Besteckhersteller WMF Das Ende der ältesten württembergischen Aktiengesellschaft

Nach fast 128 Jahren auf dem Stuttgarter Parkett steht der Börsenabgang des schwäbischen Topf- und Besteckherstellers WMF unmittelbar bevor. Was hinter der Aktion des Eigentümers KKR steckt.

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WMF: Auf der außerordentlichen Hauptversammlung soll am Dienstag der offizielle Beschluss zum Squeeze-out der Minderheitsaktionäre gefasst werden. Quelle: dpa

Es ist das Ende einer Ära. Auf der außerordentlichen Hauptversammlung des Besteckproduzenten WMF gehen die Besitzer, der US-amerikanische Finanzinvestor KKR und der österreichische Investor Fiba, den letzten Schritt, um das Unternehmen von der Börse zu nehmen.

Die Minderheitsaktionäre der WMF AG übertragen ihre Aktien auf Finedining Capital, die Holdinggesellschaft von Kohlberg Kravis Roberts (KKR). Dafür erhalten sie eine Barabfindung von 58,37 je Stamm- und Vorzugsaktie. Mit dem so genannten Squeeze-out enden 128 Jahre Börsengeschichte. Die Württembergische Metallwarenfabrik WMF ging im Jahre 1887 in Stuttgart aufs Parkett und gilt damit als älteste württembergische Aktiengesellschaft.

WMF auf einen Blick

Das Traditionsunternehmen mit Sitz im schwäbischen Geislingen an der Steige hat diverse Eigentümerwechsel hinter sich. Zuletzt kauften sich 2012 die Investoren von der Wall Street ein.

Knallhartes Sparprogramm

Seither ist nichts mehr sowie es war im beschaulichen Filstal. Die neuen Mehrheitseigentümer legten den Schwaben ein strenges Sparprogramm auf. 30 Millionen Euro jährlich soll der Küchengerätehersteller einsparen. Zehn Prozent der Stellen wurden gestrichen.

Im Interview mit der WirtschaftsWoche erklärt WMF-Chef Peter Feld: "In der WMF-Gruppe haben sich über viele Jahre hinweg organisatorisch selbständig agierende Markentöchter entwickelt. Diese Strukturen lähmen uns. Es hat zu wenig Austausch zwischen den organisatorischen Einheiten stattgefunden, jetzt rücken wir wieder näher zusammen."

Stück für Stück wird nun ausgesiebt, was nicht mehr ins Kerngeschäft passt - das liege im Endkundengeschäft, so Feld, bei den Marken WMF, Silit und Kaiser's Backformen. Die Besteckmarke Auerhahn wurde zum Jahresende 2014 eingestellt. Die Traditionsmarke Alfi, die rund ein Drittel ihres Umsatzes mit isolierten Trinkflaschen für Radfahrer und Wanderer macht, ging an die Thermos-Gruppe. Der ursprünglich 1904 in Berlin gegründete Betrieb ist heute ein Millionen-schweres Unternehmen mit Sitz in den USA. Über den Kaufpreis haben die Parteien Stillschweigen vereinbart.

Auch das zweite Großprojekt, die Verschlankung des Logistik-Netzwerks, geht zügig voran. Von den aktuell 33 bestehenden Logistikstandorten, sollen künftig nur noch zwei übrigbleiben. Die Lagerkapazitäten in Dornstadt bei Ulm werden dafür gerade verdoppelt, in Bergkamen bei Dortmund entsteht der zweite zentrale Knotenpunkt.

Demonstrationen gegen KKR

Am Ende soll ein schlankes und zukunftsfähiges Unternehmen entstehen - am besten mit satten Zuwachsraten auf dem chinesischen Markt, wo WMF hinter den Wettbewerbern zurückliegt. Das ist das Ziel von Feld und den Investoren, die hinter dem ehemaligen Johnson & Johnson-Manager stehen.

Ob KKR tatsächlich an einem langfristigen und für beide Seiten nutzbringenden Engagement gelegen ist, das hinterfragen zumindest viele der rund 2000 Mitarbeiter, die gegen das Sparprogramm auf die Straße gingen. Ihre Transparente schmückten Aussagen wie "Holt den Kammerjäger, Heuschrecken KKR im Ländle".

KRR steigt meist für fünf bis acht Jahre bei einem Unternehmen ein. In dieser Zeit versuchen die Investoren den Wert deutlich zu steigern, um es anschließend gewinnbringend zu verkaufen. In der Vergangenheit klappte das bei deutschen Projekten mal mehr, mal weniger gut. Beim Gabelstaplerhersteller Kion und dem Medienkonzern ProSiebenSat.1 hat sich die Rezeptur aus knallhartem Sparprogramm, Wachstum und Zukäufen rentiert. Bei der Werkstattkette ATU dagegen ist KKR krachend gescheitert.

Vor diesem Hintergrund könnte der heutige Dienstag zum Entscheidungstag für die WMF werden. Nach dem Abschied von der Börse kann KKR nämlich ungestört durchregieren und Kasse machen.

Von besonderem Reiz für den Finanzinvestor ist die im Branchenvergleich üppige WMF-Eigenkapitalquote von über 50 Prozent. KKR könnte sich hieraus eine Sonderdividende genehmigen und damit beginnen, das Unternehmen finanziell auszubluten. Dass im Übernahmeangebot an die Aktionäre steht, KKR habe keine Absicht, „Vermögen oder Finanzierungsstruktur zu ändern“, beruhigt die verunsicherten WMFler kaum.

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