
Düsseldorf Die Deutschen Brauer wiederholen seit Jahren bei jeder Gelegenheit eine Klage: die über die Sonderangebote bei Bier. Der Handel locke mit Premium-Bier für unter zehn Euro je Kasten die Kunden. Weil die Deutschen trotzdem immer weniger Bier trinken, müssten die Brauereien bei dem Spiel mitmachen.
Die rheinischen Kölsch-Brauer sollen ihren eigenen Ausweg aus dem Dilemma gefunden haben, vermutet das Bundeskartellamt. Sie sollen über Jahre hinweg Preise abgesprochen haben. Ende vergangener Woche durchsuchten 25 Mitarbeiter der Bonner Behörde sowie 15 Polizisten fünf Brauereien und eine Privatwohnung.
Anlass soll der Tipp eines Kronzeugen gewesen sein. Den möglichen Kartellbrüdern droht eine Strafe von bis zu zehn Prozent des Umsatzes. In fast allen Fällen komme es nach Durchsuchungen zu einer Strafe, allerdings gelte zunächst die Unschuldsvermutung, hieß es beim Bundeskartellamt.
Die betroffenen Kölsch-Brauereien wehrten sich gegen den Vorwurf. „Wir halten das nicht für gerechtfertigt“, sagte Dirk Heisterkamp, Verkaufsleiter bei der Brauerei Früh, dem Handelsblatt. „Es herrscht ein beinharter Wettbewerb.“
Zum einen konkurrieren die Brauereien bei Lieferverträgen mit den Brauhäusern in Köln und Umgebung. Zum anderen gehen die Flaschen in den Einzelhandel. Dort stehen sie in Konkurrenz zu den Pils Bier Angeboten – vor allem bei der Platzierung als Sonderangebot. Dennoch ist Kölsch in der Regel zwei bis drei Euro pro Kasten teurer. Das gilt jedoch auch für andere regionale Spezialitäten wie Weizenbier. Gastronomen hingegen zahlen in etwa die gleichen Preise für alle Sorten. Kölsch, meist in 0,2-Liter-Gläsern ausgeschenkt, kostet derzeit in Köln etwa 1,70 Euro je Glas.
Trotz Versuchen, das Bier bundesweit auszuliefern, blieb der Kölsch-Markt regional auf Köln und Umgebung begrenzt. Schon im benachbarten Düsseldorf beherrscht das regionale Alt-Bier den Markt, 2011 ging der Kölsch-Absatz hier sogar zurück. Das Ruhrgebiet hingegen trinkt traditionell Pils oder Export-Bier. Selbst in Nordrhein-Westfalen kommt Kölsch so nur auf einen Marktanteil von 7,7 Prozent. Allein in Rheinland-Pfalz liegt Kölsch noch über einem Prozent. In allen anderen Bundesländern ist der Absatz fast nicht messbar und liegt sogar noch unter dem des marginalisierten Alt-Biers. Zwar soll der Kölsch-Absatz in diesem Jahr nach Branchen-Schätzungen leicht steigen, allerdings ist er in den vergangenen zehn Jahren um rund 20 Prozent geschrumpft. Märkte mit sinkenden Absatzmengen und hohem Wettbewerbsdruck gelten als anfällig für Kartelle.
Zwist im Kölschen Klüngel
Die Früh-Brauerei mit der drittgrößten Kölsch-Marke verweist darauf, dass es seit 2005 lediglich zwei Preiserhöhungen gegeben habe. „Wir wollen versuchen, 2012 Preiserhöhungen zu vermeiden, obwohl sie nötig werden“, sagte Heisterkamp. Früh macht inklusive dreier Brauhäuser rund 50 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Marktführer ist Reissdorf, wichtiger Spieler außerdem die Radeberger-Gruppe mit dem Kölner Verbund, der nicht durchsucht wurde. Insgesamt gibt es 23 Marken.
Einige Brauereien haben bereits Preiserhöhungen angekündigt, auch der Kölner Brauerei-Verband hatte angedeutet, dass Preiserhöhungen nötig werden könnten. Die Brauer bemängelten bislang, der Handel gebe höhere Preise nicht an die Kunden weiter.
Das Kartellamt ermittelt auch auf dem Pils-Markt. In einer Branchenuntersuchung will die Behörde herausfinden, ob einzelne Brauer mit dem Handel Preise absprechen. Im aktuellen Kölsch-Fall hingegen geht es um mögliche Absprachen zwischen den Herstellern.
Die Ermittlungen sind nicht die einzigen Schlagzeilen, die die Branche produziert. Zuletzt hatte ein Bruderzwist den Bier-Klüngel in Atem gehalten. Im Mittelpunkt stand die Gaffel-Brauerei, die ebenfalls durchsucht wurde. Die Inhaber-Brüder Heinrich und Johannes Becker streiten seit Jahren – erst um die Strategie, zuletzt mit juristischen Mitteln um angebliche Bilanzfälschungen.