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Eine Wolke aus Lichtpunkten und Verbindungen dazwischen Quelle: imago images

The Weltmarktführer takes it all

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Das Wettbewerbsrecht muss die marktbeherrschende Stellung der US-Techgiganten beschränken. Doch für die digitale Unabhängigkeit braucht es mehr.

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Die Beweislage ist erdrückend. Wer nach Belegen dafür sucht, Bewohner einer digitalen Kolonie zu sein, muss sich nur im eigenen Leben umschauen. Der Rechner kommt von Apple oder Microsoft, die Recherche läuft über Google, der Internetbrowser auch, die Weltlage wird auf Facebook oder Twitter kommentiert, das Apple-Handy liefert Amazon. Die Datencloud übrigens ebenso. Und die Apps verkauft der Apple-Store.

Die Coronakrise ändert daran nichts. Im Gegenteil. Während Deutschland offiziell jubelt, dass der Lockdown den nötigen Schub für die Digitalisierung gebracht habe, sieht die Realität nicht ganz so glorios aus. Erstens machen ein paar Zoom-Konferenzen und Apple-Pay-Zahlungen beim Bäcker noch keine digitale Nation. Zweitens hängt die Kolonie jetzt noch mehr am US-Tropf. Zoom kommt schließlich auch von drüben.

Kein Wunder, dass die Rufe nach einer Unabhängigkeitserklärung im Bereich Technologie kaum noch zu überhören sind. Vor allem Frankreich will die EU in Richtung strategischer Autonomie weiterentwickeln. Es gilt als gefährliche Gratwanderung, weil man schnell Richtung Protektionismus abrutschen kann. Die Ausgestaltung wird entscheidend sein. Autarkie oder gar Abschottung darf es nicht bedeuten.



Aber es führt kein Weg am Ziel der digitalen Souveränität vorbei. Ein neues Wettbewerbsrecht muss die Macht der Techgiganten beschränken, um Raum für neue Anbieter zu schaffen. Das sind keine Verarbeiter personenbezogener Daten, denn dieses Geschäft beherrscht das Silicon Valley längst. Die Menschenversteher sitzen bei Facebook und Co. und analysieren in Echtzeit unser Verhalten. Es wäre eine Illusion, zu glauben, dass Big Brother bald nach Europa auswandert.

Doch in der Liga der Maschinenversteher gelten die Machtverhältnisse noch nicht als zementiert – wobei allerdings nicht mehr viel Zeit bleibt, wenn selbst Volkswagen seine Industrial Cloud zusammen mit Amazon baut und China sein Mördertempo beibehält.

Deutsche Industrieunternehmen besitzen dank Industrie 4.0 viel Know-how und machen große Fortschritte. Projekte für europäische Clouds versuchen sie dabei zu unterstützen. Für das Rennen um die Maschinendaten besitzen die Weltmarktführer zudem den richtigen Spirit. In ihren Nischen waren sie immer the winner, who takes it all. Google hat das Prinzip nicht erfunden.

Mehr zum Thema: Das sind die Weltmarktführer 2021.

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