B2B-Börse für die Industrie Das Ersatzteil-Start-up, auf das Schaeffler setzt

Spindeln, Kugelgewindetriebe, Schrumpffutter: Sparepartsnow liefert die Ersatzteile für Ihre Maschine Quelle: dpa

Die Schaeffler-Gruppe setzt beim lukrativen Geschäft mit Ersatzteilen für Maschinen auf die neue B2B-Börse SparePartsNow. Das Start-up vermittelt Bestellungen ohne Zwischenhändler – und dadurch schneller und billiger.

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Die Continental-Mutter Schaeffler aus dem bayrischen Herzogenaurach setzt beim Ersatzteile-Management auf ein bislang kaum bekanntes Start-up: SparePartsNow. Über den Anbieter aus Aachen will der milliardenschwere Zulieferer der Automobil- und Maschinenbaubranche künftig Ersatzteile für seinen Maschinenpark einkaufen. Schaeffler-Vorstand Andreas Schick – zuständig für Lieferketten und Einkauf – attestiert dem jungen Unternehmen ein großes Potenzial und will die Plattform langfristig selbst als Vertriebskanal nutzen: „Wir sehen hier den großen Vorteil, den klassischen Beschaffungsprozess dringend benötigter Ersatzteile um ein Vielfaches zu beschleunigen und versprechen uns Preisvorteile.“

Für SparePartsNow-Gründer Christian Hoffart und sein Projekt ist die Vereinbarung mit Schaeffler ein Ritterschlag. Die Plattform seines Start-ups ist erst seit Mitte Oktober 2022 live und fliegt bisher unter dem Radar der meisten Wirtschaftsakteure. Ebenfalls im Herbst hat der 40-Jährige eine Finanzierungsrunde abgeschlossen. Jetzt zieht er mit Schaeffler spektakulär den ersten sehr namhaften Kunden an Land. Ist das der Durchbruch für den Newcomer?

SparePartsNow bietet eine Plattform, die sich mit dem Marketplace von Amazon vergleichen lässt. Nur geht es nicht um Kleinkram, sondern um teure Ersatzteile. Gelistet sind auf der Seite beispielsweise Spindeln, Antriebswellen, Motorengetriebe oder Bedientafeln für Maschinen. Die meisten Produkte fangen bei mehreren hundert Euro je Stück an. Eine Spindel kann gern auch mal mehr als 30.000 Euro kosten. Firmen bieten auf SparePartsNow solche Ersatzteile mit Fotos und Beschreibung an. Industrieunternehmen mit Maschinenpark sind die potenziellen Käufer. Die Plattform wickelt die Lieferung ab und kassiert dafür eine Provision.

Quelle: PR

Klingt einfach, ist aber ein großer Unterschied zum bisherigen Bestellprozess bei Ersatzteilen. Brauchte ein Unternehmen wie Schaeffler bisher beispielsweise eine Antriebswelle, kam es auf wenige Geschäftspartner an. „Geht ein solches Teil in einer Maschine kaputt, muss der Kunde beim Maschinenbauer anrufen und ein Ersatzteil ordern, meist per Telefon oder Mail“, beschreibt Hoffart den analogen Prozess. Der Maschinenbauer wiederum kauft es beim Zulieferer und verkauft es dann mit Aufschlag an seinen Kunden. Ein einträgliches Geschäft. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagebau (VDMA) hält den Bereich „Service“, in den der Ersatzteilhandel fällt, für einen „der größten Umsatzbringer im Maschinenbau.“

Über SparePartsNow soll der Prozess digitaler und transparenter laufen. Hoffart lockt damit, das Geschäft einträglicher zu machen, und konnte unter anderem Schaeffler von dem Preisvorteil überzeugen. Der Ansatz: Die Kunden sind durch den Aufschlag des Maschinenbauers, der wie ein Zwischenhändler das benötigte Ersatzteil nur bestellt und weitergibt, bisher hohe Preise gewöhnt. Kaufen sie nun ohne Mittelsmann ein, sind ohne diese Spanne die Endpreise deutlich geringer – und genug Luft in der Kalkulation für die Provision von SparePartsNow. Win-Win sei das, sagt Hoffart.

Entstanden ist die Idee 2021. Damals war Hoffart noch Leiter der Ersatzteilsparte bei DMG Mori. Der japanische Maschinenbauer mit Deutschland-Dependance im baden-württembergischen Wernau hat weltweit mehr als 6000 Mitarbeiter und setzt rund zwei Milliarden Euro im Jahr um. Spezialisiert ist DMG Mori auf spanende Werkzeugmaschinen. Hoffart registrierte damals, dass der Bedarf in der Branche sich veränderte: „Die Menschen sind gewohnt, wie bei Amazon zu bestellen: ein, zwei Klicks, transparentes Tracking der Bestellung und transparente Preise. Das gab es noch nicht für Ersatzteile.“

Der erste Partner stieg aus

Hoffart gründete SparePartsNow parallel zu seinem Job bei DMG Mori und gewann den Konzern als Hauptgeldgeber. In den kommenden Monaten entwickelte er die Plattform. Im Sommer 2022 entschied DMG Mori jedoch, aus dem Start-up auszusteigen und den Fokus lieber auf andere Projekte zu legen. Das Start-up decke mit seinem Angebot den gesamten Maschinen- und Anlagenbau ab und „geht damit weit über das Kerngeschäft von DMG Mori hinaus“, erklärt eine Sprecherin auf Anfrage den Ausstieg aus dem Projekt. Darüber hinaus hätte SparePartsNow für weiteres Wachstum Risikokapital in „erheblichem Umfang“ gebraucht. DMG Mori schätzte die Summe auf 25 Millionen Euro. Eine Summe, die der Werkzeugmaschinenhersteller offenbar selbst nicht aufbringen wollte.

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Hoffart musste für sein Herzensprojekt plötzlich neue Investoren suchen. Gefunden hat er sie – anders als viele Start-ups – nicht bei Wagniskapitalgebern, sondern in Dax-Vorständen, Kanzleien und bei Unternehmerfamilien. Den benötigten Millionenbetrag hat der B2B-Pionier nach dem Exit von DMG Mori eigenen Angaben zufolge eingesammelt.

Nachahmer wahrscheinlich

Die Finanzierungsrunde und Schaeffler als Partner bringen das Start-up in eine gute Ausgangsposition auf dem Ersatzteilmarkt. Auf dem tummeln sich zwar auch andere Unternehmen wie Marktpilot, das einen Online-Preisvergleich von Ersatzteilen anbietet und Unterstützung von Rainer Hundsdörfer, Ex-Chef bei Heidelberg Druckmaschinen, bekommt. Doch eine weitere Handels-Plattform, wie sie Hoffart und sein Team aufgebaut haben, gibt es in diesem Zuschnitt bisher nicht. Nicht unwahrscheinlich, dass Schaefflers positives Statement in viele anderen Unternehmen Nachahmer findet.

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Hinweis: In einer früheren Version dieses Textes hieß es, der Vorstand von DMG Mori habe im Sommer 2021 beschlossen, aus dem Start-Up auszusteigen. Die Zeitangabe ist nicht korrekt und wurde geändert.

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