Daimler, Kuka, 50Hertz Was chinesische Investoren mit deutschen Firmen vorhaben

Daimler, Kuka, 50Hertz: Deutsche Firmen sind bei chinesischen Investoren begehrt. Eine aktuelle Studie zeigt, was Unternehmer nach einem Deal erwartet.

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Für Vorbehalte gegen chinesische Investoren gibt es keinen Grund, sagt eine KPMG-Studie. Quelle: dpa

Düsseldorf Die Nachricht bewegte Aktienkurse und Gemüter: Der chinesische Milliardär Li Shufu hatte zunächst unbemerkt knapp zehn Prozent der Aktien des Autoherstellers Daimler erworben und gab dies Ende vergangener Woche bekannt. Auch ein weiterer Deal bewegt Politik: Der chinesische Konzern SGCC will beim Netzbetreiber 50Hertz einsteigen und 20 Prozent zu übernehmen.

Auch die Übernahme des Roboterherstellers Kuka und der geplatzte Verkauf des IT-Spezialisten Aixtron an Chinesen sind vielen noch in lebhafter Erinnerung. Die Sorge, dass zu viele wichtige Firmen bald in chinesischer Hand liegen, treibt Politiker wie Unternehmer in Deutschland um.

Die Fakten dagegen lassen dagegen keinen eindeutigen Schluss zu: So stieg von 2016 auf 2017 der Wert, für den chinesische Investoren deutsche Firmen gekauft haben, Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft zufolge von 11,1 auf 12,1 Milliarden Euro. Doch die Zahl der Deals sank sogar von 44 auf 39.

Im Vergleich zu anderen ausländischen Beteiligungen und Übernahmen in Deutschland sind die chinesischen Aktivitäten laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft derzeit noch gering. So wird der chinesische Anteil für das Jahr 2017 auf nur rund 6,6 Prozent geschätzt. Der größte Investoren-Anteil, 22,3 Prozent, kam aus den USA, gefolgt von der Schweiz mit etwas mehr als elf Prozent und Großbritannien mit rund zehn Prozent.

Eine bislang unveröffentlichte Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG bei insgesamt rund 530 Finanzvorständen deutscher Töchter ausländischer Konzerne, darunter 53 Chinesen zeigt, dass diese die wirtschaftliche Stabilität Deutschlands schätzen, vor allem die gute Infrastruktur und das Know-how.

Doch gehen die befragten chinesischen Finanzvorstände davon aus, dass sie in den nächsten drei Jahren weiter kräftig investieren. Kritisch sehen jedoch mehr als die Hälfte von ihnen die gesetzlichen Rahmenbedingungen und das Steuersystem in Deutschland.

Die Vorbehalte in Deutschland gegenüber chinesischen Investoren seien jedoch unbegründet, sagt Christian Specht Übernahme-Experte bei der Prüfungsgesellschaft KPMG: „Es gibt das Schreckgespenst, dass die Chinesen das Know-how abgreifen und die Unternehmen aussaugen“. Doch so sagt der Experte, das sei nicht der Fall, „die Unternehmen können ihre Unternehmenstätigkeit und ihr Geschäftsmodell in der Regel in Ruhe fortführen“.

Investoren aus dem Reich der Mitte zeichneten sich vor allem durch ihren langen Atem aus, ergänzt Dirk Nawe, China-Experte von KPMG. Das zeige sich durchaus in längeren Verkaufsprozessen.

Die Ergebnisse der Studie zeigen aber auch, dass die chinesischen Unternehmen hierzulande mit relativ freier Hand von ihrer Muttergesellschaft agieren können, das unterscheidet sie von anderen ausländischen Tochtergesellschaften. 30 Prozent der in der Studie befragten Chinesen gaben an, dass sie „sehr unabhängig“ und 25 Prozent, dass die „eher unabhängig“ agieren.

Was von beiden Seiten aus schon als Problem angesehen wird, ist, sagt Specht, dass „die Chinesen in der Integration der deutschen Unternehmen in die chinesischen Organisationen noch besser werden können“. Das zeige sich auch in der Studie, weil die chinesischen Investoren zurzeit noch nicht so zufrieden mit ihren Deutschland-Engagements sind. „Das liegt auch an sprachlichen Problemen“, so Nawe.

Auf die Frage, ob chinesische Investoren heute kritischer gesehen werden, als früher sagt der China-Kenner: „Zunächst unterscheiden sie sich nicht von anderen Investoren. Die Chinesen suchen den Markteintritt, Zugang zu Kunden und Technologie.“ Und abgesehen von den politischen Fragen zu kritischer Infrastruktur seien die meisten Übernahmen „ganz normale Unternehmenskäufe.“

Nawe betont darüber hinaus, dass es durchaus vorteilhaft für einen deutschen Mittelständler sein kann, wenn ein chinesischer Investor auf ihn zukommt, zum Beispiel, weil ein Markteintritt in China notwendig ist, oder das Unternehmen, zum Beispiel ein Autozulieferer, eine globale Präsenz, die der Hersteller fordert, aus eigener Kraft nicht schafft.

Der Kauf des Autozulieferers Preh durch Ningbo Joyson vor acht Jahren sei ein gutes Beispiel dafür, dass unter dem neuen Eigentümer von Deutschland aus weiter zugekauft wurde.  Auch durch die Mehrheitsübernahme des Küchenherstellers SieMatic durch den chinesischen Familienkonzern Nison Ende vergangenen Jahres soll die weitere Expansion in China und global unterstützt werden.

Noch ist es allerdings zu früh, um abzusehen, was der Einstieg der Chinesen bringt. Ob sie in Zukunft die Amerikaner von Platz eins bei den Direktinvestitionen in Unternehmen hierzulande verdrängen, ist noch nicht ausgemacht, aber es sei gut möglich, sagt Specht, „dass sie gleichziehen“.

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