Heute, 20 Jahre später, stellt die Ölmühle mehr als 100 verschiedene Bioprodukte her. Vor allem Speise- und Kosmetiköle, aber auch Seifen oder Nussmehle. Die ersten zwölf Jahre sei man stetig, aber überschaubar gewachsen, erinnert sich Gudrun Baensch. Ab 2008 habe es dann einen gewaltigen Schwung gegeben. Heute erwirtschaftet ein Team von 60 Mitarbeitern rund sieben Millionen Euro Umsatz im Jahr, Tendenz: steigend.
Für Nachfolger sind das optimale Startbedingungen. Trotzdem steht die junge Generation vor großen Herausforderungen. 4,5 Prozent der in Deutschland verkauften Lebensmittel sind Bioprodukte. Bioketten, aber auch konventionelle Lebensmittelhändler drängen in den Markt. In der Branche tobt ein Preiskampf. Kleine Naturkostläden und Produzenten müssen sich gegen die billigeren Discounter behaupten.
Große Lebensmittelkonzerne schielen auf die in der Ökoszene etablierten Marken. So gehört etwa die einige Zeit sehr gehypte Ökolimo Bionade heute zum Oetker-Konzern. Die Familienmolkerei Söbbeke wurde vom französischen Käsekonzern Bongrain übernommen. Der Lebensmittelproduzent Biozentrale wechselte sogar schon mehrfach den Besitzer.
Doch gerade das Beispiel Bionade zeigt: Wenn Verkäufe an große Konzerne publik werden, droht ein massiver Verlust an Glaubwürdigkeit. Denn wer bio kauft, tut dies regelmäßig, weil er die konventionelle Lebensmittelindustrie ablehnt. Auf Etiketten oder den Webseiten werden die Verflechtungen daher nur selten kommuniziert, die für viele Biokäufer so wichtige Transparenz bleibt auf der Strecke.
Die Idealisten unter den Ökounternehmern schrecken deshalb vor einem Verkauf zurück. Findet sich kein Nachfolger in der Familie, bieten Betriebe lieber langjährigen Mitarbeitern Anteile an.
Elke Röder, Geschäftsführerin des Bundesverbands Naturkost Naturwaren, rät den Unternehmern, einen Verkauf nicht pauschal abzulehnen, sondern die Interessenten stattdessen genau zu überprüfen: „Es kommt auf die philosophische Ausrichtung des Käufers an. Diese muss mit den Unternehmenswerten zusammenpassen, sonst wird niemand glücklich.“ Überdies seien bislang die wenigsten Unternehmen tatsächlich an größere Investoren verkauft worden. Sie warne immer davor, sich zu schnell eine Meinung zu bilden, und rät, „einfach mal zu schauen, wie die Welt wirklich aussieht“.
Das sind die besten Bio-Fleischersatzprodukte
Als einziges Produkt erhält „Gut Bio Soja-Schnitzel“ von Aldi Nord die Note „gut“. Es kostet 1,85 Euro pro 175 Gramm, hat einen niedrigen Salzgehalt und schneidet auch in den anderen Kategorien überdurchschnittlich gut ab.
Quelle: Ökotest
Alberts Lupinenschnitzel von Purvegan hat es auf den zweiten Platz geschafft und erhält ebenfalls die Note „befriedigend“. 200 Gramm kosten 3,99 Euro. Der Mineralölanteil ist stark erhöht. Dafür liegt der Salzgehalt im Rahmen.
Der Paprika-Veggie-Aufschnitt von Alnatura erhält ebenfalls die Note befriedigend. Der Salzgehalt ist mit 2,9 Gramm pro 100 Gramm laut den Testern zu hoch – dafür war kein Mineralöl nachzuweisen und es sind auch sonst keine weiteren Mängel auszumachen. Kostenpunkt: 2,49 Euro pro 125 Gramm.
Auf Rang vier steht das „Veggie Life Power Hacksteak“ von Tofutown. 210 Gramm kosten 3,49. Trotz erhöhtem Mineralölanteil erhält es die Note „befriedigend“.
Für die Ölmühle Solling wäre ein Verkauf nie infrage gekommen. „Es gab immer wieder Angebote, aber wir haben das kategorisch abgelehnt“, sagt Ölmüllerin Gudrun Baensch. Weil sie dann nicht mehr unabhängig gewesen wären. „Wir hätten nicht mehr frei entscheiden können. Oft geht es dann um Wachstum um jeden Preis, und genau das wollen wir nicht.“ Sohn Sebastian sieht das genauso. „Unsere Kunden schätzen es, dass sie genau wissen, wo die Rohstoffe herkommen und dass die Produkte garantiert schadstofffrei sind. Man kann sich da keinen Schnitzer erlauben, die Kunden strafen das sofort ab.“ Allein für Schadstoffanalysen der Ölsaatlieferungen gebe der Betrieb jährlich rund 250.000 Euro aus. Natürlich sei klar, dass die Ölmühle mit dieser Philosophie vor allem die kleinen Naturkostläden und weniger die großen Handelskonzerne erreiche. „Das ist eine Wette darauf, dass der privat geführte Fachhandel auch künftig erhalten bleibt.“