Beispiel unsere Verkaufsleiterin. Sie ist 43 Jahre alt und arbeitet seit 28 Jahren bei Trigema.
Frauen in Führungspositionen bei Trigema sind übrigens keine Akademikerinnen. Die einzigen Akademiker bei Trigema sind meine Tochter, mein Sohn und ich. Man darf nicht glauben, Akademiker aus Stuttgart, Frankfurt oder Düsseldorf sind gescheiter als diejenigen, die hier die Schule besucht und sich über zehn, fünfzehn Jahre bei Trigema bewährt, hochgearbeitet und stets weitergebildet haben. Mein Vater hatte früher immer wieder Führungskräfte von draußen geholt, die das Geschäft vermeintlich besser machen sollten. Daraus wurde allzu oft nichts, mit dem Ergebnis, dass nicht die Akademiker, sondern unsere langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Karren wieder aus dem Dreck ziehen mussten, an der Spitze oft Frauen.
Vor diesem Hintergrund wäre es bei Trigema eine Beleidigung für sämtliche Frauen, wenn sie aufgrund einer Quote in Führungspositionen gelangen sollten. Und auch, wenn es um meine Nachfolge geht, stellt sich die Geschlechterfrage überhaupt nicht. Meine Meinung ist, dass entweder nur mein Sohn oder nur meine Tochter die Firmenleitung übernehmen soll.
Wer, das wird einzig nach der Leistung und dem Privatleben entschieden, nicht nach dem Geschlecht. Wer seine Liebe in den USA oder in Brasilien findet und dorthin zieht, der fällt dann für den Chefposten aus, egal ob Mann oder Frau.