Bauunternehmen Johann Bunte Deutschlands umstrittenste Baufirma

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Kosten von mehr als einer Milliarde Euro

ÖPP-Projekte im Fernstraßenbau kosten oft mehr als eine Milliarde Euro. Eine Projektgesellschaft, die den Bau beauftragt, überwacht und danach den Betrieb übernimmt, braucht dafür Fremdkapital. Ohne entsprechendes Kreditrating können Mittelständler einpacken. Johann Bunte steckte daher in den vergangenen Jahren Erträge in die Rücklagen für mehr Kapitalkraft. „Für ein Unternehmen unserer Größenordnung haben wir eine gute Kapitalausstattung.“

Johann Bunte wollte nicht einfach Subkontraktor sein und im Auftrag einer ÖPP-Projektgesellschaft bauen. „Wir wollen den Steuerknüppel in der Hand halten“, sagt Wendt. „Wir möchten bei einem Großprojekt in der ersten Reihe sitzen.“ Das gehe nur, wenn sein Unternehmen in der Projektführung Entscheidungen treffen und Risiken steuern könne.

Mittelständische Wettbewerber wie Max Bögl, Köster und Leonhard Weiss scheuen das Risiko großer ÖPP-Projekte. Sie bauen zwar im Auftrag einer Projektgesellschaft, aber meiden die Projektverantwortung. Nur Berger Bau aus Passau geht einen ähnlichen Weg wie Johann Bunte. Das Unternehmen definiert ÖPP im Autobahnbau als „eins der zukunftsreichsten neuen Geschäftsfelder“. Gitta Connemann findet, Bunte-Chef Wendt verkörpere geradezu den typischen Emsländer. „Die Firma Johann Bunte ist Teil der emsländischen Erfolgsgeschichte“, sagt die CDU-Bundestagsabgeordnete, die den Wahlkreis im Deutschen Bundestag vertritt.

Ihre Region sei geprägt von „pragmatischen Machern“, sagt Connemann, werteorientiert und mit einem Bekenntnis zur Heimat. Das treffe auch auf Wendt zu. Die Emsländer könne man auch als „Bayern Niedersachsens“ bezeichnen, sagt sie. Man rede nicht über Chancen, man ergreife sie.

Auch Wendt hat mehrfach zugeschlagen, während andere noch zögerten. Als die Commerzbank nach der Finanzkrise ihr Geschäftsportfolio bereinigte und die ÖPP-Finanzierung infrage stellte, hat Wendt gleich die ganze Abteilung in Hamburg übernommen und in sein Unternehmen integriert. „Das schafft uns bis heute einen Know-how-Vorsprung.“ Zu Wendts Stärke gehört auch sein ausgeprägter Sinn für das politische Netzwerken. Wendt war viele Jahre ehrenamtlicher Präsident der regionalen Industrie- und Handelskammer und Sprecher der Ems-Achse, einer Interessengemeinschaft der Region. Er soll gute Kontakte in die niedersächsische Politik haben. Im Beirat des Unternehmens sitzt Hans-Gert Pöttering, Expräsident des Europaparlaments.

Fürsprecher kann Johann Bunte gebrauchen. Denn den ÖPP-Bereich will Wendt ausbauen. Zehn Prozent des Umsatzes geht auf ÖPP-Projekte zurück. Dazu gehören Landstraßen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen, Ortsumfahrungen bei Potsdam. Nach dem A-1-Projekt sollen weitere Megadeals folgen. Zusammen mit Baukonzernen hat er sich um den Auftrag bei Teilstücken der A 3 und der A 6 beworben. „Wir spielen in der ersten Liga“, sagt Wendt, „sind aber nicht Bayern München, eher Freiburg oder Mönchengladbach.“

Der selbst ernannte Underdog hofft auf Änderungen der ÖPP-Ausschreibungen, die ein Desaster wie bei der A 1 vermeiden sollen. Elf Projekte der neuen „ÖPP-Generation“ stehen kurz vor der Vergabe. Betreiber wären nicht mehr wie bisher von der Verkehrsmenge abhängig, sondern nur noch von der Qualität ihrer Leistung. Staus und kaputte Fahrbahnbeläge reduzieren ihre Einnahmen. Künftig soll eine Bundesfernstraßengesellschaft die Projekte koordinieren.

Bis dahin haben vor allem Juristen Konjunktur. In Berlin-Mitte hat Ralf Leinemann sein Büro, eine Koryphäe des Baurechts. Über zwei Etagen in der Friedrichstraße erstreckt sich seine Kanzlei. In der unteren Etage hat er eine Bibliothek errichtet. Mittendrin: ein runder Konferenzraum mit alten Sammlungen zum Baurecht – Zigarrenbox inklusive.

Leinemann kennt die Probleme auf deutschen Baustellen. „Die Baubranche hat den brutalsten Wettbewerb, den es gibt“, sagt er. Die öffentliche Hand habe außerdem in den vergangenen Jahren viel Fachpersonal in den Bauverwaltungen eingespart. „Das rächt sich heute“, sagt er. „Nachforderungen sind inzwischen normal geworden“, sagt er. Das sehe auch der Bundesgerichtshof so. „Je größer ein Projekt, desto ungenauer ist die Leistungsbeschreibung.“ 10 bis 15 Prozent höhere Kosten seien durchaus üblich. „Ein Bauprojekt wird halt teurer.“

Bunte-Chef Wendt ist einer von Leinemanns treuesten Mandanten. Kein Wunder, selbst so erfreuliche Projekte wie der JadeWeserPort lassen sich noch optimieren. „Es gibt noch einige offene Punkte“, sagt Wendt und meint Klagen. Es geht etwa um den Ersatz von Mehrkosten in zweistelliger Millionenhöhe, die durch die verzögerte Vergabe entstanden seien. Der JadeWeserPort ist zwar fertig gebaut, aber rechtlich noch nicht abgeschlossen. Ein echter Bunte eben.

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