Aixtron, Kuka und Co Chinas neuer Trick für deutsche Firmen-Übernahmen

Das Reich der Mitte schaltet Firmen vor, um deutsche Unternehmen einfacher schlucken zu können. Wirtschaftsminister Gabriel wehrt sich – doch er trifft auf die perfektionierte Kunst des Verschleierns und Täuschens.

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Bundeswirtschaftsminister Gabriel und der chinesische Premierminister Li Keqiang. Quelle: dpa Picture-Alliance

Die Kunst des Verschleierns und des Täuschens, das wusste schon der chinesische Militärstratege und Philosoph Sunzi, gehört zu den wichtigsten Fähigkeiten, um eine Schlacht zu gewinnen. Sunzi lebte im fünften Jahrhundert vor Christus. Doch Chinas heutige Führung unter dem allmächtigen Staats- und Parteichef Xi Jinping hat die Kunst offenbar perfektioniert.

In den vergangenen Monaten haben sich mehrere vermeintlich private Investoren bei deutschen Unternehmen eingekauft, unter anderem beim Betonpumpenhersteller Putzmeister und dem Roboterhersteller Kuka aus Augsburg. Doch nach Recherchen der WirtschaftsWoche steckt hinter diesen chinesischen Firmen oft der Staat. Ihre Chefs sind nicht mehr als Handlanger des Staatsbetriebs.

Und schlimmer noch: Der amerikanische Geheimdienst soll beim Kanzleramt interveniert haben, um den Deal mit den Chinesen zu verhindern. Die Amerikaner präsentierten, so heißt es aus deutschen Sicherheitskreisen, Ermittlungsergebnisse, wonach Produkte von Aixtron auch militärisch genutzt werden können, etwa für Lenksysteme in Raketen. China könne auf Aixtron-Maschinen produzierte Chips in seinem Nuklearprogramm einsetzen. Die Gefahr ist umso größer, je kürzer der Dienstweg zwischen Chinas Führung und Aixtrons neuen Besitzern ist. Im Oktober hatte deswegen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) seine Unbedenklichkeitsbescheinigung für die Übernahme durch einen chinesischen Investor überraschend zurückgezogen.

Die nächsten 15 Giganten aus China

Die Erkenntnis über den kurzen Draht zwischen den möglichen neuen Aixtron-Eigentümern und der Führung in Peking dürfte die Skepsis von Bundeswirtschaftsminister Gabriel gegenüber chinesischen Investoren weiter befeuern.

Der Investor FCG ist ein Mysterium

Im Poker um den Kauf des Aachener Mittelständlers Aixtron, eines Zulieferers der Halbleiterindustrie, ist Liu Zhendong die Symbolfigur der Verschleierung. Der in seiner Heimat China weithin unbekannte Geschäftsmann ist Chef des Fonds Fujian Grand Chip (FGC). FGC möchte Aixtron kaufen. Durch Übernahmen im Ausland ist Liu nie aufgefallen, Erfahrungen in der Chipindustrie hat er keine. Dafür im Bergbau. Einmal hat er, unterstützt mit staatlichen Krediten, eine chinesische Bergbaufirma gekauft. Wurde hier ein unbedarfter Geschäftsmann an die FGC-Spitze gesetzt, um den Eindruck zu erwecken, bei der Gesellschaft handele es sich um ein privates Unternehmen?

Zehn interessante Fakten über China
Täglicher Griff zur ZigaretteUngesunder Rekord: In jeder Sekunde werden 50.000 Zigaretten in China angezündet. Das berichtet die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die Zahl der Raucher ist in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen. Inzwischen zünden sich 66 Prozent der männlichen Chinesen täglich mindestens eine Zigarette an. Bei den Frauen raucht nur jede Zwanzigste täglich. Quelle: rtr
Künstliche TannenbäumeKlar, China ist ein großes Land. Fast jeder fünfte Mensch lebt in dem Riesenreich, China ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde. Doch in einigen Statistiken liegt das Land überproportional weit vorne. So ist das Riesenreich nicht nur der größte Textilproduzent, sondern auch weltweit führend in der Herstellung von künstlichen Tannenbäumen. 85 Prozent alle unechten Tannenbäume – so National Geographic – stammen aus China. Texte: Tim Rahmann Quelle: dpa
SchweinereichIn China leben nicht nur die meisten Menschen, sondern auch die meisten Schweine. 446,4 Millionen Eber und Säue lebten 2008 im Reich der Mitte, so die UN. Damit leben dort mehr Schweine als in den 43 nächst größten Ländern, gemessen an der Zahl der Tiere, zusammen. Zum Vergleich: In Deutschland werden aktuell rund 26,7 Millionen Schweine gehalten. Quelle: dpa
Geisterstädte im ganzen LandIn China wurde in den letzten Jahren massiv gebaut – auch in ländlichen Gegenden. Doch die Landflucht ließ vielerorts Geisterstädte entstehen. Mehr als 64 Millionen Wohneinheiten stehen im ganzen Land leer. Auch das größte Einkaufszentrum der Welt, … Quelle: dpa
McDonald’s allein auf weiter Flur… die "New South China Mall", hat reichlich Gewerbeflächen zu vermieten. 1500 Geschäfte finden dort Platz, 70.000 Käufer sollten täglich nach Dongguan pilgern. Doch die Realität sieht anders aus: 99 Prozent der Flächen sind unbenutzt, berichtete die britische Zeitung "Daily Mail". Nur ein paar Restaurants befinden sich in dem Gebäude, unter anderem Mc Donald’s. Quelle: AP
Bauboom geht weiterDennoch bauen die Chinesen fleißig weiter. Die Folge: Kein Land verbaut mehr Zement als China. 53 Prozent der weltweiten Nachfrage stammt aus dem Reich der Mitte, so Michael Pettis, China-Experte und Ökonom der Peking-Universität. Quelle: dpa
Barbie ist zu sexyWenn in China gerade nicht gebaut wird, werden in den zahlreichen Fabriken Güter produziert. Neben Textilien vor allem Spielwaren. Rennautos, Barbie-Puppen und Kuscheltiere: Fast 80 Prozent der deutschen Spielwaren stammen aus China. Vor Ort selbst sind Barbie-Puppen übrigens kein Verkaufsschlager. Für die Chinesen ist die kurvige Blondine zu sexy. Dort verkaufen sich vor allem niedliche Puppen. Quelle: AP

Erst bei genauerem Hinsehen ist nämlich auch der FGC-Fonds, an dem Liu nach eigenen Angaben 51 Prozent hält, ein Mysterium. Die übrigen 49 Prozent gehören zur Xiamen Bohao Investment Limited. Die Firma ist über ein verschachteltes Konstrukt mit der Stadtregierung Xiamen verbandelt. Der Fonds wurde im März eilig zusammengezimmert, offenbar mit dem einzigen Zweck, Aixtron zu übernehmen.

Schnell zusammengebaut haben die Chinesen auch die Internetseite des Unternehmens. Der Name des Fonds ist dort falsch geschrieben. Die angegebene Büronummer ist tot, kein Mitarbeiter zu erreichen. Merkwürdig auch die erklärte Strategie des Fonds auf der Webseite: „Einen positiven Kreislauf des chinesischen Kapitals zu fördern“, und das mit „Hilfe der Sammlung von hervorragenden Kapitalien, Technologie, Personal und Politik“. So viel steht fest: Um ein professionelles Unternehmen handelt es sich bei diesem Fonds eindeutig nicht.

So benehmen Sie sich in China richtig

Sicherheitsbedenken im Zusammenspiel mit den undurchsichtigen Beteiligungsverhältnissen des FGC sind zwei Gründe, warum das Bundeswirtschaftsministerium seine sogenannte Unbedenklichkeitsbescheinigung widerrufen hat und die Übernahme des Anlagenbauers durch den FGC-Fonds erst noch mal „vertiefend prüfen“ will. Ein Eingriff bei solchen Geschäften sei insbesondere dann gerechtfertigt, wenn der „Erwerber ein staatliches oder teilstaatliches Unternehmen ist“, schreibt Gabriel in seinem jüngsten Eckpunktepapier „für einen Vorschlag zur Investitionsprüfung auf EU-Ebene“.

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