Crowdfunding Wenn die Netzgemeinde zum Investor wird

Als erstes deutsches Unternehmen hat sich der Online-Shop Cosmopol über die "Crowd" finanziert: Im Internet sammelten die Gründer mehr als 90.000 Euro frisches Kapital.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Cosmopol hat sich als erstes deutsches Startup durch die Crowd finanziert. Die Gründer von Cosmopol: Gilbert Souvignier (links) und Michael Kraus. Quelle: Pressefoto

Düsseldorf Geld über das Internet sammeln, das klingt nach Klingelbeutel-Beträgen. Nicht so bei Michael Kraus und Gilbert Souvignier. Sie sind die ersten Unternehmer in Deutschland, die sich in drei Monaten mehr als 90.000 Euro über Crowdfunding, auf Deutsch „Schwarmfinanzierung“, besorgt haben. Gestern endete ihre ganz persönliche Road-Show auf Seedmatch.de. Jetzt können sie endlich in ihren Online-Shop Cosmopol investieren.

Crowdfunding ist an sich nicht neu: Viele Menschen bezahlen für ein Projekt, das sie sich auf den entsprechenden Plattformen im Netz aussuchen können. Kommt nicht genügend zusammen, erhalten sie ihr Geld zurück. Vor allem Künstler und Kreative nutzen die Gelegenheit, um Gönner zu finden. So lassen sich zum Beispiel Musikalben oder Filme finanzieren. Die meist projektbezogene Gegenleistung reicht vom Backstage-Pass für das erste Konzert bis zur Namensnennung im Abspann. Die Schwarmfinanzierung von Start-ups dagegen ist ein relativ junger Trend.

Auf Seedmatch.de begrüßen Kraus, 34, und Souvignier, 36, neugierige Investoren per Video. Die Plattform ist seit August online und die erste die Crowdfunding für Start-ups inDeutschland anbietet.

Auch Neuronation, ein Internetportal für Gedächtnistraining, hat auf Seedmatch.de 75 Investoren oder 55.000 Euro eingesammelt. Es gibt also bereits zwei junge Unternehmen, die diesen innovativen Weg der Finanzierung gewagt haben.

In ihrem Video erzählen die Cosmopol-Gründer Kraus und Souvignier – immer schön abwechselnd, wie es sich für gleichberechtigte Geschäftspartner gehört – von ihrer Idee. „Wir dachten“, beginnt Souvignier, „wir können das besser“, vollendet Kraus. Besser als die „verstaubten“ Welt-Läden, besser als die „ramschigen“ Souvenirshops.


Wunsch: mehr weibliche Investoren

Es gibt wenig, was Kraus und Souvignier in ihrem Online-Shop nicht anbieten: Preiselbeer-Glühwein Smalands Glögg aus Schweden, Kräutersalbe Murmeli aus der Schweiz, Kinderspiel Balancing Kiwis aus Neuseeland. Cosmopol listet 450 Geschenke aus 70 Ländern, viele davon aus fairem Handel. Die Betriebswirtschaftler, die sich aus Studienzeiten an der Uni Mannheim kennen, haben 2009 eine Art Welt-Laden gegründet. Sie verkaufen aber nicht Kaffee oder Honig aus Entwicklungsländern, sondern moderne, luxuriöse Produkte.

Mit dem Geld der insgesamt mehr als 160 Investoren wollen die beiden ihren Online-Shop technisch verbessern, die Bekanntheit steigern und das Sortiment ausbauen. Neben dem Video stehen die wichtigsten Fakten aus dem Businessplan: Unternehmensbewertung 600.000 Euro, Renditechance 14-fach. Es handelt sich um eine stille Beteiligung, ab 250 Euro kann jeder dabei sein. Die Investoren sind vor allem junge Unternehmer, Business Angels und auch – das wollen Kraus und Souvignier gar nicht abstreiten – der ein oder andere Verwandte und Bekannte.

Einen Haken gibt es allerdings: Noch ist Cosmopol nicht profitabel. Obwohl unter den 600 Kunden auch große Unternehmen wie der Schweizer Transport- und Logistikdienstleister Panalpina sind, haben Kraus und Souvignier in den vergangenen zehn Monaten gerade mal 45.000 Euro umgesetzt. Im nächsten Jahr sollen es aber schon 600.000 Euro sein, der erste Gewinn ist für Mitte 2012 geplant.

Kraus und Souvignier vertrauen voll und ganz auf die durch das Crowdfunding möglichen Investitionen in Marketing und Vertrieb ihres Online-Shops. „Schließlich starten wir nicht von null“, sagt Souvignier. Beide waren schon einige Jahre im Job und verdienten gut, als sie sich mit 100.000 Euro Startkapital selbstständig machten – sie müssen also von ihrer Idee überzeugt sein.

Mit der Summe, die sie über das Crowdfunding erzielt haben, sind sie sehr zufrieden. Das Einzige, was sie sich gewünscht hätten, sind mehr weibliche Investoren. „Unsere Frauenquote liegt bei zehn Prozent, dabei sind mehr als die Hälfte der Kunden Frauen“, sagt Kraus. Vielleicht ändert sich das ja noch.

Crowdfunding: Für Start-ups ist Crowdfunding ein neues Finanzierungsmodell. Dabei erwerben viele Investoren – bereits ab kleinen Beträgen – online Beteiligungen an jungen Unternehmen.

Plattformen: Seedmatch.de ist seit August online und die erste Plattform in Deutschland, die Crowdfunding für Start-ups anbietet. Über Seedmatch.de haben sich bereits zwei Start-ups erfolgreich finanziert. Dazu gehören der Online Shop Cosmopol und Neuronation, ein Internet-Portal für Gedächtnistraining. Eine zweite Plattform ist Innovestment. de. Dort starten bald drei deutsche Start-ups ihre Finanzierungsrunden.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%