Seit einigen Jahren ist China auf Shopping-Tour in Deutschland. Ganz oben auf der Einkaufsliste stehen deutsche Mittelständler wie der Roboterbauer Kuka. Doch nicht nur die Vorzeigeiunternehmen der deutschen Industrie stehen bei chinesischen Investoren hoch im Kurs. Im Gegenteil: Auch bei Pleiteunternehmen treten Unternehmen aus China verstärkt als Retter auf, berichten Insolvenzverwalter und Sanierungsexperten.
Seit zwei Jahren registriert etwa Insolvenzverwalter Christopher Seagon, Partner der Sanierungskanzlei Wellensiek, der bei Großverfahren wie der Praktiker-Pleite im Einsatz war, ein gesteigertes Interesse chinesischer Investoren an havarierten Firmen. Vor allem „Know-how und stark Technik-getriebene Industrien“ wie Autozulieferer, Maschinenbauer oder Unternehmen aus dem Gesundheitswesen stünden dabei im Fokus, so Seagon. Doch auch bei Restrukturierungsfällen in anderen Branchen sind Chinesen engagiert.
Chinesen bieten oft das beste Gesamtpaket
So stieg erst Mitte Mai der chinesische Konzern Chiho-Tiande beim schwer angeschlagen schwäbischen Schrottrecycler Schott ein. Selbst ein angeschlagener Nischenplayer wie der Orgelbauer Schuke aus dem brandenburgischen Werder präsentierte vor wenigen Monaten einen Retter aus China. Bereits vor einem Jahr übernahm der chinesische Elektronikkonzern Skyworth den Fernsehhersteller Metz aus der Pleite.
„Skyworth hat für Metz das beste Gesamtpaket geschnürt“, erinnert sich Insolvenzverwalter Joachim Exner von der Kanzlei Dr. Beck & Partner an das Verfahren. Der chinesische Unterhaltungselektronikkonzern, einer aus den Top Ten weltweit, erkannte das verschlafene Potenzial der Traditionsfirma: Er will Metz nun als Premiumprodukt updaten. „Der Kaufpreis stimmte, Metz konnte als Premiummarke erhalten bleiben und in dem Werk wird weiter produziert“, bilanziert Exner, der regelmäßig mit chinesischen Käufern zu tun hat. „Bei großen Insolvenzverfahren sind inzwischen fast immer auch Interessenten aus China dabei“, sagt der Jurist.
Ausgewählte Beteiligungen chinesischer Unternehmen in Deutschland 2015
Zielunternehmen: MBVG (Vertriebstochter Ostdeutschland der Daimler AG)
Investoren: Lei Shing Hong Ltd
Zielunternehmen: Waldaschaff Automotive GmbH
Investoren: Lingyun Industrial Corp Ltd
Quelle: EY "Chinesische Unternehmenskäufe in Europa", Februar 2016
Zielunternehmen: apt Hiller GmbH
Investoren: SEDANT Foundation Holding Co Ltd
Zielunternehmen: Berkenhoff GmbH
Investoren: Powerway Group Co Ltd
Zielunternehmen: H Stoll AG & Co KG
Investoren: SGSB Group Co Ltd
Zielunternehmen: krauth technology GmbH
Investoren: Dutech Holdings Limited
Zielunternehmen: KUKA AG
Investoren: Midea Group Co Ltd
Zielunternehmen: OHE Mining Technology GmbH
Investoren: Beijing Huahai Mach Co Ltd
Zielunternehmen: BENDALIS GmbH
Investoren: Hainan Shuangcheng Pharm Co
Zielunternehmen: IMD Natural Solutions GmbH
Investoren: Zhejiang Hisun Pharm Co Ltd
Zielunternehmen: Lyomark Pharma GmbH
Investoren: Hainan Shuangcheng Pharm Co
Zielunternehmen: Medisana AG
Investoren: Xiamen Comfort Science & Tech
Zielunternehmen: Dirk Bikkembergs
Investoren: Guangzhou CANUDILO Fashion
Zielunternehmen: HG Sales GmbH
Investoren: Royal Spirit Ltd
Zielunternehmen: KTG Agrar SE
Investoren: Fosun Interntional Hldgs Ltd
Zielunternehmen: METZ Werke-Cons Elec Bus
Investoren: Skyworth Digital Holdings Ltd
Zielunternehmen: Triumph International (Dorina)
Investoren: Hop Lun International Fashion
Zielunternehmen: Compo Expert GmbH
Investoren: XIO Partner (HK) Ltd
Zielunternehmen: Hauck & Aufhaeuser Privatbank
Investoren: Fosun Interntional Hldgs Ltd
Die Gründe dafür seien vielfältig. Zum einen dürften die Angst vor einer Abwertung der chinesischen Währung und Vorgaben der Regierung die Einkaufslust befeuern. Zum anderen bieten Auslandsinvestitionen auch einen Schutz vor einem möglichen Einbruch auf dem Heimatmarkt.
Das chinesische Interesse an Pleite-Firmen gelte indes weniger der Technologie als den Geschäftskontakten der Unternehmen, glaubt Exner. „Chinesische Investoren haben gerade im Automotive-Bereich ein großes Interesse, mit europäischen Herstellern ins Geschäft zu kommen.“