Erfolgsfaktoren Der Mittelstand ist Deutschlands Geheimwaffe

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Eugen Trauth & Söhne

Der Pfälzer Schaumkusshersteller überzeugt Kunden mit Qualität und Direktverkauf in der Fabrik.

Marie-Luise Trauth lehnt an der Verkaufstheke im Erdgeschoss ihrer Fabrik und zuckt mit den Achseln. „Mithalten kann ich mit den Großen nicht“, sagt die Chefin von Eugen Trauth & Söhne, „aber das will ich auch nicht.“

Die 62-jährige ist Schaumkusskönigin. Niemand in ihrer Region im rheinland-pfälzischen Herxheim bei Landau produziert und verkauft so viele Schokoküsse wie Eugen Trauth & Söhne. Der Absatz der luftigen Süßigkeiten läuft wie geschmiert. Das Unternehmen sei gesund, der Jahresumsatz von knapp 619.000 Euro im Jahr 2003 auf rund rund 1,1 Millionen Euro 2013 geklettert, berichtet die Chefin.

Das Königreich der Pfälzerin ist winzig gegenüber dem Markt, den ihre größten Konkurrenten Storck und Grabower Süßwaren mit ihren Marken Dickmann’s und Topkuss dominieren. Dem Marktforscher Nielsen zufolge aßen die Deutschen 2013 Schokoküsse im Wert von 87,6 Millionen Euro. Der Absatz legte zuletzt um 3,7 Prozent auf 15 400 Tonnen zu. Gerade mal 1,2 Prozent davon stammen aus Herxheim.

Dass Trauth sich damit behaupten kann, liegt am Geschäftsmodell. Sie verkauft nicht an Händler oder Budenbesitzer, sondern bietet ihre Schokoküsse im Direktverkauf an. 200 bis 500 Kunden kommen täglich vorbei. Dafür musste Trauth sogar den Parkplatz erweitern. Manchmal fahren Reisebusse voller Schaumkussfans vor.

Eugen Trauth & Söhne

Niedrige Stückzahlen und hohe Qualität

Inhaberin Trauth stammt aus einer Unternehmerfamilie. Urgroßvater und Vater waren Bäcker, die den Großhandel mit Lebkuchengebäck belieferten. In den Siebzigerjahren wurde der Preiskampf durch das Vordringen der Supermärkte immer härter. Als Trauth 1986 die Leitung des Betriebs übernahm, stellte sie die Firma auf ein Produkt mit niedrigen Stückzahlen und hoher Qualität um – auf Schokoküsse.

Wie sie diese verkaufen sollte, lernte die Einsteigerin auf einer Rucksacktour durch die USA. Dort entdeckte sie Factory Outlets. Vom Fabrikverkauf „war ich fasziniert. In Deutschland gab es so etwas nicht. Da wusste ich, das will ich auch machen.“

Also ließ sie die alte Garage der Fabrik neu gestalten, eine breite Fensterfront einbauen, Rohre sichtbar an der Decke anbringen und moderne Kunst an die Wände hängen. 1991 eröffnete sie den Fabrikladen. Leicht sei der Wandel nicht gewesen, finanziell wie emotional, erzählt die 62-Jährige: „Es war ein schmerzhafter Prozess.“ Zunächst fehlten Aufträge der bisherigen Großabnehmer. Doch dank Mundpropaganda finden heute Kunden aus ganz Süddeutschland den Weg nach Herxheim.

Schnelles Wachstum komme für sie nicht infrage, sagt Trauth: „Ich möchte lieber Bestehendes kultivieren.“ Zum Gewinn will sich die Chefin ebenso wenig äußern wie die großen Wettbewerber. Lieber zeigt sie Besuchern ihren Betrieb.

Marie-Luise Trauth Quelle: dpa Picture-Alliance

Verzicht auf teure Werbung

Eine Wendeltreppe führt in die erste Etage. 8000 Schaumküsse pro Stunde spucken die Maschinen aus, fast fünf Millionen im Jahr. Neffe Daniel Trauth, von Beruf Lebensmitteltechniker, überprüft gerade einen Kühltunnel, in dem sich der flüssige Schokoüberzug langsam glätten soll. Der 30-jährige Familienspross will den Betrieb übernehmen, wenn seine Tante in drei Jahren in den Ruhestand geht. Der Neffe hat bereits als Jugendlicher mitgearbeitet.

Unternehmerin Trauth kennt jeden ihrer 13 Mitarbeiter. Eine Arbeiterin steht am Fließband, packt Schaumküsse in rote Schachteln und stellt diese in den Lastenaufzug, der in den Verkaufsraum führt. Weil die Verpackung nicht die Konkurrenzprodukte im Regal ausstechen muss, begnügt sich Trauth mit schlichten roten Kartons mit weißem Schriftzug. Auf teure Werbung verzichtet der Kleinbetrieb: „Den Kunden schmeckt das Produkt so gut, dass sie es weiterempfehlen.“

Offenbar verfängt auch diese Art der Mundpropaganda. Im Verkaufsraum stehen Kartons sortiert nach Schoko, Kokos, Mokka und Rum. 25 Stück kosten 4,80 Euro. „Beim Preis sind die Kunden kulant“, sagt Trauth und schmunzelt: „Doch wehe, wenn ich an der Rezeptur etwas ändere.“

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