




In den vergangenen zehn Jahren haben chinesische Unternehmen ihre Aktivitäten in Europa Jahr für Jahr ausgeweitet: 2004 wurden lediglich 34 Deals in Europa gezählt - sieben davon in Deutschland. Im Vorkrisenjahr 2007 waren es schon 51 - fünf davon in Deutschland. Seitdem hat sich die Zahl der Deals in Europa mehr als verdoppelt – in Deutschland sogar verfünffacht. Im vergangenen Jahr kauften Unternehmen aus dem Reich der Mitte jeweils 25 deutsche und britische Firmen.
Damit sind Deutschland und Großbritannien die mit Abstand beliebtesten Investitionsziele chinesischer Investoren. Im Vorjahr hatte Deutschland mit 26 Transaktionen noch leicht die Nase vorn gehabt, in Großbritannien wurden 2012 insgesamt 23 Deals gezählt. Erst mit deutlichem Abstand folgten 2013 Frankreich (15) sowie Italien und Schweden (jeweils 7) als Zielländer.
Chinesische Unternehmen waren im vergangenen Jahr der sechstgrößte Investor in Deutschland und der zweitgrößte außereuropäische Investor – hinter den USA, die sich mit 92 Transaktionen in Deutschland bei weitem am stärksten engagiert haben. Das sind Ergebnisse einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY.
Mehr Geld für deutsche Unternehmen
Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 487 deutsche Unternehmen von ausländischen Investoren übernommen – ein leichter Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, als 477 derartige Transaktionen gezählt wurden.
Die Briten gaben mit knapp 15 Milliarden Euro am meisten Geld aus – allein auf die Übernahme von Kabel Deutschland durch Vodafone entfielen knapp sechs Milliarden Euro. Damit wuchs das Investitionsvolumen der britischen Investoren gegenüber 2012 um das Fünffache. US-Investoren setzten fünf Milliarden Euro ein (das Doppelte gegenüber 2012), japanische Käufer rund eine Milliarde Euro (das Dreifache im Vergleich zu 2012; 15 Deals).
Neben US-amerikanischen und chinesischen Unternehmen kamen in Deutschland im vergangenen Jahr vor allem europäische Nachbarn zum Zuge: Britische Firmen brachten 44 Akquisitionen in Deutschland über die Bühne. Schweizer Unternehmen 36 und französische Firmen 30.
Chinesische Investoren kauften im vergangenen Jahr zwar 21 deutsche Unternehmen, gaben dafür aber nur rund 400 Millionen Euro aus (gegenüber mehr als einer Milliarde Euro 2012). Bei vielen Transaktionen wurde der Kaufpreis aber gar nicht öffentlich bekannt. Hinzu kommt, dass bei rund einem Viertel der Deals ein insolventes und dementsprechend ‚günstiges’ Unternehmen übernommen wurde. Zum Vergleich: Bei den US-Investoren traf dies nur auf sechs Prozent der M&A-Deals zu, die Briten kauften dagegen kein insolventes deutsches Unternehmen.
Yi Sun, Partnerin bei EY Deutschland und Leiterin der China Business Services Deutschland, Österreich und Schweiz, sieht vor allem zwei Gründe für das deutlich gestiegene Interesse chinesischer Unternehmen an Europa: „Die Werkbank der Welt zu sein genügt den chinesischen Unternehmen schon lange nicht mehr. Sie wollen selber im Ausland expandieren und sich neue Märkte erschließen. Zudem verfolgen sie das Ziel, sich verstärkt als Innovatoren zu positionieren – und benötigen dazu den Zugriff auf europäisches Know-how.“
Investoren aus Fernost schätzen Industrieunternehmen
Entsprechend zielen die meisten M&A-Deals chinesischer Unternehmen auf die europäische Industrie (24) bzw. auf die Automobilindustrie (13). Weitere Schwerpunkte liegen auf der Konsumgüterindustrie (21) und der Immobilienbranche (10).
Gerade in Deutschland interessieren sich chinesische Investoren vorrangig für Industrieunternehmen, insbesondere für Automobilzulieferer. „Chinas Autobranche drängt auf den Weltmarkt und benötigt dafür das Know-how, die kompetenten Mitarbeiter und die Netzwerke europäischer und insbesondere deutscher Automobilunternehmen“, beobachtet Sun.
„Dass die Zahl der Transaktionen in Deutschland im vergangenen Jahr nicht weiter gestiegen ist, ist keineswegs ein Anzeichen für fehlendes Interesse bei den chinesischen Investoren“, kommentiert Sun. Tatsächlich hätten chinesische Investoren bei mehreren großen Transaktionen im oberen dreistelligen Millionenbereich mitgeboten. Da sie jedoch nicht zum Zuge kamen, wurde das Interesse der Chinesen an diesen Transaktionen in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen.